1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...
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auf die schöpferische Trinität verweist (creatura mundi est quasi quidam liber in quo legitur<br />
Trinitas fabricatrix). 255<br />
Von allen seinen Texten zeigt uns Bonaventuras Itinerarium Gottes Gegenwart mit dem<br />
größten Nachdruck und aus einer Vielfalt der Gesichtspunkte, ohne uns <strong>als</strong>o auf eine einzige Weise<br />
der Wahrnehmung Gottes in jedem einzelnen Wesen beschränken zu wollen. Im Grunde handelt es<br />
sich um eine Frage der Einstellung zur Wirklichkeit, der Offenheit <strong>des</strong> Blicks. <strong>Die</strong> Herrlichkeit der<br />
Geschöpfe offenbart uns Gott, falls wir nicht ganz blind sind; und die Wirklichkeit tont so laut, daß<br />
sie nur für den unhörbar bleibt, der <strong>des</strong> Gehörsinnes ermangelt. Daher besteht Bonaventura darauf,<br />
daß es praktisch unmöglich sei, Gott nicht wahrzunehmen, zumal wir so viele Anzeichen zur<br />
Verfügung haben, durch die je<strong>des</strong> vernünftige Wesen befähigt ist, das sich darin zeigende Urprinzip<br />
mit der Deutlichkeit eines Spiegelbil<strong>des</strong> zu erkennen. 256<br />
Wenn Gott die dreifache transzendente Kausalität darstellt, die Schöpferkraft, Weisheit und<br />
Güte zugleich ist, dann muß auch die Schöpfung ein Anzeichen dieser dreifachen Vollkommenheit<br />
an sich tragen, da jede Ursache der Definition nach in den von ihr hervorgebrachten Wirkungen<br />
irgendwie vorhanden sein muß, wie wir bei der Erörterung der Theorie <strong>des</strong> Exemplarismus bemerkt<br />
haben. Doch weil der Grad der Schöpferkraft eines Agens sich an der Vielfalt der Gegenstände, die<br />
es zu schaffen vermag, so wie an der Fähigkeit mißt, über die es verfügt, um unter ihnen eine Art<br />
eines allen gemeinsamen strukturellen Verhältnisses herzustellen, wird eine Wirkursache demgemäß<br />
in ihrer Kausalwirkung umso mächtiger sein, je größer Kommunikation und Harmonie sind, die es<br />
unter ganz verschiedenen Wesen schaffen kann. Das zutreffendste Beispiel ergibt sich mit dem<br />
Menschen, bei dem wir klar die Kommunikation der <strong>Transzendentalien</strong> erkennen, wie sie aus der<br />
bereits analysierten Sicht der göttlichen Zueignungen verstanden werden: In seinem Sein (ens)<br />
finden wir eine Einheit (unitas), die sich proportional und in dem Streben nach einem Zweck<br />
(bonitas) verwirklicht; die den Tieren eigene Materie und den (zur veritas befähigten) Geist, wie er<br />
den Intelligenzen der Engel eigen ist. Das von Gott Entfernteste -wegen seiner Nähe zum Nichts,<br />
dem es entstammt, zumal in Gott kein materielles Prinzip vorkommt- wie das Gott Nächste -da das<br />
geistige Sein die größte Ähnlichkeit mit dem Schöpfer bewahrt- vereinen sich in der Gestalt <strong>des</strong><br />
255 Vgl. E. Gilson, History of Christian Philosophy..., op.cit., S. 333; Itin., II, 12 (V, 302 b-303 a):<br />
“Significant autem huiusmodi creaturae huius mundi sensibilis invisibilia Dei, partim quia Deus est omnis<br />
creaturae origo, exemplar et finis, et omnis effectus est signum causae, et exemplatum exemplaris, et via finis,<br />
ad quem ducit”.<br />
256 Itin., I, 15 (V, 299 b): “Qui igitur tantis rerum creaturarum splendoribus non illustratur caecus est; qui<br />
tantis clamoribus non evigilat surdus est; qui ex omnibus his effectibus Deum non laudat mutus est; qui ex<br />
tantis indiciis primum principium non advertit stultus est”.<br />
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