1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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jeden Akt der Bevorzugung sei es notwendig, daß wir den Begriff <strong>des</strong> höchsten Guten in uns<br />
tragen. <strong>Die</strong> Möglichkeit eines Urteils der praktischen Vernunft würde nach Bonaventura nicht ohne<br />
die Vermittlung einer lex aeterna in plena resolutione, durch eine Erfassung der unwandelbaren<br />
Gesetze in höchster Reduktion entstehen, und der Willensimpuls selbst könne sich auf nichts<br />
anderes beziehen <strong>als</strong> eben das höchste Gute. So werden durch intellectus practicus und Willen<br />
nunmehr auch Ewigkeit, Wahrheit und Güte <strong>des</strong> absoluten Prinzips erschlossen, und zugleich findet<br />
die Einteilung in natürliche, rationale und moralische Wissenschaften ihre Grundlegung.<br />
Da die Erwägung in der Herausarbeitung <strong>des</strong> Besseren gegenüber dem besteht, was es<br />
nicht ist, würde uns dieses Bessere nur zugänglich, soweit uns der Begriff <strong>des</strong> Besten verfügbar<br />
bleibt, zumal wir an ihm das Höherwertige ermessen, um es dann vom Minderwertigen zu<br />
unterscheiden. Um das Beste wissen wir allein durch die Ähnlichkeit eines Dinges mit ihm, und es<br />
erscheint unserem Verstand ganz offensichtlich, daß wir die Ähnlichkeit eines Dinges mit einem<br />
anderen einzig erkennen können, wenn wir das andere Extrem <strong>des</strong> Verhältnisses kennen.<br />
Bonaventura schließt <strong>des</strong>halb darauf, daß „jedem, der das Bessere zu ermitteln sucht, auch der<br />
Begriff <strong>des</strong> höchsten Guten eingeprägt sein muß“. 443<br />
Mit dem Urteil verhält es sich ähnlich: Da die Handlung <strong>des</strong> richtigen Urteilens aus einem<br />
Gesetz entsteht, welches das Kriterium zur Ausführung eben dieser Handlung bildet, sei die<br />
Vorstellung unmöglich, daß jemand einerseits ohne Überzeugung von der Richtigkeit <strong>des</strong> befolgten<br />
Gesetzes urteilt und daß er andererseits nicht nach dem Gesetz selbst urteilen dürfe. Daraus folge,<br />
daß „dieses Gesetz über unserem Geist steht und daß er nach diesem Gesetz urteilt, da es ihm<br />
eingeprägt ist“. 444<br />
<strong>Die</strong> Entschließung der erwägenden Kraft steht in einem engen Verhältnis zu dem, was<br />
Bonaventura weisheitliche Erkenntnis oder Weisheit (sapientia) nennen wird, die man damit<br />
erlangt, daß der Verstand über das äußerliche Sensible und die innerlichen Bilder hinaus alle<br />
443 ibid.: “Sed melius non dicitur nisi per accesum ad optimum; accesus autem est secundum maiorem<br />
assimilationem; nullus ergo scit utrum hoc sit illo melius, nisi sciat, illud optimo magis assimilari. Nullus<br />
autem, scit, aliquid alii magis assimilari, nisi illud cognoscat; non enim scio, hunc esse similem Petro, nisi<br />
sciam vel cognoscam Petrum: omni igitur consilianti necessario est impressa notio summi boni”. Vgl.<br />
Aristoteles, Met., IV, 18. Vgl. Augustinus, De Trinit., VIII, 3, 4: “Bonum hoc et bonum illud, tolle hoc et illud<br />
et vide ipsum bonum, si potest; ita Deum videbis, non alio bono bonum, sed bonum omnis boni. Neque enim in<br />
his omnibus boni... diceremus aliud alio melius, cum vere iudicamus, nisi esset nobis impressa notio ipsuis<br />
boni, secundum quod et probaremus aliquid et aliud illi praeponeremos”.<br />
444 ibid.: “Iudicium autem certum de consilialibus est per aliquam legem. Nullus autem certitudinaliter iudicat<br />
per legem, nisi certus sit, quod illa lex recta est, et quod ipsam iudicare non debet; sed mens nostra iudicat de<br />
se ipsa: cum igitur non possit iudicare de lege, per quam iudicat; lex illa superior est mente nostra, et per hanc<br />
iudicat, secundum quod sibi impressa est”.<br />
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