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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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Daß Bonaventura das Thema der Erkenntnisfähigkeiten <strong>als</strong> zwar verschiedene Seiten<br />

angeht, die zusammen aber ein einheitliches Ganzes (die Seele) bilden, zwingt uns dazu, die Art und<br />

Weise zu erwähnen, wie die Frage <strong>des</strong> intellectus agens bzw. possibilis gelöst wird. Denn der eine<br />

wie der andere stellen für den Seraphicus eigene Teile der Seele dar. Er läßt wohl die im<br />

akademischen Kontext vorhandene allgemeine Lehre zu, der gemäß zwischen beiden Intellectus<br />

unterschieden wird, doch erörtert er die Art, in der diese Unterscheidung zu verstehen sei, sowie<br />

das Wesen <strong>des</strong> einen und <strong>des</strong> anderen Verstan<strong>des</strong>, und er trägt seine Lösung zu diesem Thema vor,<br />

nachdem er in einer Synthese die Ansichten dargelegt hat, von denen er abweicht.<br />

In der Weise kann die Ansicht, der zufolge nicht nur zwischen dem einen und dem anderen<br />

Verstand unterschieden wird, sondern beide auch noch derart für sich dastehen, daß der intellectus<br />

agens einer von der Seele getrennten Intelligentia verhaftet bleibt, während die Seele allein die<br />

Fähigkeit <strong>des</strong> possibilis in sich aufnehmen darf, Bonaventura aufgrund <strong>des</strong> hohen Stellenwerts nicht<br />

befriedigen, den in seiner Lehre die menschliche Seele mit ihrer engen Beziehung der<br />

Unmittelbarkeit zu Gott erhält. 438 <strong>Die</strong>se Unmittelbarkeit bedingt an sich nämlich die Unmöglichkeit,<br />

irgendeine geschaffene Substanz zu postulieren, die zwischen der Seele und Gott vermitteln könnte,<br />

gleich welche Funktion sie ihr gegenüber auch hätte. Wenn Gott nun über die ewigen Rationes die<br />

Seele und ihre Erkenntnis der Welt unmittelbar erleuchtet, so ließe sich sagen, Gott sei handelnder<br />

Verstand und die Seele nur possibilis; doch diese Lösung wird von Bonaventura ebenfalls<br />

verworfen, weil sie, wenn auch in anderer Weise, die von dem voraufgehenden Ansatz geschaffene<br />

Lage nicht aufhebt, bei der wir zwei getrennte Substanzen vorfinden würden. Ein dritter Ansatz<br />

läge in der Heranziehung <strong>des</strong> universellen Hylemorphismus, der den passiven Verstand mit dem<br />

Stoff der Seele gleichsetzt und den aktiven mit ihrer Form. Aber diese Möglichkeit würde, obwohl<br />

438 Itin., III, 3 (V, 304 b): “Intellectum vero illationis tunc veraciter percipit noster intellectus, quando videt,<br />

quod conclusio necessario sequitur ex praemissis; quod non solum videt in terminis necessariis, verum etiam in<br />

contingentibus, ut: si homo currit, homo movetur. Hanc autem necessariam habitudinem percipit non solum in<br />

rebus entibus, verum etiam in nonentibus. Sicut enim, homine existente, sequitur: si homo currit, homo<br />

movetur; sic etiam, non existente. Huismodi igitur illationis necessitas non venit ab existencia rei in materia,<br />

quia est contingens, nec ab existentia rei in anima, quia tunc esset fictio, si non esset in re: venit igitur ab<br />

exemplaritate in arte eterna, secundum quam res habent aptitudinem et habitudinem ad invicem secundum<br />

illius aeternae artis repraesentationem... Ex quo manifeste apparet, quod coniunctus sit intellectus noster ipsi<br />

aeternae veritati, dum non nisi per illam docentem nihil verum potest certitudinaliter capere”; vgl.<br />

Augustinus, De vera relig., XXXIX, 72: “Noli foras ire, in te ipsum redi, in interiore homine habitat veritas;<br />

et si tuam naturam mutabilem inveneris, trascende et te ipsum. Sed memento, cum te transcendis,<br />

ratiocinantem animam te trascendere. Illuc ergi tende, unde ipsum lumen rationis accenditur. Quo enim<br />

pervenit, omnis bonus ratiocinator nisi ad veritatem?, cum ad se ipsam veritas non utique ratiocinando<br />

perveniat, sed quod ratiocinantes appetunt ipsa sit”. Vgl. E. Gilson, La philosophie de Saint Bonaventure,<br />

op.cit., S. 291 ff.<br />

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