1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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Erkenntnisse auf ihr Quellprinzip zurückführt. <strong>Die</strong>se Bilder seien gerade die Urgründe in Gott, wo<br />
sich Unfehlbarkeit und Unwandelbarkeit <strong>des</strong> Erkennens finden. 445<br />
Schließlich ist von der auswählenden Kraft auch das Verlangen abhängig, in dem wir <strong>als</strong><br />
seine Ursache das vorfinden, was es im höchsten Maße bewegt. Im höchsten Maße aber verlangen<br />
wir nach dem, was wir am meisten lieben; doch was am stärksten angestrebt wird, ist für<br />
Bonaventura wie Aristoteles die Glückseligkeit, und da man erst glückselig wird, wenn man das<br />
Beste und das letztliche Ziel erreicht, sei das von uns am meisten Verlangte das höchste Gute bzw.<br />
auch das, was uns unmittelbar, entweder dem Anschein nach oder im echten Sinne, auf das höchste<br />
Gute verweist. Daher schließt Bonaventura auch auf eine notwendige Postulierung von <strong>des</strong>sen<br />
Wirksamkeit. 446<br />
Den Tätigkeiten der Seelensubstanz entstammten nun die vier eigentlichen Seelenkräfte, die<br />
vegetative und die sensitive, die spirituelle und die voluntative Kraft; und allein durch die späteren<br />
Verbindungen und Anlagen, die aspectus und habitus der beiden höheren Grundkräfte, ließen sich<br />
jene angeborenen und der inneren Erfahrung unmittelbar zugänglichen Seelenstrukturen erkennen,<br />
die den bereits erwähnten bonaventurischen Nativismus ausmachen. So zum Beispiel wird Freiheit<br />
<strong>als</strong> Disposition von Geist und Willen begriffen. <strong>Die</strong> Analyse der virtus <strong>als</strong> Kraft führt zu einer<br />
Analyse der virtus <strong>als</strong> Tugend; die eine wie die andere sind Strukturanalysen an Dispositionen der<br />
seelischen Potenzen.<br />
Über ihre natürlichen Kräfte finde sich die Seele, nach dem schon Gesagten, dazu befähigt,<br />
ihr Prinzip zu schauen. Doch vor Abschluß <strong>des</strong> dritten Kapitels im Itinerarium zeigt Bonaventura<br />
eine Verflechtung von Philosophie und Theologie durch das Verhältnis der besagten natürlichen<br />
Kräfte der Seele, die ja <strong>als</strong> eine und dreifache zugleich geschaffen wurde, zum <strong>theologische</strong>n Begriff<br />
<strong>des</strong> einen und dreieinigen Gottes, so daß die Erleuchtung durch die Naturphilosophie (Metaphysik,<br />
Mathematik und Physik), die Geistesphilosophie (Grammatik, Logik und Rhetorik) und die<br />
Moralphilosophie (Monastik, Haushaltung und Politik) den Weg zu einer gehobenen Betrachtung<br />
eröffnen würde, die sich nicht ohne die grundlegende Mitwirkung von deren Erleuchtung<br />
durchführen ließe. 447 Erstere würde uns, da sie vom Grunde der Existenz handelt, zum Vater<br />
445 ibid.: “...igitur in iudicando deliberativa nostra pertingit ad divinas leges, si plena resolutione dissolvat”.<br />
446 ibid.: “Tanta est vis summi boni, ut nihil nisi per illius <strong>des</strong>iderium a creatura possit amari, quae tunc<br />
fallitur et errat, cum effigiem et simulacrum pro veritate acceptat”. Vgl. Aristoteles, Etic. Nic., I, 1 ff. und<br />
Augustinus, De lib. arb., II, 9, 26.<br />
447 Itin., III, 7 (V, 305 b): “Omnes autem hae scientiae habent regulas certas et infalibiles tanquam lumina et<br />
radios <strong>des</strong>cendentes a lege aeterna in mentem nostram. Et ideo mens nostra tantis splendoribus irradiata et<br />
superfusa, nisi sit caeca, manuduci potest per semetipsam ad contemplandam illam lucem aeternam”; ibidem,<br />
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