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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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<strong>Die</strong>se Lehre besteht im wesentlichen darin, daß die Präsenz notwendiger Wahrheiten im<br />

menschlichen Denken durch unmittelbare Einwirkung der göttlichen Ideen auf unseren Verstand<br />

erklärt wird. Bonaventura entwickelt diese Erklärung von der Frage aus, wie für den menschlichen<br />

Verstand eine absolut gewisse Erkenntnis (certitudinalis cognitio) möglich sei. Eine solche<br />

Erkenntnis weise zwei Merkmale auf: Sie sei unwandelbar in Hinsicht auf den erkannten<br />

Gegenstand, und unfehlbar in Hinsicht auf das erkennende Subjekt. Doch verhalte es sich so, daß<br />

weder der Mensch ein mit Unfehlbarkeit in seinen Erkenntnissen begabtes Subjekt ist, noch daß die<br />

Gegenstände, die er zu erkennen vermag, in ihrem Wesen unveränderbar sind. Bonaventura schließt<br />

daraus, daß, wenn der Menschenverstand dennoch Verstan<strong>des</strong>gewißheiten kennt, dies darauf<br />

beruht, daß die göttlichen Ideen -<strong>als</strong> unwandelbare Intelligible- den Verstand <strong>des</strong> Menschen in<br />

seiner Erkenntnis der besagten Gegenstände erleuchten. 363<br />

Das Verhältnis von Wahrheit und Licht steht im Mittelpunkt seiner exemplaristischen<br />

Theorie: ipsa divina veritas est lux. 364 Wie bereits gesehen, wird die Transzendentale Wahrheit<br />

dem Logos Gottes zugeeignet; in diesem Sinne bedeutet Wahrheit die Ratio <strong>des</strong> Erkennens sowie<br />

auch das Sein der Dinge selbst, nachdem die Wirklichkeit insgesamt <strong>als</strong> Ausdruck <strong>des</strong> göttlichen<br />

Logos entstanden ist. Daher ist je<strong>des</strong> Sein, wenn es einmal existiert, auch wahr. Doch die Wahrheit,<br />

wie die Einheit und die Güte, welche die allgemeinen Bedingungen <strong>des</strong> <strong>Seins</strong> darstellen, kommen in<br />

vollkommener Weise auch nur im vollkommenen Sein vor, im reinen Akt und ohne jede Beigabe<br />

einer Potenz. Und um diese in den geschaffenen Wesen zu finden, müsse der Verstand in ihnen den<br />

Einfluß <strong>des</strong> ersten <strong>Seins</strong> in Betracht ziehen. 365 Deshalb ermögliche gerade diese regulierende<br />

Einwirkung der Ideen, daß wir an den Dingen nicht nur sehen, daß sie sind, und die Weise<br />

erkennen, in der sie ihre Existenz entfalten, sondern außerdem noch, daß wir die Fähigkeit besitzen,<br />

beim Erkennen der Dinge ein Werturteil darüber abzugeben, was diese sein sollten. 366 Wenn wir<br />

den Ansatz in Gestalt <strong>des</strong> vorigen Abschnitts annehmen, dann könnte man sagen, Bonaventura<br />

finde einerseits, daß der sog. intellectus agens eigentlich kein Verstand im reinen Handeln ist,<br />

sondern mit Potenz vermischt; und andererseits wissen wir ebenfalls aufgrund der aristotelischen<br />

Tradition, daß alles, was sich in Potenz befindet, erst über den Einfluß eines weiteren Seienden in<br />

inferior rationis in the writings of St. Bonaventure, in: Franciscan Studies, 15 (1955) S. 332-349; Ch. N.<br />

Foshee, St. Bonaventure and the augustinian concept of mens, ibid., 27 (1967) S. 173-175.<br />

363 Vgl. H. Blumenberg, Licht <strong>als</strong> Metapher der Wahrheit, in: Studium Generale, 10 (1957) S. 432-447.<br />

364 Sc.Chr., q. 3, concl. (V, 14 a) Vgl. K. Hedwig, Sphaera lucis. Studien zur Intelligibilität <strong>des</strong> Seienden im<br />

Kontext der mittelalterlichen Lichtspekulation, BGPhThMA N.F. 18, Münster (1980).<br />

365 Vgl. Hl. Augustinus, De vera religione, 11, 21; 36, 66; 55, 113 (PL 34, 131, 151, 172).<br />

366 Vgl. E. Gilson, History of Christian Philosophy..., op.cit., S. 337.<br />

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