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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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Erster Teil<br />

Kapitel I: Das Verhältnis von Philosophie und Theologie in Bonaventuras Denken<br />

1. Das <strong>theologische</strong> a priori der <strong>onto</strong>logischen Frage<br />

Bei der <strong>onto</strong>logischen Frage nach den konstitutiven Prinzipien der Wirklichkeit im Ganzen<br />

geht Bonaventura von einem <strong>theologische</strong>n a priori aus und entwickelt eine Auffassung vom Sein<br />

<strong>des</strong> Seienden, das in enger Übereinstimmung mit dem Sein Gottes steht. Bonaventuras<br />

Weltanschauung wurzelt daher in einem grundlegenden Begriff: dem der Einheit. Ausgangspunkt<br />

ist eine feste Überzeugung von der tiefreichenden Einheit im Verhältnis Gott-Geschöpf, und die zu<br />

entwickelnde spekulative Leistung wird darin bestehen, die einzelnen Weisen der<br />

Konzeptualisierung dieses Einheits-Verhältnisses aufzufinden. In seiner vom Glauben erleuchteten<br />

Gesamtschau <strong>des</strong> Wirklichen ist alles von Gott durchwirkt, auch wenn die wesenhafte Kontingenz<br />

der geschaffenen Natur diese zutiefst von der göttlichen Vollkommenheit trennt. 4 <strong>Die</strong> Einheit in<br />

Gott, <strong>als</strong> Geschehen unterscheidenden Einens mit dem anderen (und darin mit sich selbst) die origo<br />

selbst ist, welche in sich die eine Vollzugsdynamik von Identität und Differenz enthält. Als<br />

übergreifende Einheit ist die Einheit beider eine Einheit: Eins-Sein mit dem anderen, das Eins-Sein<br />

mit dem anderen auch <strong>des</strong>sen Eins-Sein mit der eigenen Person ist. Deshalb ist es eine zweiseitige<br />

Einheit: zwei Vollzüge von Selbstidentifikation im Vollziehen einer Einheit mit dem je anderen. 5<br />

Wenn man in Hinsicht auf die mittelalterliche Scholastik um die Mitte <strong>des</strong> 13. Jahrhunderts<br />

vom Problem <strong>des</strong> Erkenntnis spricht, muss man notwendigerweise auch auf die komplexe Frage<br />

nach den Beziehungen zwischen Denken und Glauben, zwischen Philosophie und Theologie<br />

eingehen, sowie auf die Abgrenzung der den beiden zukommenden Funktionsbereiche. Dafür<br />

wurden dam<strong>als</strong> drei mögliche Lösungen erörtert. Vereinfacht gesagt: Entweder nahm man 1) den<br />

Glauben <strong>als</strong> absoluten Wert an und wollte, wie die Anhänger der fideistischen Bewegung <strong>des</strong> 12.<br />

Jahrhunderts, dem Denken und seinen wissenschaftlichen Errungenschaften abschwören; oder man<br />

suchte 2) auf der Gegenseite den Wert der wissenschaftlichen Erkenntnis zu hierarchisieren und<br />

eine Unabhängigkeit dieses Wissens von der vorherrschenden <strong>theologische</strong>n Erkenntnis zu<br />

4<br />

Vgl. A. Gerken, “Bonaventura”, in: Gestalten der Kirchengeschichte (hg. von M. Greschat), Bd. 4:<br />

Mittelalter II, Stuttgart (1983) S. 15-37; R. Köhn, “Monastisches Bildungsideal und weltgeisliches<br />

Wissenschaftsdenken. Zur Vorgeschichte <strong>des</strong> Mendikantenstreites an der Universität Paris”, in: Miscellanea<br />

Mediaevalia 10 (hg. von A. Zimmermann) Berlin (1976) S. 1-37.<br />

5 Vgl. Obenauer, Klaus, Summa Actualitas. Zum Verhältnis von Einheit und Verschiedenheit in der<br />

Dreieinigkeitslehre <strong>des</strong> heiligen Bonaventura, Frankfurt am Main (1996) S. 395-396.<br />

9

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