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Der Übergang in den Ruhestand - Wege, Einflussfaktoren und

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<strong>Der</strong> <strong>Übergang</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Ruhestand</strong> 4. Austrittspfade<br />

jetzt unter der Woche tun <strong>und</strong> lassen können was sie wollen. Trotz der zusätzlichen zeitlichen<br />

Ressourcen ist für Frau B. die E<strong>in</strong>teilung der verfügbaren Zeit gar nicht so e<strong>in</strong>fach:<br />

„Die Tage <strong>und</strong> die Wochen gehen so schnell vorbei. Dann hast du dir etwas vorgenommen,<br />

dann ist die Woche durch <strong>und</strong> du hast es noch nicht gemacht. Ich habe das Gefühl, dass seit<br />

der Pensionierung me<strong>in</strong>es Mannes alles noch viel schneller geht.“ Für die Zukunft rechnet<br />

Frau B. damit, dass sie <strong>und</strong> ihr Mann die Aktivitäten im Garten <strong>und</strong> bei Reisen wegen der<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Probleme ihres Mannes etwas e<strong>in</strong>schränken müssen.<br />

4.6.7 <strong>Der</strong> verzögerte Ausstieg<br />

Herr G. wird 67 Jahre alt <strong>und</strong> arbeitet immer noch als selbstständiger Möbelrestaurator. Er<br />

hat drei erwachsene K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> wohnt seit 18 Jahren alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Wohnung neben<br />

der Werkstatt <strong>in</strong> der Nähe Freiburgs.<br />

E<strong>in</strong> paar Jahre nach der Lehre als Schre<strong>in</strong>er <strong>und</strong> Möbeltischler machte er sich als Möbelrestaurator<br />

selbstständig. Zeitweise beschäftigte er zwei Angestellte. Dann flaute die Nachfrage<br />

nach antiken, restaurierten Möbeln ab. Seit über zehn Jahren arbeitet er wieder alle<strong>in</strong>e. Herr<br />

G. war nie auch nur e<strong>in</strong>en halben Tag krank, obwohl ihn <strong>in</strong> jüngeren Jahren immer wieder<br />

Rückenschmerzen plagten. Dank e<strong>in</strong>em speziellen Gürtel konnte er aber immer normal arbeiten.<br />

Auch heute noch fühlt sich Herr G. gleich stark wie vor Jahrzehnten, er ermüdet e<strong>in</strong>zig<br />

etwas schneller. Seit zweie<strong>in</strong>halb Jahren ist er offiziell pensioniert, e<strong>in</strong> Jahr später reduzierte<br />

Herr G. se<strong>in</strong> Arbeitspensum auf 30 Prozent. Daneben gibt er noch Kurse. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

hat Herr G. e<strong>in</strong> schlechtes Gewissen, wenn er nicht arbeitet <strong>und</strong> muss sich dazu zw<strong>in</strong>gen,<br />

das Pensum nicht wieder aufzustocken. Er hat nie ernsthaft an die Pensionierung gedacht.<br />

„Je me suis toujours dit, les vieux jours, on verra. Je n’ai pas fait de projets“. Er war immer<br />

zuversichtlich. Herr G. liebt das Wort „Retraite“ nicht, es bedeutet für ihn, zu nichts mehr<br />

Nutze <strong>und</strong> abhängig zu se<strong>in</strong>.<br />

Herr G. lebt von der AHV-Rente <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Miete<strong>in</strong>kommen. Er baute im eigenen Haus neben<br />

der Werkstatt für sich e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Wohnung <strong>und</strong> vermietet seither <strong>den</strong> oberen Stock, die<br />

ehemalige Wohnung der Familie. Pensionskassenbeiträge hat er ke<strong>in</strong>e bezahlt, weil er nicht<br />

dazu verpflichtet war. Das E<strong>in</strong>kommen aus der Erwerbstätigkeit betrachtet Herr G. als Taschengeld.<br />

Vermögen ist kaum vorhan<strong>den</strong>. Er hat immer beschei<strong>den</strong> gelebt, ist aber mit se<strong>in</strong>en<br />

f<strong>in</strong>anziellen Verhältnissen zufrie<strong>den</strong>. Er me<strong>in</strong>t, für <strong>den</strong> Notfall habe er die K<strong>in</strong>der. Sie<br />

seien alle gut situiert <strong>und</strong> hätten ihm versichert, dass sie nichts mehr zu erben bräuchten.<br />

Sollte Herr G. e<strong>in</strong>mal nicht mehr <strong>in</strong> der Werkstatt arbeiten können, plant er, das Haus zu<br />

verkaufen <strong>und</strong> vom Ertrag zu leben.<br />

Es ist schwierig für Herrn G., e<strong>in</strong> neues Gleichgewicht zwischen Arbeit <strong>und</strong> Freizeit zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

Für ihn hat sich gr<strong>und</strong>sätzlich nichts geändert seit der Pensionierung, „si ce n’est que<br />

j’arrive à faire seulement 30 pourcent de ce que je voulais faire.“ Das Vere<strong>in</strong>sleben <strong>in</strong>teressiert<br />

ihn nicht <strong>und</strong> von Angeboten für Senior/<strong>in</strong>nen fühlt er sich nicht betroffen. Als Freiwilliger<br />

hilft er beim Transport von Beh<strong>in</strong>derten <strong>und</strong> älteren Leuten. Er wandert gerne <strong>und</strong> unternimmt<br />

kle<strong>in</strong>ere Reisen <strong>in</strong> der Schweiz. Bald wird er <strong>in</strong> Tunesien e<strong>in</strong>e Thalassotherapie<br />

machen. Nicht weil er sich e<strong>in</strong>en ges<strong>und</strong>heitlichen Nutzen davon verspricht, „parce que je<br />

vais très bien“, aber zur Abwechslung.<br />

Se<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger Wunsch für die Zukunft ist, ges<strong>und</strong> zu bleiben, um se<strong>in</strong> Leben noch möglichst<br />

lange so weiterführen zu können. Er betrachtet sich als Glückspilz <strong>und</strong> schaut zuversichtlich<br />

<strong>in</strong> die Zukunft. Zusätzlich wünscht er sich höchstens noch, sich etwas besser von der Arbeit<br />

lösen zu können.<br />

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