1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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weder Vermengung noch unterschiedslose Assimilierung vorliegt, sondern ein Verständnis der<br />
Wahrheit gemäß dem Axiom, nach dem das Prinzip <strong>des</strong> <strong>Seins</strong> mit dem <strong>des</strong> Erkennens<br />
übereinstimmt. Wenn es in der Collatio I 13 <strong>des</strong> Hexaemeron heißt: „Nam idem est principium<br />
essendi et cognoscendi“, dann will Bonaventura damit gerade sagen, daß die Dinge durch die<br />
Erzeugung eines Ausdrucks eine Art Ähnlichkeit mit sich selbst -im Sinne einer geistigen<br />
Ähnlichkeit, d.h. eines Begriffs- schaffen, die es ermöglicht, daß ihr Wesen einerseits <strong>als</strong> ein<br />
entfernter Erkenntnisgrund betrachtet wird, während deren Grundlage in dem besteht, durch das<br />
die Dinge an sich -<strong>als</strong> teilhaftige Wahrheit- wahr sind und darum fähig, einen Ausdruck von sich ad<br />
extra, in Form einer begrifflichen Ähnlichkeit, zu erzeugen. 289<br />
Obwohl diese Wahrheit <strong>des</strong> Geschöpfes nicht den <strong>onto</strong>logischen Grad der transzendenten<br />
Wahrheit erreicht, bleibt zu sagen, daß sie dennoch eine wirkliche Eigenschaft der Kreatur ist und,<br />
in Bezug auf den menschlichen Verstand, der Grund zur Erkenntnis je<strong>des</strong> Seienden in seiner<br />
eigenen Einzigkeit. <strong>Die</strong>ses letztere ermöglicht erst den Umstand, daß es eine wahre Wissenschaft<br />
von der Natur gibt, und dient zugleich <strong>als</strong> Begründung für die Vorstellung, nach der es erforderlich<br />
wird, von der in den sinnlich wahrnehmbaren Dingen gefundenen Wahrheit zu jener anderen<br />
transzendenten Wahrheit aufzusteigen, in der das Fundament für jegliche Weltwirklichkeit ruht. 290<br />
Mit zwei Begriffen identifiziert Bonaventura die für die geschaffenen Seienden<br />
eigentümliche <strong>Seins</strong>weise: Möglichkeit und Nichtigkeit. Denn der Umstand, daß sie ihren Ursprung<br />
im Nichts haben, ist bestimmend dafür, daß den Dingen das Merkmal der sie charakterisierenden<br />
Kontingenz aufgeprägt wird. Demzufolge neigt das geschaffene Seiende zu Variation und<br />
Unbeständigkeit und benötigt zu seinem Bestand die Gegenwart <strong>des</strong>sen, das ihm ein Sein in Potenz<br />
gegeben hat, d.h. es erfordert das Sein in reiner Wirksamkeit. In Hinsicht auf das Thema Wahrheit<br />
wandelt sich dieses Erfordernis zu einer notwendigen Bindung seiner brüchigen Wahrheit an die<br />
289 De Scientia Christi, q. 2, ad. 9 (V, 10 a): “Primo modo (scil. quatenus est idem ac rei entitas) veritas est<br />
ratio cognoscendi, sed remota”. I Sent., d. 8, p. 1, a. 1, q. 1, ad 4 et 7 (I, 151 b): “Omnia enim vera sunt et<br />
nata sunt se exprimere per expressionem illius summi luminis.” In Hexaem., III, 8 (V, 344 b): “Tunc enim res<br />
sunt verae, quando sunt in re vel in universo, sicut sunt in arte aeterna, vel sicut ibi exprimuntur. Res autem<br />
vera est, secundum quod adaequatur intellectui causanti. Quia vero perfecte non adaequatur rationi, quae<br />
exprimit eam vel repraesentat [...] Res autem adaequata non est sua adaequatio: ergo necessario est, ut Verbum<br />
vel similitudo vel ratio sit veritas; et ibi est veritas creaturae”.<br />
290 ibid., ad 4 (I, 152 b): “Veritas creata est proprietas et ratio cognoscendi essentiam creata”. Ibid., ad 3 (I,<br />
151 b): “Veritas creata, quamvis non possit movere sine veritate increata, nihilominus est motiva sio modo et<br />
alia veritas ab illa”. Symptomatisch ist, dass auch Thomas, obwohl er mehr das eigentliche Sein der Kreatur <strong>als</strong><br />
deren Wahrheit herausstellt, an diesem Punkt mit Bonaventura übereinstimmt: „Si vero loquamur de veritate<br />
secundum quod est in rebus; sic omnes sunt verae una prima veritate, cum unumquodque assimilatur<br />
secundum suam entitatem”. Summa theol., I, q. 16, a. 6, corp. Vgl. S. 114 oben. Vgl. J. M. Bissen,<br />
L’exemplarisme divine selon Saint Bonaventure, op.cit., S. 168.<br />
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