1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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liegen, müßten wir daraus schließen, daß es keine Wahrheit gebe oder daß diese doch zumin<strong>des</strong>t<br />
nicht erreichbar sei. 389<br />
2. 1. <strong>Die</strong> Seele und das Gute: Capax Dei per amorem<br />
<strong>Die</strong> Eingangsfrage ließe sich so stellen: Worin besteht die Spur bzw. die Präsenz <strong>des</strong><br />
Transzendentalen gut innerhalb der Seele? Auch hier, so sei vorweg gesagt, kann der Einfluß <strong>des</strong><br />
Bonum <strong>als</strong> Zweckursache nicht übergangen werden, sofern es die moralischen Handlungen auf<br />
einen Zweck hinordnet, der in der unumgrenzten Glückseligkeit besteht, d.h. im Streben nach der<br />
Liebe zu Gott. <strong>Die</strong>ses Streben konkretisiert sich im Menschen aus den seelischen Fähigkeiten,<br />
genauer noch aus dem Zusammenwirken von Intelligenz und Willen. Erst wenn die Seele ihre<br />
Erkenntnis und Liebe auf Gott lenkt -im Sinne von ausrichten und hinordnen-, schaffe sie in sich<br />
die elementaren Voraussetzungen dafür, daß sie Ebenbild der göttlichen Trinität sein kann.<br />
In der Distinctio 27 seines Sentenzen-Kommentars spricht Bonaventura das Thema vom<br />
unsichtbaren Auftrag <strong>des</strong> Heiligen Geistes an, mit dem dieser die göttlichen Gaben gewährt. In<br />
diesem Kontext erscheint auch die Frage nach der Gabe der Nächstenliebe, die je<strong>des</strong> geschaffene<br />
Wesen besitze, insofern es Willens- und Erkenntnisfähigkeit ausübe. <strong>Die</strong> erste quaestio zur oben<br />
besagten Unterscheidung befaßt sich mit der Erklärung, daß der Habitus der Nächstenliebe, vor<br />
seiner Einsetzung in das Geschöpf, <strong>als</strong> solcher auch geschaffen werden muß (praeter caritatem<br />
increatam poni debet caritas, quae est habitus creatus et animam informans). Da das Wesen der<br />
Caritas nun die Güte ist, wird die Nächstenliebe die Güte <strong>des</strong> rationalen Geschöpfes sein und, <strong>als</strong><br />
deren Ausübung, auch seine formale Vollendung, zumal sie die rationale Seele auf das ewige Leben<br />
hinordnet und veranlagt, insofern dieses theologisch <strong>als</strong> der Ort unumschränkter Seligkeit gilt. 390<br />
Hier wird sichtbar, in welchem Maße die Präsenz der transzendentalen Güte mit der konkreten<br />
Wirklichkeit <strong>des</strong> geschaffenen Wesens verschmolzen ist und <strong>des</strong>sen letzten Zweck bedeutet; und<br />
zwar so sehr, daß der Begriff der Güte an sich, auf die Kreatur bezogen, von Bonaventura <strong>als</strong><br />
389 Vgl. dazu das Verhältnis der Gleichheit, das Bonaventura zwischen dem Licht der Seele und ihrer Wahrheit<br />
herstellt, sowie die logische Notwendigkeit der letzteren: In Hexaem., IV, 1 (V, 349): “Omnes, qui fuerunt in lege<br />
naturae, ut Patriarchae, Prophetae, philosophi, filii lucis fuerunt. Lux animae veritas est; haec lux nescit<br />
occasum. Ita enim fortiter irradiat super animam, ut etiam non possit cogitari non esse nec exprimi, quin homo<br />
sibi contradicat: quia, si veritas non est, verum est, veritatem non esse; et si aliquid est verum, verum est<br />
veritatem esse: ergo si veritas non est, veritas est”.<br />
390 Vgl. I Sent., d. 17, p. 1, a. unic., q. 1 (I, 292 ff).<br />
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