1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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Glaubens ergreift, der ihr zu Hilfe kommt und mit ihr zusammen nach einer Erklärung der Welt und<br />
ihrer metaphysischen Prinzipien sucht, so vollkommen und befriedigend wie das möglich ist, aber<br />
stets unter der Anleitung der Heiligen Schrift. Mit anderen Worten: für Bonaventura muß die<br />
Philosophie, die schließlich die tiefsten Fragen der Metaphysik behandelt hat, sich mit einem<br />
definitiven - fast könnte man meinen, definitorischen - Ja oder Nein zu den Lösungen entscheiden,<br />
welche die christliche Offenbarung bietet. Bonaventuras Denken richtet sich daher auf das Sein der<br />
Welt im Gegenlicht <strong>des</strong> trinitarischen <strong>Seins</strong>.<br />
Es darf <strong>des</strong>halb behauptet werden, daß Bonaventura bei dem Gegensatz Verstand-Glaube<br />
beide für notwendig erachtet, wenn auch stets aus der Sicht <strong>des</strong> <strong>theologische</strong>n a priori: zuerst der<br />
Glaube, danach die Verstan<strong>des</strong>einsichten. Doch scheint der entscheidende Punkt genau darin zu<br />
liegen, daß dieser geforderte Glaube, ohne etwas von seinem eigenen Wesen zu verlieren, vom<br />
Verstand angegriffen und bearbeitet wird und auf diese Weise eine gewisse Verstehbarkeit erhält. 38<br />
Das Mysterium der Trinität liegt jenseits der natürlichen Ratio, d.h. einer erworbenen Kenntnis,<br />
jedoch nicht jenseits der durch den Glauben erhöhten Ratio, die zudem mit der Gabe der<br />
Wissenschaft und <strong>des</strong> Verstan<strong>des</strong> ausgestattet ist. Der Glaube ist notwendig, weil dem Menschen<br />
nur durch ihn die Zustimmung zur geoffenbarten Wahrheit möglich wird; die Gaben der<br />
Wissenschaft -dazu zählt die Philosophie- sind aber ebenso notwendig, weil ohne sie die Einsicht in<br />
das vom Glauben Gesagte unmöglich wird; denn ohne diese ist es unmöglich, sich die raison d'être<br />
jener Aussagen und ihr letztes Warum vorzustellen. 39 Der Glaube ist zwar Besitz, doch zugleich<br />
auch Suche, und dadurch wird das wissenschaftliche Instrumentarium in seiner Gesamtheit<br />
relevant. 40<br />
<strong>Die</strong>se Verbindung von Glauben und Denken führt in einen Bereich jenseits <strong>des</strong>sen, was wir<br />
Wissenschaft nennen, und hin zu dem, was bei Bonaventura Weisheit heißt. Sämtliche Erkenntnisse<br />
werden von der sapientia umgrenzt, die dann das Gebiet der umfassendsten und herausragendsten<br />
Erkenntnis darstellt, weil sie zugleich das Ziel je<strong>des</strong> wissenschaftlichen Wissens ist. Genauso wird<br />
38 In Sent. I, proem., q. 2, ad. 5 (I, 11 b): “Quod objicitur quod credibile est supra rationem, verbum est, supra<br />
rationem quantum ad scientiam adquisitam, sed non supra rationem elevatam per fidem et per donum scientiae<br />
et intellectus. Fi<strong>des</strong> enim elevat ad assentiendum; scientia et intellectus elevant ad ea quae credita sunt<br />
intelligendum”.<br />
39 In Sent. III, d. 35, q. 3, ad. 6 (III, 779 b): “Sed ulterius donum intellectus illuminat ad intelligendum non<br />
solum quid est quod per nomen dicitur sed ad videndam rationem quod Trinitas debeat esse in Deo, per hoc<br />
quod videt in ipsa imagine egressum verbi a mente per viam generationis, et amoris ab utroque per viam<br />
conexionis”.<br />
40 Vgl. O. González, Misterio trinitario y existencia humana, Madrid (1965) S. 103 ff; P. Bianchi, Doctrina<br />
Sti. Bonaventurae de analogia universali, Zara (1940).<br />
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