16.05.2014 Aufrufe

1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

1. 4. Der gnoseologische Aspekt der reductio plena<br />

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, daß für Bonaventura keine menschliche Wahrheit <strong>als</strong><br />

Gewißheit ohne Gottes unmittelbare Mitwirkung entstehen kann. Dem ist so, weil alle Erkenntnis<br />

letztendlich von der Rückführung der Urteile unserer Denkkraft abhängt, die das Urteil von<br />

Bedingung zu Bedingung führt, bis sie zu den exemplarischen Gründen gelangt, die <strong>des</strong>sen<br />

Notwendigkeit belegen bzw. <strong>des</strong>sen Evidenz bestätigen. 245 Das besagen Bonaventuras Termini<br />

reductio bzw. resolutio.<br />

Nirgendwo anders in Bonaventuras Werk wird die gnoseologische Anwendung der<br />

reductio so sichtbar wie in der abgestuften Entwicklung <strong>des</strong> Itinerarium mentis in Deum.<br />

Eigentlich bildet die Rückführung einen Teil der Dialektik und besteht in einem Gang vom<br />

Konkreten zum Abstrakten, womit sie ein Gegengewicht zur divisio schafft, die den<br />

entgegengesetzten Weg geht. <strong>Die</strong>se ursprünglich platonische Methode, die auch Thomas in den<br />

„fünf Wegen“ nutzt, erhält bei Bonaventura eine Verwendung nicht nur <strong>als</strong> Technik, mit der die<br />

Seele zu ihrem Urgrund zurückkehrt, sondern sie erfährt, wegen <strong>des</strong> theologisch-metaphysischen a<br />

priori, eine Ausdehnung auf die ganze Wirklichkeit, wobei die Wesenheiten und deren Erkenntnis<br />

durch das Denken in einer selben Ordnung koexistieren. 246<br />

<strong>Die</strong> regelhaften Eigenschaften der urbildlichen Ideen bewegen die menschliche Einsicht<br />

dazu, gewisse Phänomengattungen <strong>als</strong> den Gesetzen einer anderen Phänomengattung unterworfen<br />

anzusehen, insofern die Gesetze der letzteren klarer bestimmt oder präziser sind. In den<br />

Naturwissenschaften etwa läßt sich diese Methode einsetzen, wenn man organische Erscheinungen<br />

auf die Gesetze von physikalischen Phänomenen zurückführt und dann diese <strong>als</strong> den Gesetzen<br />

mechanischer Erscheinungen unterworfen betrachtet.<br />

<strong>Die</strong> Rückführung erfüllt in Bonaventuras Denken einen doppelten Zweck: den, das<br />

Unvollkommene zum Vollkommenen zu erheben, sowie den, das Unvollständige zum<br />

Vollständigen zu führen. <strong>Die</strong> reductio <strong>des</strong> Unvollkommenen auf das Vollkommene wird deutlich<br />

245 Itin., III, 4 (V, 305 a): “...igitur in iudicando deliberativa nostra pertingit ad divinas leges, si plena<br />

resolutione dissolvat”.<br />

246 De reduc. artium., 23 (V, 325 a): “Necesse est etiam ponere medium in egressu et regressu rerum”. Vgl.<br />

Th. Engemann, Erleuchtungslehre <strong>als</strong> resolutio und reductio nach Bonaventura, in: Wissenschaft und Weisheit,<br />

1 (1934) S. 211-242.<br />

102

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!