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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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wiederzufinden. 187 <strong>Die</strong> dabei verwendete Technik oder Methode ist die der Auflösung oder<br />

Reduktion, worunter die scholastischen Theologen eine Art der umgekehrten Deduktion<br />

verstanden. Im eigentlichen Sinn bedeutet reductio den Rückbezug einer bestimmten Sache auf<br />

diejenige, aus der sie ihr eigenes Sein erhält, wie etwa bei dem Verhältnis von Akzidens und<br />

Substanz: <strong>Die</strong>se hat ihren <strong>Seins</strong>grund in sich selbst, während jenes in einem Verhältnis der<br />

Abhängigkeit zur Substanz steht.<br />

Es gibt zwei Arten der Anwendung dieser Methode der reductio: entweder im<br />

gnoseologischen oder im <strong>onto</strong>logischen Sinn. Bei der ersten Art wird die Rückführung der<br />

Wahrheit eines Urteils auf andere Urteile mit größerer Allgemeinheit durchgeführt, in einem<br />

Vorgehen über die entsprechenden einzelnen Stufen, d.h. von Bedingung zu Bedingung, bis eine<br />

Stufe höchster Evidenz erreicht ist. Bei der <strong>onto</strong>logischen Rückführung hingegen geht es darum,<br />

die metaphysische Verbundenheit eines jeden Wesens mit <strong>des</strong>sen verursachendem Prinzip<br />

herzustellen. Gesucht wird, worin die Begründung für ein konkretes Seien<strong>des</strong> liegt. So gesehen soll<br />

die reductio für Bonaventura viel mehr <strong>als</strong> eine bloße Technik oder ein operatives<br />

Theoriewerkzeug sein; sie wird vor allem der Schlüssel sein, mit dem sich die Rückkehr der<br />

geschaffenen Welt zu Gott <strong>als</strong> fontalis plenitudo erklären läßt. 188 Bonaventura gebraucht den<br />

Ausdruck häufig und verwendet ihn dabei auf recht unterschiedliche Fälle. Verallgemeinert können<br />

wir bei ihm fünf Fälle der reductio ausmachen: (1) Rückführung der Prinzipien, insofern sie <strong>als</strong><br />

Substanz für solche wesentlichen konstitutiven Prinzipien gelten wie Stoff und Form; (2)<br />

Rückführung der komplementären Begriffe, wie im Fall von Leben und Existenz, die ausserhalb der<br />

Substanz nicht verständlich sind; (3) Rückführung der Tätigkeiten, sowohl <strong>als</strong> produzierende, z.B.<br />

Erzeugung, wie auch <strong>als</strong> produzierte, z.B. die Fähigkeiten der Seele; denn in beiden Fällen müssen<br />

die besagten Tätigkeiten von einer Substanz her gedacht werden; (4) Rückführung der Bilder auf<br />

die sie erzeugenden Substanzen, wie bei den durch die Dinge projizierten Spezies, die dann zur<br />

selben Gattung gehören wie die Dinge; und (5) Rückführung der Privationen auf die Habitus, die<br />

jene <strong>als</strong> solche definieren. 189<br />

187 Brev., I, 6 (V, 215): “Quia enim primum principium est nobilissimum et perfectissimum, ideo conditiones<br />

entis nobilissimae et generalissimae in eo reperiuntur in summo. Hae autem sunt unum, verum, bonum”.<br />

188 Vgl. J. G. Bougerol, Introduction á l’étude de Saint Bonaventure, Tournai (1961) S. 117-120. In Kapitel<br />

III <strong>des</strong> Itinerarium mentis in Deum führt Bonaventura eine Anwendung der reductio durch, wenn er die<br />

Spekulation um Gott durch <strong>des</strong>sen Bild entwickelt, das den natürlichen Mächten der menschlichen Seele<br />

eingeprägt ist. Vgl. dazu unten das Kapitel über die imago Dei.<br />

189 Vgl. II Sent., d. 24, p. 1, a. 2, q. 1, concl. (II, 562 b - 563 a).<br />

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