16.05.2014 Aufrufe

1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

dem Sinne verstanden, <strong>als</strong> es ohne Materie auch keine Zahl gäbe, was heißt: Der Stoff ermöglicht<br />

zwar die Vielfalt, doch er allein reicht nicht hin, um sie zu konstituieren, da die zahlenmäßige<br />

Vielfalt letztlich nur ein der Individuation selbst untergeordnetes Element ist. Deswegen heißt für<br />

Bonaventura das Prinzip der Individuation in Materie und Zahl anzusiedeln soviel, <strong>als</strong> würde die<br />

Folge dem Anfangsgrund vorausgenommen. <strong>Die</strong>ses <strong>des</strong>halb, weil das Vorhandensein einer Vielzahl<br />

individuell verschiedener Wesen die Konstitution einer Substanz durch die sie definierenden<br />

Wesensprinzipien voraussetzt; diese Substanz erscheint, sobald sie gesetzt ist, von anderen<br />

unterschieden, und gerade dieser Unterscheidung entstammt die Zahl <strong>als</strong> eine von jener Substanz<br />

abgeleitete akzidentelle Eigenschaft. Der Stoff ist dadurch gewiß Bedingung, jedoch nie<br />

Gesamtursache. 264<br />

<strong>Die</strong> gegenteilige Ansicht, d.h. die, welche allein die Form <strong>als</strong> Prinzip der Individuation<br />

postuliert, findet bei Bonaventura gleichfalls keine Zustimmung. Das von ihm vorgetragene<br />

Argument geht von einem bei Aristoteles selbst gegebenen Beispiels aus, in welchem dieser auf das<br />

Sein der Himmelskörper eingeht. Aristoteles meint dort nämlich, daß sich neben jede schon<br />

vorhandene Form eine ihr ähnliche andere setzen läßt, insofern beide ein und dasselbe Wesen<br />

gemeinsam haben, wie das bei Sonne und Mond der Fall ist. Bonaventura fragt sich dazu, wie es<br />

möglich sei, daß wir sagen, beide würden sich der Form nach unterscheiden, wenn wir doch<br />

bestätigen müssen, daß dem Umstand, daß beide aus der bloßen sie trennenden Diskontinuität<br />

numerisch verschieden sind, einfach noch kein Vorhandensein einer neuen Form zu entnehmen<br />

ist. 265<br />

Wenn die Individuation <strong>als</strong>o weder allein aus dem Stoff noch allein aus der Form<br />

hervorgeht, dann erscheint es am ehesten annehmbar, daß sie aus der Vereinigung beider<br />

konstitutiver Prinzipien entsteht. Je<strong>des</strong> Prinzip wirkt dabei auf sein Gegenstück in einer<br />

Wechselbeziehung, die aus beiden eine Wesenseinheit im Gegenstand macht, wie das Wachs und<br />

264 II Sent., d. 3, p. 1, a 2, q. 2 (II, 106): “Individuatio autem est ex principiorum indivisione et appropiatione;<br />

ipsa enim rei principia, dum coniungantur, invicem se appropiant et faciunt individuum. Sed ad hoc<br />

consequitur esse discretum sive esse distinctum ab alio, et surgis ex hoc numerus, et ita accidentalis proprietas<br />

consequens ad substantiam”. Vgl. ibidem, q. 3 (II, 110): “Quod obiicitur quod individuatio est a materia,<br />

dicendum quod per illas auctoritates non datur intelligi quod materia sit principium individuationis, nisi sicut<br />

causa sine qua non, non autem sicut tota causa. Nec tamen ita potest attribui materiae personalis discretio,<br />

sicut individuatio, propter hoc quod dicit dignitatem quae principalius respicit formam”.<br />

265 II Sent., d. 3, p. 1, a. 2, q. 3 concl. (II, 109 b): “Rursus, quomodo forma sit tota et praecipua causa<br />

numeralis distinctionis, valde difficile est capere, cum omnis forma creata, quantum est de sui natura, nata sit<br />

habere aliam similem, sicut et ipse Philosophus dicit etiam in sole et luna esse. Vel quomodo dicemus, duos<br />

ignes differre formaliter, vel etiam alia, quae plurificantur et numero distinguuntur ex sola divisione continui,<br />

ubi nullius est novae formae inductio?”. Vgl. Aristoteles, Metaph., VII, 55 (VI, c. 15); De caelo et mundo, I,<br />

92 (Kap. 9).<br />

110

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!