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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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d.h. in materieller, formaler, bewirkender und finaler Ursache. 146 <strong>Die</strong> rationale Feststellung der<br />

Notwendigkeit, daß die die Dinge bewirkende Ursache auch deren Gesamtursache sei, besteht in<br />

einem Verhältnis von Schöpfer und Geschöpf, welches auf der Betrachtung der Wahrheit <strong>als</strong><br />

transzendentalem Begriff beruht. Während Thomas von der Idee <strong>als</strong> Form ausgeht und den Begriff<br />

der Idee im Sinne einer Nachahmung gestaltet und sie dabei auf die göttliche Wesenheit<br />

einschränkt, faßt Bonaventura die gesamte Wirklichkeit <strong>als</strong> Wahrheit-Ähnlichkeit-Ausdruck-Idee<br />

auf. 147<br />

<strong>Die</strong> Wahrheit eines Dinges liegt demnach darin, daß <strong>des</strong>sen Sein seiner exemplarischen<br />

Form entspreche, d.h. der ewigen Ratio, nach der dieses Ding von Gott gewollt und verwirklicht<br />

wurde. Alle Geschöpfe sind im Hinblick auf die ungeschaffene Wahrheit wahr, und sie sind<br />

geschaffen, um diese Wahrheit auszudrücken und zu bekunden, ebenso wie die das Licht<br />

reflektierenden Körper nicht an sich schon lichtvoll sind, sondern nur in dem Masse, wie sie das<br />

Licht aufnehmen. Verliert sich das Licht, so leuchten auch die Körper nicht mehr. Wenn das<br />

Wirken der ungeschaffenen Wahrheit <strong>als</strong>o aufhörte, dann wären auch die Seienden nicht mehr<br />

wahr, was wohl hieße, daß sie einfach nicht mehr wären und ihre Existenz aufhören würde. 148 <strong>Die</strong><br />

Wahrheit der Kreatur ist gleichsam eine kontingente Projektion ihrer im göttlichen Logos<br />

befindlichen ewigen Ratio. Augustins Einfluß wird auch hier spürbar: „Omnia priusque fierent,<br />

erant in notitia facientis et utique ibi meliora, ubi aeterna, ubi veriora et incommutabilia“. 149<br />

Einen Grundpfeiler bildet ebenso die Formulierung einer dreifachen Eigenexistenz je<strong>des</strong><br />

Seienden: in seiner konkreten Wirklichkeit, im Verstand <strong>des</strong> sie wahrnehmenden Subjekts, das die<br />

dem Ding entsprechende begriffliche Vorstellung erzeugt, und im ewigen Vorbild. Obwohl man<br />

grundsätzlich sagen würde, daß die Wahrheit <strong>des</strong> Seienden, Aristoteles zufolge, in seiner konkreten<br />

Existenz liege, wird Bonaventura hier den Schwerpunkt seiner metaphysischen Urbild-Abbild-<br />

Theorie setzen und darauf verweisen, wie das Ding an sich, gemäß seiner Erhabenheit, eine höhere<br />

146 In Hexaem., VI, 4 (V, 361 a): “Nunquam invenies, quod ipse [Arist.] dicat, quod mundus habuit principium<br />

vel initium; immo redarguit Platonem, qui solus videtur posuisse, tempus incepisse. Et istud repugnat lumini<br />

veritatis”.<br />

147 II Sent., d. XVIII, a. 1, q. 3, concl. (II, 441 b): “[sapientia Dei]... in quantum est ratio cognoscendi praevisa<br />

et disposita, dicitur exemplar”; Vgl. A. Gerken, Theologie <strong>des</strong> Wortes. Das Verhältnis von Schöpfung und<br />

Incarnation bei Bonaventura. Düsseldorf (1963) S. 61-80.<br />

148 In Sent., I, d. 8, p. 1, a. 1, q. 1, ad. 4-7 (I, 151 b): “Cum dicitur quod omnia sunt vera veritate increata,<br />

ablativus dicit causam formalem-exemplarem. Omnia enim vera sunt et nata sunt se exprimere per<br />

expresionem illus summi luminis; quod si cessaret influere, cetera <strong>des</strong>inerent esse vera. Ideo nulla veritas<br />

creata est vera per essentiam, sed per participationem”.<br />

149 Hl. Augustin, De Genesi ad litt., V, 15, 33, PL 34, 532-533; zitiert bei Bonaventura in I Sent., I, d, 36, a. 2, q.<br />

2: “Utrum res verius esse habeant in Deo quam in proprie genere?” (fund. 2, I, 625 a). Vgl. Luc Mathieu, La<br />

Trinité creatrice, op. cit., S. 219-221.<br />

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