1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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Das aus der Vielfalt der existierenden Wesen zusammengefügte Universum befindet sich<br />
letztlich in einem grundlegenden metaphysischen Verhältnis zur transzendenten Einheit, Wahrheit,<br />
Güte und Schönheit, die wir nicht mehr allein in ihrem <strong>onto</strong>-<strong>theologische</strong>n Ursprung und Zweck<br />
erfassen wollen, sondern ebenso in ihrer Entwicklung bzw. Entfaltung <strong>als</strong> transzendentale<br />
<strong>Seins</strong>bedingungen, die <strong>des</strong>halb auch in alle die Weltwirklichkeit bildenden endlichen Wesen<br />
eingefügt sind.<br />
Jegliches endliche Seiende trägt das Prinzip <strong>des</strong> <strong>Seins</strong> wie das Prinzip der Begrenzung in<br />
sich. Der Hylemorphismus, eine im Mittelalter ganz geläufige Theorie, wurde auch von<br />
Bonaventura vertreten, der darin den Spuren seines Vorgängers Alexander von Hales folgt.<br />
Insofern wird die Richtung <strong>des</strong> Herangehens an dieses Thema bei Bonaventura stets von einem<br />
neuplatonischen Hintergrund bestimmt, womit eine Distanz zum allgemeinen bzw. aristotelischen<br />
Hylemorphismus entsteht, der auf andere Lehrer der Epoche, wie etwa Thomas, seinen Einfluß<br />
ausüben konnte.<br />
Das aktive oder schöpferische Prinzip je<strong>des</strong> Seienden ist die Form, während <strong>des</strong>sen<br />
begrenzen<strong>des</strong> bzw. passives Prinzip der Stoff bildet. Obgleich die eigentliche Einheit der konkreten<br />
Seienden stets mit der Möglichkeit einer Disgregation bzw. Aggregation besteht, insofern <strong>als</strong> es<br />
sich um zusammengesetzte Wesen, insbesondere um Körper handelt, ist jedoch der allgemeine<br />
<strong>Seins</strong>modus der Kreatur durch die Einheit <strong>des</strong> ersten Prinzips gegeben, das <strong>als</strong> einziges und<br />
bewirken<strong>des</strong> Prinzip jeder geschaffenen Einheit gilt. 263 <strong>Die</strong> Anordnung von Stoff und Form hat die<br />
<strong>onto</strong>logische Struktur dieser geschaffenen Einheit zu bilden. Bonaventura weist somit die<br />
aristotelische Ansicht zurück, wonach allein der Stoff das Prinzip einer Individuation der Seienden<br />
bilde. Denn er ist der Auffassung, daß der Stoff gerade das darstellt, was alle kontingenten<br />
Seienden gemeinsam besitzen. Zur Lösung <strong>des</strong> Problems werden postuliert, die Substantialität gehe<br />
der Unterscheidung von Individuen sowie der Zahl voraus, die sich erst daraus ableiten. Obgleich<br />
Bonaventura der Ansicht <strong>des</strong> Aristoteles folgt, daß die Materie die Zahl ist, wird dies doch nur in<br />
263 I Sent., d. 24, a. 1, q. 1, concl. ad. 3 (I, 421 b – 422 a): “Ad illud quod obiicitur, quod in Deo non est<br />
principium numerandi etc.; dicendum, quod unum dicit privationem multitudinis secundum generalem<br />
nominis rationem; sed illa privatio, etsi nomine tenus sit privatio, tamen realiter est positio; quia quanto magis<br />
est privatio divisionis in aliquo, tanto illud est completius et perfectius. Cum igitur in Deo sit perfectissima<br />
unitas, ibi accipitur secundum omnimodam privationem multitudinis. Hoc autem modo dicitur unum, quod non<br />
habet in se actu multitudinem, nec est in potentia ad multitudinem, neque per divisionem neque per<br />
aggregationem. Hoc autem unum est perfectissimum et summum et infinitum, et illud non est in potentia ad<br />
numerum, et hoc non est alii connumerabile; et hoc modo est in solo Deo. Et sic patet, quod dicitur Deus unus<br />
positive, et quomodo differat unitas eius a creatura”. Vgl. P. Robert, Hylemorphisme et devenir chez .st.<br />
Bonaventure, Montreal (1936) S. 12-16 ; Rainer Jehl, Melancholie und Acedia. Ein Beitrag zu Anthropologie<br />
und Ethik Bonaventuras, Padernborn (1984) S. 16-21.<br />
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