1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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eingeschränkter Bedeutung gewirkt habe, z.B. wenn die Nahrung durch den Verdauungsprozeß zu<br />
Fleisch wird. 277<br />
Obwohl sie sich nun auch in abstracto begreifen kann, in metaphysischer Betrachtung<br />
versteht Bonaventura die ratio seminalis doch <strong>als</strong> eine besondere Form, die zusammen mit der<br />
Materie das Prinzip der Individuation aller geschaffenen Wesen darstellt. 278 In der Materie sind <strong>als</strong>o<br />
die Wesenheiten aller Formen vorhanden, die in die Existenz treten können.<br />
Eine weitere Unterscheidung gestattet uns, noch tiefer Ähnlichkeit und Verschiedenheit von<br />
Bonaventuras Denken gegenüber den aristotelischen Begriffen Stoff und Form zu bedenken. Nach<br />
Aristoteles sind alle körperhaften Formen in der Potentialität <strong>des</strong> Stoffs enthalten und werden durch<br />
das vermittelnde Wirken eines besonderen Agens aktualisiert. Doch gibt es, wie Quinn bemerken<br />
kann, zwei Deutungen für diese Ansicht. 279 Der einen Deutung gemäß sind die körperhaften<br />
Formen im Stoff wie in einer aufnehmenden Potenz vorhanden, die in gewisser Weise auch aktiv<br />
ist, wodurch sie mit dem Agens bei der Erzeugung dieser Formen zusammenwirkt. Quinn zufolge<br />
hat der Umstand, daß einerseits der Stoff zugleich die Formen aufnehmen und mit dem Agens<br />
zusammenwirken kann, und daß es andererseits im Agens, wie in einem ursprünglichen und<br />
bewirkenden Prinzip, eine Form zu erzeugen gibt, zur Folge, daß die Einführung einer Form in den<br />
Stoff aus der Vervielfachung der Form <strong>des</strong> Agens selbst in ihm entsteht, eben aufgrund der<br />
natürlichen Fähigkeit jeder Form, sich selbst zu vervielfachen. Der Reflex eines und <strong>des</strong>selben<br />
Gegenstands, der in einem Spiegel eine Reihe von Abbildern erzeugt, oder die Wirkung einer<br />
einzigen Kerze, die ihre Flamme an andere Kerzen weitergibt, sind Beispiele, die diese Ansicht<br />
verdeutlichen, nach der die Form nicht durch ein stoffliches, sondern durch ein ursprüngliches<br />
Prinzip erzeugt wird.<br />
277 II Sent., d. 18, a 1, q. 2, Resp. (II, 436 a-b – 437 a): “Differunt autem causa et ratio causalis, quia causa<br />
dicit principium productivum, ratio vero causalis dicit regulam dirigentem illud principium in sua operatione.<br />
Similiter per hunc modum differt semen et ratio seminalis. Regula autem agentis increati est forma exemplaris<br />
sive idealis, regla vero agentis creati est forma naturalis: et ita rationes causales sunt formae ideales sive<br />
exemplares, rationes vero seminales sunt formae naturales [...] Sed attendendum est, quod illa potentia naturae<br />
ad effectus istos aut est propinqua et sufficiens, sicut est in semine deciso a lumbis ad generationem humani<br />
corporis; et sic dicitur proprie hebere in se rationem seminalem; aut est remota et insufficiens, sicut est in<br />
pane vel in alimento, ut ex eo fiat homo; et sic minus proprie dicitur esse ibi ratio seminalis”.<br />
278 II Sent., d. 18, a. 1, q. 3, Resp. (II, 440 a-b): “Ad praedictorum intelligentia est notandum, quod cum satis<br />
constet, rationem seminalem esse potentiam activam, inditam materiae; et illam potentiam activam constet<br />
esse essentiam formae, cum ex ea fiat forma mediante operatione naturae, quae non producit aliquid ex nihilo:<br />
satis rationabiliter ponitur, quod ratio seminalis est essentia formae producendae, differens ab illa secundum<br />
esse completum et incompletum, sive secundum esse in potentia et in actu. Utrum autem illa forma, sive<br />
potentia activa, quam dicimus rationem seminalem, sit forma universalis, hoc non est ita planum. Diversi enim<br />
sunt modi dicendi secundum diversas positiones, quas habent diversi de forma universali”.<br />
279 Vgl. J. F. Quinn, The historical constitution…, op.cit., S. 108.<br />
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