1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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von diesem einenden Charakter abgelöst denken, ohne daß sie zugleich ihr eigenes Wesen aufgeben<br />
würde. 347 Daher nimmt die Einheit <strong>als</strong> transzendentales Attribut der schöpferischen Gottheit eine<br />
grundlegende Stellung in der <strong>Seins</strong>struktur <strong>des</strong> Menschen ein, und zwar ebenso grundlegend wie<br />
die Prägung durch Wahrheit und Güte. So stark ist die fundamentale Präsenz dieses<br />
einheitschaffenden Allgemeincharakters in Bonaventuras Anthropologie, daß der Autor bei einem<br />
Vergleich mit der Seele diese -im Hinblick auf den Körper- <strong>als</strong> Subjekt und Ursache jener<br />
einheitschaffenden Eigenschaft bezeichnen kann. 348 Denn zunächst bilde die Seele eine Einheit mit<br />
dem menschlichen Körper schon von Anbeginn an; zweitens werde dieser einende Charakter von<br />
inneren Prinzipien der rationalen Seele verursacht, und mit der besagten Einheitlichkeit begründe<br />
die Seele ihre naturgemäßen Wirkungen.<br />
Da die Seele sich nun von Anfang an mit dem Körper vereint findet, wird die postulierte<br />
Unabhängigkeit der rationalen Seele vom materiellen Körper erst aus der zeitlichen Perspektive <strong>des</strong><br />
Menschen verständlich, der auf den durch die Ursünde bewirkten Sündenfall folgt. Denn die<br />
rationale Seele, die ja geschaffen wurde, um sich mit dem Körper <strong>als</strong> <strong>des</strong>sen substantielle und<br />
naturgemäße Form zu vereinen, habe ständig mit der Körpermaterie vereint bleiben müssen und<br />
dem Menschen dabei seinen zweifachen Grundcharakter <strong>des</strong> Subsistenten und Unsterblichen<br />
verliehen. 349 Erste Bestimmung der rationalen Seele wäre es demnach, die vollendende Form <strong>des</strong><br />
menschlichen Körpers zu bilden, während ihr vom Körper unabhängiges und unsterbliches Sein<br />
etwas für ihr Wesen nicht eigentlich Ursprüngliches sei, sondern erst später auf die Schaffung von<br />
Stoff und Form zu einer wesentlichen konstitutiven Einheit folge.<br />
Das wechselseitige natürliche Streben der Substanzform nach dem menschlichen Körper <strong>als</strong><br />
ihrem zugehörigen Stoff sowie <strong>des</strong> menschlichen Körpers nach der rationalen Seele <strong>als</strong> seiner<br />
vollendenden Form erweist die notwendige harmonische Fügung beider unter dem vermittelnden<br />
Zeichen <strong>des</strong> einenden Charakters, der so zur Grundlage der besagten naturgemäßen Zuneigung der<br />
rationalen Seele und <strong>des</strong> menschlichen Körpers zueinander wird. Das unter ihnen bestehende<br />
Verhältnis ist <strong>als</strong>o das <strong>des</strong> Prinzips der Vollendung in Hinsicht auf das Subjekt der Vollendung.<br />
347 III Sent., d. 5, a. 2, q. 3, concl. (III, 137 a): “... unibilitas sive aptitudo uniendi cum corpore non est animae<br />
accidentalis, sed est ipsi animae essentialis, et ita non potest ab ea separavi vel circunscribi, salva ipsius<br />
natura”.<br />
348 ibid., d. 4, a. 2, q. 3, concl. (III, 109 a): “Nam proprietas naturalis comparatur ad aliquid sicut ad subiectum<br />
et sicut ad causam. Secundum comparationem, quam habet ad subiectum, naturaliter dicitur inesse quod inest a<br />
promordio ipsius rei et inseparabiliter et ab ea non recedit. Secundum comparationem, quam habet ad causam,<br />
dicitur naturaliter inesse proprietas, quae causatur a principiis subiecti et per quam ipsum subiectum efficit<br />
operationem naturalem”.<br />
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