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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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vorgeführt wird. Mit anderen Worten kann der intellectus agens die sich von ihm unterscheidende<br />

Wirklichkeit, das andere, nicht verstehen, wenn er nicht über die Hilfe der species verfügt, die sich,<br />

aus dem Bild abstrahiert, mit dem Intellekt verbindet. Auf diese Weise arbeiten beide Intellekte<br />

zusammen, und die Tätigkeit <strong>des</strong> einen wäre ohne die Mitwirkung <strong>des</strong> anderen unmöglich. 358<br />

Es stimmt wohl, wie Vanni Rovighi sagt, daß Bonaventura nicht eindeutig anzugeben<br />

scheint, worin nun die eigentliche Funktion <strong>des</strong> intellectus agens besteht, ob darin, den Gegenstand<br />

durch Abstrahierung seiner formalen Wesenheit intelligibel zu machen, oder darin, unmittelbar zu<br />

erkennen, oder sogar bei<strong>des</strong>. <strong>Die</strong> Tatsache, daß Bonaventura selbst später, in einem Bezug auf die<br />

Theorie, welche die Existenz von in die Seele eingeborenen Ideen zuläßt, diese Art <strong>des</strong> Innatismus<br />

ablehnt -weil dieser den Ausführungen <strong>des</strong> Aristoteles zur Seele <strong>als</strong> einer tabula rasa widerspreche,<br />

die neue Erkenntnisse allein aus der Erfahrung erhalte- bestärkt die Möglichkeit, daß die dritte<br />

erwähnte Funktion wirklich der spekulativen Position <strong>des</strong> franziskanischen Denkers am nächsten<br />

kommt. Es sei noch daran erinnert, wie für manche Anhänger der Theorie von den angeborenen<br />

Ideen, nach der der intellectus agens <strong>als</strong> Habitus aller Intelligiblen gilt, die Ansicht geläufig ist,<br />

derzufolge unser Verstand, in angeborener Weise, alle universellen Begriffe in sich tragen würde.<br />

Und gerade dieses widerspricht der von Aristoteles vertretenen These. 359<br />

Wenn man dagegen die Theorie annimmt, die den intellectus agens zwar <strong>als</strong> Habitus<br />

betrachtet, aber nicht insofern er alle Begriffe in actu enthält, sondern <strong>als</strong> potentia habitualis, dann<br />

heißt dies: <strong>Die</strong> Befähigung, die universellen Begriffe virtuell zu enthalten, zumal -wie der Pseudo-<br />

Dionysius behauptet- die intelligenten Substanzen wie „Lichter“ seien, d.h., daß die<br />

Vollkommenheit und die Erfüllung der Verstan<strong>des</strong>substanz das in seinem Inneren befindliche<br />

Geisteslicht sei. Genau dieses Licht bezeichnet Aristoteles mit dem Namen intellectus agens. <strong>Die</strong><br />

Arbeit <strong>des</strong> Abstrahierens, die der tätige Verstand ausführt, bestehe mithin in der Erhellung <strong>des</strong><br />

intelligiblen Aspekts der phänomenischen Wirklichkeit; und das könne er nur erreichen, weil er von<br />

vornherein schon ein Licht in sich trägt, das alles Intelligible virtuell enthält. Deshalb kann man mit<br />

Bonaventura auch sagen, der aktive Verstand abstrahiere und erkenne zugleich, weil dieses<br />

Erkennen ein virtuelles ist. Dennoch muß beachtet werden, daß dieses angeborene Licht <strong>des</strong><br />

Verstan<strong>des</strong> nicht hinreicht, um die Erkenntnis der notwendigen Wahrheiten zu erklären. Das führt<br />

358 ibid.,: “Similiter nec intellectus agens est omnino in actu; non enim potest intelligere aliud a se, nisi<br />

adiuvetur a specie, quae abstracta a phantasmate intellectui habet uniri. Unde nec possibilis intelligit sine<br />

agente, nec agens sine possibili”. Vgl. F. d’ Eijsden, La distinction de la substance et de ses puissances<br />

d’operation d’après St. Bonaventure, in: Etud. Franc., 2 (1951) S. 5-23; 147-171.<br />

359 Vgl. S. Vanni Rovighi, San Bonaventura, op.cit., S. 77-80.<br />

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