1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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ordinatio ad bonum verstanden werden soll, wobei dieser Bezug auf das Gute so wesentlich für die<br />
kreatürliche Wirklichkeit ist, daß er deren Sein absolut bestimmt. Mit Augustins Worten hieße das:<br />
„Wir sind nur, insoweit wir gut sind“. 391 Daher bekundet je<strong>des</strong> weltliche Wesen in sich einen<br />
Habitus oder notwendiges Streben nach der Ursache, die es ins Sein gebracht hat und die auch<br />
seinen letzten Zweck darstellt, so wie es in seinem Sein ebenfalls den beständigen Einfluß dieser<br />
Ursache manifestiert. <strong>Die</strong>ses vergleichende bzw. partizipative Verhältnis zwischen dem<br />
geschaffenen Guten und der ersten Güte (summum bonum) ist für Bonaventura eine jedem<br />
kreatürlichen Wesen eigentümliche Realität, wie es das in bezug auf die übrigen <strong>Transzendentalien</strong><br />
aus dem Blickwinkel der <strong>Seins</strong>analogie wohl auch war, doch tritt es vor allem im Menschen <strong>als</strong><br />
dem Ebenbild Gottes hervor.<br />
Wie Gott Ursache <strong>des</strong> <strong>Seins</strong> und Grund <strong>des</strong> Verstehens ist, so ist er auch Ordnung bzw.<br />
Grundlage <strong>des</strong> Lebens. 392 Bei der Analyse der exemplarischen Ideen in Gott wurde uns deutlich,<br />
wie je<strong>des</strong> Einzelwesen seinen Ursprung im göttlichen Logos hat, da es sich dort in einem unendlich<br />
viel höheren <strong>Seins</strong>modus befinde, <strong>als</strong> es ihn in seiner eigenen Existenzgattung habe. Genau aus<br />
diesem höheren, metaphysischen Existenzmodus leiten sich nun die verschiedenen <strong>Seins</strong>stufen der<br />
endlichen Wesen her. Ebenso hatte die Analyse ergeben, wie Gott dem Wahrheit suchenden<br />
Verstand Grund für Einsicht und Gewißheit sei. Nunmehr bleibt noch der Einfluß zu untersuchen,<br />
den Gott auf die dritte höhere Fähigkeit der Seele ausübt, nämlich den Willen, der mit Gedächtnis<br />
und Verstand zusammen Gottes Ebenbild im Menschen ausmache. 393<br />
Das freie Geschöpf erhalte eine angeborene innere Erleuchtung, durch die es die Regeln<br />
oder Leitlinien erkennt (wiedererkennt, müßten wir mit Platon sagen), nach denen es seine<br />
Handlungen ausführen kann. Und wenn es moralische Güte erlangen wolle, so wie es<br />
Verstan<strong>des</strong>gewißheit bekommen hat, dann müsse es seine Aufmerksamkeit diesem Licht<br />
zuwenden, weil es gut ist. 394 Da die Seele nun, sowohl in Hinsicht auf das Denken wie auf den<br />
Willen, gerade zur Einheit mit Gott bestimmt sei, ist sie auch das Abbild der schöpferischen<br />
Gottheit, die auf die Akte ihres Willens genau wie auf die <strong>des</strong> Verstan<strong>des</strong> Einfluß nehme. 395<br />
391 Vgl. II Sent., d. 1, p. 2, a. 1, q. 1 ad 1 (II, 44 b); Hl. Auguntinus, De doctrina Christ., I, 32 (PL 34, 32).<br />
392 De Sc. Chr., q. 4, fund. 24 (V, 19 b): “Sicut Deus est causa essendi, ita est ratio intelligendi et ordo<br />
vivendi”.<br />
393 Vgl. J.-M. Bissen, L’exemplarisme divin selon..., op.cit., S. 272-289.<br />
394 In Hexaem., V, 1 (V, 354 a): “In quantum est ordo vivendi, est lux bona”; Sermo I de s. Angelis ( IX, 618<br />
b): “Ipse est lux infallibilis, lux aeterna, quam sequi debemus”; In Hexaem., IV, 2 (V, 349 a): “Emittit autem<br />
haec lux tres radios primos [...] Est enim veritas rerum, veritas signorum seu vocum et veritas morum”.<br />
395 II Sent., d. 16, a. 2, q. 3, ad 3 (II, 406 b): “Imago complectitur tam affectivam quam cognitivam, cum<br />
utraque nata sit inmediate ferri in Deum”.<br />
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