1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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aktiv, und letzteres aufgrund der rationes seminales, die deren aktive Fähigkeiten darstellen. <strong>Die</strong>se<br />
befähigen die Materie dazu, das Sein der substantiellen Formen anzunehmen. <strong>Die</strong>se Annahme von<br />
seiten der Materie erfolgt nicht unmittelbar, d.h. sie wird nicht durch die direkte Einwirkung der<br />
wirksamen Substantialformen ausgelöst, sondern sie vervollkommnen das unvollkommene Sein der<br />
in der Materie vorhandenen rationes seminales. Deswegen besteht für Bonaventura die Erzeugung<br />
von Substantialformen auch nicht in der Hervorbringung neuer Formen aus der Potenz der Materie,<br />
sondern in der Möglichkeit zur Vollkommenheit der darin vorhandenen rationes seminales.<br />
2. <strong>Die</strong> Wahrheit in re<br />
Bonaventura gliedert die Wahrheit in <strong>onto</strong>logische, exemplarische und formale bzw.<br />
logische Wahrheit. 281 Hier wollen wir uns insbesondere mit der <strong>onto</strong>logischen Wahrheit befassen.<br />
Alle geschaffene Wirklichkeit hat an der Wahrheit <strong>als</strong> Folge <strong>des</strong> Einflusses teil, den die göttliche<br />
exemplarische Kausalität auf diese ausübt. Aus der sich nach dem Wirkmodus der Wirkursache<br />
ergebenden Vorstellung einer <strong>onto</strong>logischen Dependenz wird, wie gesehen, die Auffassung von der<br />
Wirklichkeit <strong>als</strong> etwas nicht Absolutem, sondern seinem Wesen nach innerhalb <strong>des</strong> Endlichen<br />
Befangenem abgeleitet. <strong>Die</strong> den Seienden eigentümliche Wahrheit wird demzufolge keine<br />
notwendige, vollkommene, absolute, an sich unendliche Wahrheit sein, sondern ganz im Gegenteil:<br />
kontingent, unvollkommen, partiell, endlich. Wenn die dem geschaffenen Sein eigene Wahrheit<br />
nicht aus sich selbst hervorgehen kann -weil wir, falls dem so wäre, absolute Entitäten vor uns<br />
hätten-, muß gelten, daß die Wahrheit eines Dinges ihm aus der ungeschaffenen Wahrheit<br />
zukommt. Jene Wahrheit <strong>als</strong> in das Geschöpf eingesetzte wird umso mehr für sich selbst<br />
repräsentativ sein, wie dieses sein Wesen nach seiner exemplarischen Form ausrichtet, d.h. nach der<br />
göttlichen exemplarischen Ratio, der gemäß seine Realität <strong>als</strong> Geschöpf vom göttlichen<br />
Schöpferprinzip gewollt und geschaffen wurde. Mit Bonaventuras Worten: „<strong>Die</strong> geschaffene<br />
Wahrheit ist nicht dem Wesen, sondern der Teilhabe nach wahr“. 282 <strong>Die</strong> endlichen Seienden<br />
bekunden an sich selbst <strong>als</strong>o eine Wahrheit, die wir so ausdrücken können: Sie bekunden, daß sie<br />
281 <strong>Die</strong> wichtigsten Texte dazu sind: I Sent., d. 3, p. 1, dub. 7 (I, 79 b); ibid., d. 8, p. 1, a. 1, q. 1, concl. (I, 151<br />
a); II Sent., d. 30, a. 3, q. 2, concl. (II, 735 a); De Scientia Christi, q. 2, ad 9 (V, 10 a).<br />
282 I Sent., d. 8, p. 1, a .1, q. 1, ad 4-7 (I, 151 b): “...Cum dicitur quod omnia sunt vera veritate increata,<br />
ablativus dicit causam formalem-exemplarem. Omnia enim vera sunt et nata sunt se exprimere per<br />
expresionem illius summi luminis; quod si cessaret influere, cetera <strong>des</strong>inerent esse vera. Ideo nulla veritas<br />
creata est vera per essentiam, sed per participationem”.<br />
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