1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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zumal der erhabenste Willensakt derjenige der Liebe ist. 239 So wie sich in Gott, vor der Erzeugung<br />
der Geschöpfe, die Empfängnis <strong>des</strong> ewigen Wortes ereignet hat, in dem der Vater alle Dinge<br />
anordnete, die werden sollten, genauso erfolgt in ähnlichem Gedankengang ab aeterno die<br />
Emanation einer göttlichen Person, in welcher der Vater alle geschaffenen Wesen erzeugen und<br />
lieben wollte. 240<br />
Obwohl es schwerfällt, in diesem Parallelismus ein an sich rational einsichtiges Argument zu<br />
erkennen, so bietet er in Bonaventuras Text doch eine weitere Bekräftigung für seine These, der<br />
zufolge der Heilige Geist per modum liberalitatis auftritt. In Hinsicht auf die Zwecksetzung der<br />
<strong>Transzendentalien</strong> <strong>als</strong> göttliche Zueignungen ist es systematisch gesehen bedeutsam, daß<br />
Bonaventura in seiner Theologie den ersten Ursprung der Schöpfung der Einzelwesen durch Gottes<br />
Logos an die Aussendung <strong>des</strong> Heiligen Geistes bindet, durch den die geschaffene Wirklichkeit auf<br />
den Vater <strong>als</strong> auf deren letzten Sinn und Zweck zurückgeführt wird. 241 <strong>Die</strong>se Bindung erfolgt<br />
ebenso dadurch, daß die Vorgehensweise gemäß der Natur auch den Willen umfaßt, ebenso wie<br />
das Vorgehen nach dem Willen zugleich auch eine Mitteilung <strong>des</strong> Wesens einschließt. Darin liegt<br />
der Grund dafür, daß Bonaventura die Erzeugung per voluntatem sowohl auf den Heiligen Geist,<br />
in divinis, wie auf die geschaffenen Wesen, ad extra, verwendet.<br />
<strong>Die</strong>se Weise <strong>des</strong> Hervortretens der dritten göttlichen Person gibt auch Aufschluß über die<br />
hauptsächlichen Zueignungen an sie. Wie gesehen, ist das ihr am ehesten entsprechende Attribut<br />
das <strong>des</strong> Willens. Doch ist der <strong>als</strong> Grund betrachtete göttliche Wille mit Notwendigkeit ein gutes<br />
Wollen, woher sich die Appropriation der benevolentia gegenüber jedem, besonders dem geistigen<br />
Geschöpf, an den Heiligen Geist erklärt. In eben diesem Sinne wird ihm auch die Güte<br />
zugesprochen; denn sie sei es, die den Willen zum Handeln bewegt, wie Alexander von Hales sagt:<br />
„bonum movet voluntatem ad agendum“. 242<br />
Beim Verhältnis <strong>des</strong> Guten gegenüber dem Sein, die beide darin <strong>als</strong> transzendentale<br />
Begriffe genommen werden, ergibt sich somit in Bonaventuras Theologie, daß einerseits die Natur,<br />
nach der klassischen Definition, Prinzip <strong>des</strong> Tätigseins ist und daß es andererseits möglich wird, in<br />
239 I Sent., d. 10, a. 1, q. 1, concl. (I, 195).<br />
240 I Sent., d. 10, a. 1, q. 1, fund. 4 (I, 195 a): “Omnes creaturae a Deo procedunt per cognitionem et<br />
voluntatem; sed ante creaturarum productione ponere fuit in divinis emanationem Verbi ab aeterno, in quo<br />
Pater omnia fienda disposuit: ergo pari ratione necesse fuit emanare personam in qua omnia vellet et<br />
donaret...”.<br />
241 Vgl. L. Mathieu, La trinité créatrice d’après saint Bonaventure, op.cit., S. 168.<br />
242 Summa Hales., Bd. I, 110; solutio I-II (I, 172 a): “Bonum movet voluntatem ad agendum, nec agit nisi<br />
videat illud esse bonum, cum autem cognoscit illud esse bonum, tunc exit in opus: unde voluntas non movet se<br />
ipsam, sed movetur a bono”.<br />
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