1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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Gottes <strong>als</strong> Urbild und die <strong>des</strong> <strong>Seins</strong> der Dinge <strong>als</strong> Abbilder zum Muster zu nehmen. <strong>Die</strong> von<br />
Bonaventura vorgenommene Verwendung der Analogie -und hier wird der aristotelische Beitrag<br />
bedeutsam- geschieht vor allem anderen nach der Maßgabe einer methodischen Position: Zwar<br />
muß die Analogie verwendet werden, aber man darf nicht dabei bleiben, sondern muß an die<br />
Wurzeln <strong>des</strong> exemplaristischen Denkens vordringen.<br />
<strong>Die</strong>se Annäherung von Analogie und Exemplarismus erreicht ein erhebliches Ausmaß im<br />
Hinblick auf die menschliche Seele, zumal, wie wir später noch sehen werden, die Ähnlichkeiten<br />
zwischen der Seele und Gott so bedeutungsvoll sind, daß der Begriff der Analogie in diesem<br />
exemplaristischen Sinne ins Zentrum von Bonaventuras anthropologischer Auffassung tritt. 47<br />
Das grundlegende Verhältnis von Analogie und Urbild-Abbild-Theorie wird deutlich<br />
erkennbar in den Collationes in Hexaemeron, wo Bonaventura bereits in der ersten Collatio seine<br />
Absicht darlegt, zu zeigen, wie Christus <strong>als</strong> „medium“ ist, <strong>als</strong> Vermittler zwischen Gott und den<br />
Menschen und <strong>als</strong> medium (Mitte) aller Wissenschaften. Er ist dies, weil jemand, wenn er zur<br />
Erkenntnis der christlichen Weisheit gelangen möchte, bei dem anfangen muß -so sagt<br />
Bonaventura, was in der Mitte von allem ist, d.h. den zentralen bzw. den Hauptort. Christliche<br />
Weisheit bedeutet hier die volle Erkenntnis <strong>des</strong> weltlichen <strong>Seins</strong>, Erkenntnis nicht nur in Hinsicht<br />
auf das, was das Sein an sich ist, sondern auch <strong>des</strong>sen Erkenntnis <strong>als</strong> geschaffenen <strong>Seins</strong>, d.i. in<br />
Betrachtung seines ersten und letzten, <strong>onto</strong>logisch tragenden Grun<strong>des</strong>. 48 Und dieses medium ist<br />
Mitte für sieben Wissenschaften: Metaphysik (Wesen), Physik (Natur), Mathematik (Entfernung),<br />
Logik (Lehre), Ethik (Mäßigung oder Tugend), Politik bzw. Rechtwissenschaft (Gerechtigkeit)<br />
und Theologie (Einigkeit). 49<br />
Wie zu bemerken, nimmt in diesem Ganzen der Wissenschaften die Metaphysik die erste<br />
Stelle ein, womit Bonaventura zu verstehen gibt, daß jegliche Forschung zur Wirklichkeit der<br />
46 Itin., II, 12 (V, 303 b): “Omnis enim creatura ex natura est illus aeternae sapientiae quaedam effigies et<br />
similitudo”.<br />
47 Vgl. E. Gilson, La philosophie... op.cit., S. 225 ff ; E. Przywara, Analogia entis, München (1932) S. 65-69.<br />
48 In Hexaem, I, 10 (V, 330 b - 331 a): “Circa secundum nota, quod incipiendum est a medio, quod est<br />
Christus. Ipse est mediator Dei et hominum est, tenens medium in omnibus, ut patebit. Unde ab illo<br />
incipiendum necessario, si quis vult venire ad sapientiam christianam [...] Si ergo ad notitiam creaturae<br />
perveniri non potest nisi per id, per quod facta est; necesse est, ut verbus verax praecedat te, in Ecclesiastico”.<br />
Vgl. A. Gerken, Theologie <strong>des</strong> Wortes. Das Verhältnis von Schöpfung und Incarnation bei Bonaventura,<br />
Düsseldorf (1961) S. 254-270; 335-351; A.M. Landgraf, Dogmengeschichte der Frühscholastik. Zweiter Teil:<br />
<strong>Die</strong> Lehre von Christus, Band I Regensburg (1953).<br />
49 In Hexaem., I, 11 (V, 331 a): “Propositum igitur nostrum est ostendere, quod in Christo sunt omnes thesauri<br />
sapientiae Dei absconditi, et ipse est medium omnium scientiarum. Est autem septiforme medium, scilicet<br />
essentiae, naturae, distantiae, doctrinae, mo<strong>des</strong>tiae, iustitiae, concordiae. Primum est de consideratione<br />
metaphysici, secundum physici, tertium mathematici, quartum logici, quintum ethici, sextum politici seu<br />
iuristarum, septimum theologi”.<br />
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