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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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jeder Gegenstand <strong>als</strong> solcher entweder von Natur aus oder dem Verstand nach oder aber dem<br />

Willen gemäß existiert. Hier wird wieder die Abgrenzung jeweils eines Bereichs der Dinge, <strong>des</strong><br />

Diskurses und <strong>des</strong> moralischen Handelns deutlich sichtbar. 62<br />

Wenn der Philosoph diese dreifache Wahrheit nun allein vom Prinzip <strong>des</strong> Subjekts und <strong>des</strong><br />

Objekts her betrachtet, dann vermag er sich in der Tat von der Kontingenz der Dinge zur<br />

Erkenntnis der Ursache aller Dinge zu erheben; wenn dazu aber der Glauben hinzutritt, dann<br />

vermag das natürliche Denken zu begreifen, daß der Grund <strong>des</strong> <strong>Seins</strong> im Vater wurzelt, der Grund<br />

<strong>des</strong> Verstehens im Sohn und die Ordnung <strong>des</strong> Lebens im Heiligen Geist. <strong>Die</strong>se Bezugnahme<br />

gestattet es Bonaventura, eine gemäß den in der Seele vorhandenen trinitarischen Spuren (den<br />

vestigia trinitatis) strukturierte Anthropologie zu entwerfen, und in Bezug darauf auch den<br />

trinitarischen Bau der Welt insgesamt sowie <strong>des</strong> in uns vorhandenen natürlichen Wissens darüber<br />

leichter auszuführen. 63<br />

Unsere Ausgangsfrage besteht <strong>als</strong>o darin, ob der Gebrauch der auf das Verstehen Gottes<br />

und der Welt gerichteten Vernunft, der zur unbedingten Voraussetzung und Grundlage den<br />

Glauben <strong>als</strong> Gnadengabe hat, nicht schon eine Theologie ist. Oder anders gesagt: Was sind nun<br />

Eigenwert und Zweck der Philosophie, wenn die Theologie, sich selbst genügt und die gesamte<br />

Wirklichkeit erklären kann? Grundsätzlich annehmbar scheint wohl, daß ein christlicher Theologe<br />

<strong>des</strong> Mittelalters den Vorrang der <strong>theologische</strong>n Wissenschaft vor allem übrigen Wissen vertritt, und<br />

sogar, daß er auf die Möglichkeit einer Veredelung anderer Wissensformen verweist, falls sie sich<br />

der allumfassenden Zwecksetzung <strong>des</strong> Glaubens unterordneten. Uns interessiert jedoch die Frage,<br />

warum es in der Scholastik <strong>des</strong> 13. Jahrhunderts auch weiterhin Philosophie -im Sinne einer<br />

umfassenden Erklärung der Welt und ihrer metaphysischen Prinzipien, allein aufgrund der Kräfte<br />

der natürlichen Vernunft- geben soll, wo die Theologie doch dasselbe erklären kann und muß, was<br />

die Philosophie erklärt.<br />

Wir werden sehen, daß die Bedeutung der Philosophie bei Bonaventura darauf beruht, daß<br />

es ein Schema zur Erklärung der Wirklichkeit entwickelt, das die vestigia für den Zugang zur<br />

Erkenntnis Gottes verwendet. Und diese vestigia sind nichts anderes <strong>als</strong> die Seienden selbst,<br />

comparatione ad interpretativam, et sic est veritas vocum; aut in comparatione ad affectivam et motivam, et sic<br />

est veritas operabilium”.<br />

62<br />

Vgl. B. Geyer, und F. Ueberwegs, Grundriss der Geschichte der Philosophie, Zweiter Teil: <strong>Die</strong><br />

patristische und scholastische Philosophie, Basel/Stuttgart (1960) S. 429 ff.<br />

63 In Hexaem., IV, 5 (V, 349 b): “Ergo secundum principium, subiectum et obiectum est triplex radius<br />

veritatis in anima, per quem anima possit elevari ad perpetua, et etiam ad causam omnium; sed si addatur<br />

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