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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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wie Unendlichkeit der transzendenten Wirkursache hervor, in deren Wesen weder Modus noch<br />

irgendein Maß vorkommen. Aus dieser bewirkenden Ursache steigt nun auf alle Dinge die<br />

Eigenschaft der Einheit, <strong>des</strong> Modus und <strong>des</strong> Maßes herab. 310<br />

Ebenso wie wir auf eine volle Einheit immer nur dann haben Bezug nehmen können, wenn<br />

diese im Verhältnis zum ersten Sein postuliert ist, gilt dies auch für die Wahrheit in ihrem vollen<br />

Sinn, ihrer größten Vollkommenheit. Doch weil das geschaffene Sein ein <strong>onto</strong>logisch abhängiges<br />

Sein ist, müßte seine Wahrheit eine sein, deren Wert sich darauf zentriert, die species auszuformen,<br />

durch die ein bestimmtes Seien<strong>des</strong> erkennbar und so von anderen unterscheidbar ist. Der Spezies<br />

entspricht die Zahl (numerus), nach der je<strong>des</strong> Ding sich konstituiert und der gemäß je<strong>des</strong> Geschöpf<br />

seine Proportion erhält, und daher auch seine Schönheit. An diesem Punkt bekennt Bonaventura,<br />

was er der augustinischen Ästhetik verdankt, und bemüht sich zudem, darüber an verschiedenen<br />

Stellen seines Werkes Rechenschaft zu geben: Alle Wesen seien schön und in gewisser Weise auch<br />

gefällig. 311 Schönheit und Gefälligkeit aber, die sich an den kontingenten Seienden finden möchten,<br />

setzen voraus, daß man an ihnen eine gewisse Harmonie oder Proportion entdeckt hat. Und die<br />

Proportion ist eine Eigenschaft, die zuerst in der Zahl liegt, weshalb alle Seienden mit<br />

Notwendigkeit zählbar sind. Daher stammt Boethius' Satz: „numerus est praecipuum in animo<br />

Conditoris exemplar“; und in den Geschöpfen bildet die Zahl die erste Spur -in bezug auf das<br />

Transzendentale eins-, welche die dem geschaffenen Sein eigene Vielfalt auf die Ureinheit <strong>des</strong> <strong>als</strong><br />

Wirkursache geltenden ersten Prinzips zurückführt. 312 Deshalb könnte species hier auch mit<br />

„Schönheit“ übersetzt werden, da Bonaventura die Form oder Wesenheit je<strong>des</strong> geschaffenen<br />

Seienden <strong>als</strong> harmonische und darum schöne Form versteht. Präsent wäre die Transzendentale<br />

Schönheit somit in der Form bzw. Spezies.<br />

Es gilt hier zu beachten, daß Bonaventura sich, wenn er von Zahlenharmonie spricht, nicht<br />

auf die abstrakten Zahlen der Mathematik im modernen Sinn bezieht, sondern auf die elementaren<br />

und grundlegenden Größen der Welt <strong>als</strong> solcher, die der Erfahrung zugänglich sind und welche die<br />

einzelnen konkreten Verhältnisse zwischen den Dingen ermöglichen. 313 <strong>Die</strong> Zahl ist in dem Sinn<br />

310 I Sent., d. 43, a. unic., q. 3, concl. (I, 772 b). Zu beachten ist in diesem Text, wie auch an den entsprechenden<br />

Stellen <strong>des</strong> Itinerarium und der Collationes in Hexaemeron, die enge Verbindung unter diesen Eigenschaften, was<br />

sich in einer Erweiterung auf die <strong>Transzendentalien</strong> Einheit, Wahrheit und Güte überträgt und in ihnen die<br />

Konvertibilität andeutet, die ihnen <strong>als</strong> Wesenszug traditionell zugeteilt wird.<br />

311 Vgl. L. Cornet, Pondus…, op.cit., S. 297-310.<br />

312 Vgl. Itin., II, 10 (V, 302 b) und ebenso Boecio, De Arithm., I, 2 (PL 63, 1083).<br />

313 Vgl. B. Welte, <strong>Die</strong> Zahl <strong>als</strong> göttliche Spur, in: B. Welte: Auf der Spur <strong>des</strong> Ewigen. Philosophische<br />

Abhandlungen über verschiedene Gegenstände der Religion und der Theologie, Freiburg i. Br. (1965) S. 49-<br />

61.<br />

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