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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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Nach Augustin ist die visuelle Wahrnehmung eines Subjekts eine zweifache: die eine ist die<br />

Sicht <strong>des</strong> sehenden, die andere die <strong>des</strong> denkenden Subjekts. Zunächst erhielten wir ein körperhaftes<br />

Abbild <strong>des</strong> sinnlich wahrnehmbaren Gegenstands, aus dem das Bild im Gesichtssinn entsteht;<br />

danach formt sich das Abbild im Gedächtnis und zuletzt das im Denken -was eine Gesamtheit von<br />

vier Bildern macht. 465 Im letzten Bild oder in der Ansicht <strong>des</strong> Denkens nun finden wir das vor, was<br />

für Bonaventura die intentionale Wirklichkeit der Sinneswelt wäre, im Gegensatz zu deren äußerer<br />

Wirklichkeit. Das sinnliche Wahrnehmungsvermögen gliedert sich demnach in ein äußeres und ein<br />

inneres, wobei das erstere die fünf äußeren Sinne umfaßt und das zweite die gemeinsamen<br />

Sinneswahrnehmungen. <strong>Die</strong> Seele teilt dem Körper den Sinnesakt mit; und die körperlichen Sinne<br />

sind nur Verzweigungen der Seele, deren Kraft sich auf jeden von ihnen erstreckt und durch den<br />

sensus communis hindurchgeht. 466<br />

Das Sinnesvermögen würde dieser psychologischen Auffassung zufolge einen<br />

Doppelcharakter tragen: Einerseits ist es passiv, weil es die Information der Sinne nur aufnimmt;<br />

und andererseits ist es aktiv, weil es sich in seiner Einheit nicht von der Verstan<strong>des</strong>fähigkeit<br />

unterscheidet und <strong>des</strong>halb in seiner Wirksamkeit den Gegenstand erfassen und beurteilen kann. Da<br />

es sich hier um verschiedene Ebenen einer und derselben Befähigung handelt, bleibt der sensitive<br />

Aspekt (aspectus bzw. officium) eng an die höhere Seelentätigkeit (spiritus bzw. mens) gebunden<br />

Substanz Vorausgehende wird notwendigerweise wieder eine Substanz sein. Demnach ist eindeutig, daß es viele<br />

weitere von Natur aus ewige und an sich unbewegliche Substanzen geben muß, die aus dem vorher genannten Grund<br />

ohne Ausdehnung sind. Daher <strong>als</strong>o ist klar, daß es sich um Substanzen handelt und daß die eine von ihnen primär,<br />

die andere sekundär ist, gemäß eben der Ordnung in den Bewegungen der Gestirne“. Unbeschadet <strong>des</strong>sen, daß<br />

Bonaventura über den Begriff der creatio ex nihilo verfügt, in den schon Elemente der Offenbarung eingehen, und<br />

daß dies in offenem Widerspruch zur aristotelischen Lehre von der Ewigkeit der Welt steht, können wir erkennen,<br />

wie das Denken <strong>des</strong> franziskanischen Lehrers auch deduktive Strukturen <strong>des</strong> Peripatos zuläßt, und zwar nicht <strong>als</strong> bloß<br />

exemplifizierende Anspielungen modo scholastico, sondern vielmehr <strong>als</strong> Vernunftargumente, die es übernimmt und<br />

durch die es die philosophische Reflexion in die gesamte Lehre einfügt.<br />

465 De Trinit., XI, 9, 16: “In hac igitur distributione cum incipimus a specie corporis, et pervenimus usque ad<br />

speciem quae fit in contuitu cogitantis, quatuor species reperiuntur quasi gradatim natae altera ex altera:<br />

secunda, de prima, tertia, de secunda, quarta, de tertia. A specie quippe corporis quod cernitur, exoritur ea<br />

quae fit in sensu cernentis; et ab hac, ea quae fit in memoria; et ab hac, ea quae fit in acie cogitantis [...]<br />

Visiones enim duae sunt: una, sentientis; altera, cogitantis: ut autem possit esse visio cogitantis, ideo fit in<br />

memoria de visione sentientis simile aliquid, quo se ita convertat in cogitando acies animi, sicut se in cernendo<br />

convertit ad corpus acies oculorum”.<br />

466 II Sent., d. 25, p. II, a. unic., q. 6, concl. (II, 622 a-b): “Actum sentiendi dicitur communicare animam<br />

corpori”; IV Sent., d. 50, p. II, a. 1, q. 1, concl. (IV, 1045 b): “Omnes sensitivae exteriores [vires] uniuntur in<br />

origine et in sensu communi et distinguuntur in organis”; Itin., II, 4 (V, 300 b): “Haec autem sensibilia<br />

exteriora sunt quae primo ingrediuntur in animam per portas quinque sensuum; intrat, inquantam, non per<br />

substantias, sed per similitudines suas primo generatas in medio et de medio in organo et de organo exteriori in<br />

interiori et de hoc in potentiam apprehensivam; et sic generatio speciei in medio et de medio in organo et<br />

conversio potentiae apprehensivae super illam facit apprehensionem omnium eorum quae exterius anima<br />

apprehendit”.<br />

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