1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Die</strong>se Position Avicennas übte nun auf die Entwicklung der Metaphysik einen tiefgehenden<br />
Einfluß aus. So schreibt Thomas am Beginn seines Werks De ente et essentia über Avicenna: "Ens<br />
autem et essentia sunt quae primo intellectu concipiuntur, ut dicit Avicenna in libro suae<br />
Metaphysicae". Und dieselbe Lehre kehrt in seinem De veritate (I, 1) wieder: "Et sic imponitur hoc<br />
nomen res quod in hoc differt ab ente, secundum Avicennam in principio Metaphysicae, quod ens<br />
sumitur ab actu essendi, sed nomine rei exprimit quidditatem sive essentiam entis". Thomas<br />
übernimmt <strong>als</strong>o diese Lehre, wenn auch mit dieser Differenzierung, zumal die genaue Bedeutung<br />
<strong>des</strong> Ausdrucks res für ihn unbedingte Transzendentalität <strong>des</strong> <strong>Seins</strong> (ens) kennzeichnet, zugleich mit<br />
denen <strong>des</strong> unum, aliquid, verum und bonum. Trotz der wichtigen Rolle, die der Begriff <strong>des</strong><br />
‚Notwendigen’ in Avicennas metaphysischer Lehre spielt, läßt ihn Thomas in seiner Lehre beiseite.<br />
<strong>Die</strong> Termini communissima und prima bezeichnen im 13. Jh. <strong>als</strong>o die einzelnen<br />
philosophischen Funktionen der <strong>Transzendentalien</strong>: Aus <strong>onto</strong>logischer Sicht sind sie die<br />
‚allgemeinsten’ Begriffe, d.h. das, was sich von allen Dingen prädizieren läßt; aus gnoseologischer<br />
Sicht sind sie die 'ersten' Begriffe, d.h. diejenigen, die keinem vorherigen Begriff entstammen oder<br />
nach ihm betrachtet werden können.<br />
1. 2. <strong>Die</strong> franziskanische Tradition vor Bonaventura<br />
1. 2. a. Das Muster der indivisio in der Summa de bono<br />
<strong>Die</strong> erste Formulierung der scholastischen <strong>Transzendentalien</strong>lehre erscheint in der Summa<br />
de bono von Philipp der Kanzler. 88 In dieser um das Jahr 1225 verfaßten Abhandlung entwickelt<br />
der Autor ein System der transzendentalen Bedingungen <strong>des</strong> <strong>Seins</strong> aufgrund von elf<br />
animum vel quae intelligitur ex significatione verbi non sit adducens ad acquisitionem scientiae quae in natura<br />
hominis non est”.<br />
88 Vgl. H. Pouillon, Le premier traité <strong>des</strong> propriétés transcendentales. La ‘Summa de bono’ du Chancelier<br />
Philipp, in: Revue néoscolastique de philosophie 42 (1939) S. 40: “On a étudié concernant le sujet qui nos<br />
occupe la pensée de S. Thomas, de S. Albert le Grand et de la Somme dite d’Alexandre de Halès, mais<br />
personne jusqu’ici n’a examiné la source qui est à l’origine de tous les traités <strong>des</strong> propriétés transcendentales:<br />
la Summa de bono de Philipp der Kanzler”. Nach Pouillon wird diese Lehre in der Vorrede und den darauf<br />
folgenden zwölf Quaestiones dargelegt, und zwar in Q. I: De comparatione boni et entis. Q. II: De comparatione<br />
boni ad verum. Q. III: De ordinatione veri ad bonum. Q. IV: De summo bono. Q. V: De communitate boni. Q.<br />
VI: Utrum omni bono opponatur malum? Q. VII: De fluxu aliorum bonorum a Primo secundum rationem boni.<br />
Q. VIII: De bono naturae increato et creato. Q. IX: De hac “bonitas est bona”. Q. X: De differentiis boni in<br />
creatura. Q. XI: De bono modi, speciei et ordinis. Q. XII: De bono et malo quae ponuntur principia rerum.<br />
41