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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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Kapitel VI: Imago Dei: Das Sein <strong>des</strong> Menschen<br />

1. <strong>Die</strong> Teilhabe der menschlichen Seele an der göttlichen trinitarischen Struktur<br />

Es ist immer wieder gesagt worden, daß ein Bild ausdrucksvoller sei <strong>als</strong> tausend Worte.<br />

Dem ist wohl so, weil das Bild die Gegenwart der erwünschten Wirklichkeit vermittelt. Darin liegt<br />

sein grundlegender Wesenszug, und zwar <strong>des</strong>wegen, weil das Bild lebendig ist und in der<br />

vermittelten Wirklichkeit zur Geltung kommt. Seine Ausdruckskraft steht in einem engen<br />

Verhältnis zu seiner Fähigkeit, eine bestimmte Botschaft aufzunehmen und zu übertragen. Nach Art<br />

eines Spiegels nämlich reflektiert die geschaffene Welt in ihrem Sein eine andere, sie übersteigende<br />

Wirklichkeit. 326 <strong>Die</strong> ideale Ausdruckskraft stellt sich jedoch erst dann ein, wenn der Spiegel völlig<br />

klar ist und den gesamten Lichteinfall reflektiert. Im geschaffenen Sein dagegen erscheint dieser<br />

Spiegel getrübt und reflektiert daher das Original nur zum Teil. 327<br />

<strong>Die</strong> Etymologie <strong>des</strong> lat. Wortes imago scheint inagere (d.h. insculpere) zu sein, bedeutet<br />

<strong>als</strong>o den Akt <strong>des</strong> Gravierens bzw. Einprägens. Bonaventura aber leitet es von imitago her, das die<br />

Bedeutungen imitatio, repraesentatio und configuratio anklingen läßt, ohne daß <strong>des</strong>halb die mit<br />

der vorher genannten Etymologie verbundenen Begriffe, <strong>als</strong> Symbole aus dem Bereich von<br />

Bildhauerei und Malerei, wie etwa Abbild, Bildnis, Porträt, Gravur, Zeichnung usw. übergangen<br />

würden. 328 Der Ausdruck bildet im Sinne einer Polarität ein Gegenstück zu dem <strong>des</strong> exemplar, der<br />

im Unterschied zur imago die Vorstellung der gestaltenden Kraft oder Tätigkeit enthält. Das Bild<br />

bezeichnet seinerseits einen Bezug auf ein anderes Wesen, auf eine Vorlage, <strong>des</strong>sen Darstellung es<br />

ist. Auch darin liegt der Gedanke einer Ausrichtung auf einen Prototyp beschlossen: nicht ein Weg<br />

zu sich selbst, sondern zu einem anderen, von dem das Sein empfangen wird. 329<br />

<strong>Die</strong>ser Aspekt einer Beziehung ergibt sich aus dem <strong>des</strong> Ausflusses bzw. <strong>des</strong> Hervorgehens<br />

aus einer originären Ursache. Insofern ist das Streben nach dem Urbild stets ein Aspekt, der mit<br />

dem <strong>des</strong> Hervorgehens eng verbunden werden muß. <strong>Die</strong> Richtung einer Rückkehr ist der <strong>des</strong><br />

Aufbruchs zwar entgegengesetzt, doch nehmen beide den gleichen Weg. Denn man kehrt zum<br />

326 In Hexaem, II, 27 (V, 340 b): “Et sic patet, quod totus mundus est sicut unum speculum, plenum luminibus<br />

praesentantibus divinam sapientiam et quasi carbo effundens lucem”.<br />

327 ibid., XII, 14 (V, 386 b): “In qualibet enim creatura est refulgentia divini exemplaris, sed cum tenebra<br />

permixta; unde est sicut quaedam opacitas admixta lumini”. Vgl. Cornelio B. del Zotto, La teologia dell’<br />

immagine in San Bonaventura, Vicenza (1977) S. 49 ff.<br />

328 I Sent., d. 31, p. 2, a. 1 fund. 4: “... imago consistit in repraesentando aliquid non tantum in substantia, sed<br />

etiam in distinctione et ordine distintorum”. Vgl. O. Gonzalez, op.cit., S. 582 ff.<br />

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