1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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Entwicklung der Tugend -sogar vom natürlichen Standpunkt- eine zweifache Ursache haben: die<br />
göttliche Einwirkung einerseits, sowie den menschlichen Willen andererseits.<br />
Letzteres wird nun von Bonaventura vertreten, zumal er sagt, jene Tugenden fänden sich<br />
durch die exemplarische Erleuchtung in die Seele eingeprägt und würden daher sowohl in die Kraft<br />
<strong>des</strong> Erkennens wie in die <strong>des</strong> Wollens und Handelns vordringen. 407 Andererseits ist das Licht causa<br />
essendi und bildet <strong>als</strong> solches auch die Grundlage für die Wahrheit der Dinge; ebenso, nämlich <strong>als</strong><br />
ratio intelligendi, wirke das göttliche Licht in der Verstan<strong>des</strong>tätigkeit mit und gestalte in<br />
besonderer Weise die Fähigkeit zur Erkenntnis; doch auch <strong>als</strong> ratio vivendi bzw. ordo vivendi soll<br />
dieses Licht dem Willen nicht nur seine Pflicht zeigen, sondern zugleich in spürbarer Weise wirken<br />
und in ihm die Ordnung selbst festlegen. Am eigentlichen Ursprung <strong>des</strong> moralischen Lebens der<br />
Seele ist der Wille dem höchsten Guten damit so verpflichtet, wie das die Intelligenz in Hinsicht auf<br />
die erste Wahrheit. 408<br />
Der freie Wille müßte <strong>als</strong>o von Denken und Wollen unterschieden werden, insofern er den<br />
Aspekt bezeichne, durch den der Wille einem echten Wollen zuneigt. Denn hier handelt es sich<br />
nicht mehr um einen Willen, der bloß nach einem Gegenstand strebt, wie möglicherweise bei einem<br />
Tier, das angesichts zweier verschiedener Speisen dann einer von beiden zuneigt, sondern um einen<br />
Willen zum Wollen im Sinne der Ausführung einer Wahl (volentem se velle), <strong>als</strong>o nicht einfach<br />
darum, einer Neigung nachzugeben. Somit wäre wiederum die grundlegende Bedeutung erwiesen,<br />
die Bonaventura der Lehre von der göttlichen Erleuchtung zumißt, hier in deren Einfluß auf das<br />
moralische Erkennen. 409 <strong>Die</strong> besagte Unterscheidung darf jedoch nicht im vollen Sinn verstanden<br />
werden, so <strong>als</strong> handele es sich um ganz verschiedene Seelenkräfte, sondern nur im Sinne eines<br />
bestimmten Aspektes am Willen, der dort liegt, wo dieser den Beitrag <strong>des</strong> Denkens aufnimmt und<br />
sich damit zu einem absichtsvollen Willen wandelt. Das Denkvermögen muß <strong>als</strong>o <strong>als</strong><br />
Voraussetzung für den freien Willen gelten. Daher entstehen durch das Zusammenwirken von<br />
Denken und Wollen eine Freiheit und ein Vermögen (dominium) zur Ausführung bzw. einfach zur<br />
Vorbereitung einer Handlung. <strong>Die</strong>se Freiheit und dieses Vermögen bilden nun einen Habitus. Von<br />
407 In Hexaem., VI, 10 (V, 362 a): “Haec imprimuntur in anima per illam lucem exemplarem et <strong>des</strong>cendunt in<br />
cognitivam, in affectivam, in operativam”.<br />
408 III Sent., d. 33, a. unic., q. 5, concl. (III, 723 a): “A natura, inquam, sunt radicaliter, qui plantatam<br />
habemus in nostra natura rectitudinem, per quam apti sumus, licet imperfecte, ad opera virtutis et honestatis”.<br />
409 II Sent., d. 25, p. 1, a. unic. q. 2 (II, 596 b): “... liberum arbitrium quodam modo distingui a ratione et<br />
voluntate, in hoc scilicet, quod liberum arbitrium nominat in ratione moventis, voluntas vero et ratio in ratione<br />
moti; hoc in ratione imperantis, istae duae in ratione exsequentis”; II Sent., d 18, a. 2, q. 3, concl. (II, 453 a):<br />
“Animarum enim creationem Deus sibi soli debuit reservare [...] propter animarum dignitatem, quia, cum<br />
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