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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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auslöst. Allein über die Erfahrung sei auch ein Zugang zu den Spezies möglich, ohne die wir nicht<br />

in der Lage wären, die ersten Prinzipien auszubilden. 453<br />

In diesen ersten Erkenntnisschritten erreicht Bonaventura die Betrachtung <strong>des</strong> äußeren<br />

Spiegels ebenso aus einer Perspektive, die den Entwicklungsverlauf der Geschöpfe mit dem Licht<br />

<strong>des</strong> Glaubens erschließt, wie aus einer rationalen Sicht, die diese für uns äußeren Spuren nach deren<br />

Wesensdifferenzierung erforscht.<br />

In einigen Vorüberlegungen zum Itinerarium stellt Bonaventura drei Weisen <strong>des</strong> Erkennens<br />

dar, durch die der Verstand oder der innere Sinn aus der Sinneswahrnehmung die Naturwirklichkeit<br />

der Welt <strong>als</strong> Bezeugung (testimonium) der Gottheit aufnimmt: das rational forschende, das fest<br />

glaubende und das intellektuell betrachtende Verstehen. 454 Darunter sind für uns insbesondere das<br />

erste und das dritte von Interesse; das zweite bildet, da es ausschließlich auf der Ebene <strong>des</strong><br />

Glaubens ansetzt, insgesamt die <strong>theologische</strong> Dimension dieser Dreigliederung ab. 455<br />

<strong>Die</strong> Nachricht, die der äußerliche Sinn dem betrachtenden Verstand (aspectus<br />

contemplantis) liefert, bedeutet für ihn eine Anschauung Gottes, der darin durch die Betrachtung<br />

der Dinge an sich Form annimmt. <strong>Die</strong> sensualitas jedoch beschränkt sich nicht auf ein<br />

morphologisches Erkennen <strong>als</strong> Endstadium ihrer Funktion, sondern dringt bis zur Betrachtung einer<br />

Gesamtheit an <strong>Transzendentalien</strong> <strong>als</strong> allgemeine Prinzipien vor, auf die sich die Dinge der<br />

453 De donis., VIII, 13: “Anima autem nostra habet supra se quodam lumen naturae signatum per quod habilis<br />

est ad cognoscenda prima principia, sed illum solum non sufficit, quia secundum Philosophum, ‘principia<br />

cognoscimus in quantum terminos cognoscimus’. Quando enim scio quid totum, quid pars, statim scio quod<br />

omne totum maius est sua parte”. Der Verweis auf Aristoteles gilt I Poster., III. Vgl. ebenso die Darstellung <strong>des</strong><br />

Themas in Itin., III, 2. Der Begriff species erhält bei Bonaventura je nach Gebrauch drei Bedeutungen: die der<br />

Ähnlichkeit auf der Ebene der Dinge; die <strong>des</strong> Erkenntnisprinzips in der Verstan<strong>des</strong>tätigkeit; sowie die eines<br />

Äquivalents für Schönheit (pulchritudo) in der Ästhetik. Eine aufschlußreiche Synthese von der Art und Weise, in<br />

der Bonaventura die Achtung vor dem natürlichen Licht der Vernunft und zugleich die Notwendigkeit auffaßte, daß<br />

dieses durch das ergänzt werde, was wir weiter oben das <strong>theologische</strong> a priori genannt haben, ergibt sich in De donis,<br />

VIII, 12: “Iste intellectus, qui est ianua considerationum scientialium, partim est a dictamine naturae, id est a<br />

lumine interiori; partim ex frequentia experientiae, sicut a lumine exteriori; et partim ex illustratione lucis<br />

aeternae, sicut a lumine superiori”.<br />

454 Itin., I, 10 (V, 298 b): “Relucet autem Creatoris summa potentia et sapientia et benevolentia in rebus creatis<br />

secundum quod hoc tripliciter nuntiat sensus carnis sensui interiori. Sensus enim carnis aut <strong>des</strong>ervit intellectui<br />

rationabiliter investiganti, aut fideliter credendi, aut intellectualiter contemplanti. Contemplans considerat<br />

rerum existentiam actualem, credens rerum decursum habitualem, rationans rerum praecellentiam<br />

potentialem”.<br />

455 Vgl. Brev., prol. 2 (V, 204 b) : “Sic igitur totus iste mundus ordinatissimo decursu a Scriptura <strong>des</strong>cribitur<br />

procedere a principio usque ad finem, ad modum cuiusdam pulcherrimi carminis ordinati, ubi potest quis<br />

speculari secundum decursum temporis varietatem, multiplicitatem et aequitatem, ordinem, rectitudinem et<br />

pulchritudinem multorum divinorum, procedentium a sapientia Dei gubernante mundum. Unde sicut nullus<br />

potest videre pulchritudinem carminis, nisi aspectus eius feratur super totum versum; sic nullus videt<br />

pulchritudinem ordinis et regiminis universi, nisi eam totam speculetur. Et quia nullus homo tam longaevus<br />

est, quod totam possit videre oculis carnis suae, nec futura potest per se praevidere; providit nobis Spiritus<br />

sanctus librum Scripturae sacrae, cuius longitudo commetitur se decursui regiminis universi”.<br />

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