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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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das ihm aufgedrückte Siegel. Das Argument, das angibt, welches dieser beiden Elemente bei der<br />

Bestimmung der Individualität einen spezifischen Einfluß hat, wird dann <strong>als</strong> eine dritte Position<br />

(tertia positio) eingeführt, welche die vorherigen, <strong>als</strong> partiell geltenden Positionen zusammenfaßt<br />

und überwindet. Jegliches Individuum, so gibt Bonaventura zu verstehen, sei hoc aliquid, d.h. es ist<br />

hoc, insofern es ein besonderes Seien<strong>des</strong> darstellt, dem eine bestimmte Stellung in Zeit und Raum<br />

zugewiesen ist, die dem Stoff entspricht; und es ist ebenso aliquid, will sagen, ein definierbares<br />

Wesen, das sich vom Denken <strong>als</strong> von einem anderen spezifisch unterschieden erfassen läßt, weil an<br />

ihm eben eine Form vorhanden ist. Stoff und Form erfordern einander <strong>als</strong>o wechselseitig: Ohne den<br />

Stoff könnte die Form allein nicht vorkommen; ohne die Form bliebe der Stoff allein ohne den Akt,<br />

der seine Unbestimmtheit begrenzt und ihn aktualisiert. Das aus der Vereinigung der beiden<br />

entstehende Individuum trägt <strong>als</strong> Wesensmerkmal das Maximum an Besonderheit und substantieller<br />

Stabilität an sich, zumal bei einer Identifizierung der Individualität mit der Substanz selbst ihr die<br />

Akzidentien Zeit und Raum untergeordnet werden, die -in Befolgung eines strengen<br />

Aristotelismus- <strong>als</strong> Grund für die Individualität angesetzt werden sollten. 266<br />

Da kein endliches Seien<strong>des</strong> reiner Akt ist, enthält es demnach ein passives Prinzip, das von<br />

der materia informis bzw. dem Urstoff dargestellt wird. Hier handelt es sich nicht um Materie im<br />

physikalischen, körperhaften Sinn, sondern um einen Begriff der Materie im metaphysischen Sinne.<br />

So haben sowohl die körperliche wie die geistige Materie gemeinsam, daß sie ein Prinzip der<br />

Umgrenzung sind. 267 Aus dem Nichts geschaffen und durch Vermittlung einer aufeinander<br />

folgenden Hervorbringung von Formen erhält dieser Urstoff von Gott eine Anlage oder Neigung<br />

zur Vervollkommnung, die er in Vielfalt und Besonderung der körperhaften Dinge durch die Form<br />

erreicht, die damit das schöpferische Prinzip <strong>des</strong> <strong>Seins</strong> bildet, das Prinzip von Akt und<br />

Vervollkommnung. <strong>Die</strong>s sei zwar eine Wirkung Gottes, könne aber nicht aus Gott selbst<br />

hervorgehen, weil die Materie reine Potentialichkeit ist, die jeder Aktualität entbehrt, während das<br />

Sein Gottes das genaue Gegenteil ist: reine Aktualität ohne irgendeinen Zusatz der Potentialichkeit.<br />

266 ibid.: “Ideo, est tertia positio satis planior, quod individuatio consurgit ex actuali coniunctione materiae<br />

cum forma, ex qua coniunctione unum sibi appropriat alterum; sicut patet cum impressio vel expressio fit<br />

multorum sigillorum in cera quae prius erat una, nec sigilla plurificari possent sine cera, nec cera numeratur,<br />

nisi quia fiunt in ea diversa sigilla. Si tamen quaeras, a quo venit principaliter; dicendum, quod individuum est<br />

hoc aliquid. Quod sit hoc, principaliter habet a materia, ratione cuius forma habet positionem in loco et<br />

tempore. Quod sit aliquid, habet a forma. Individuum enim habet esse, habet etiam existere. Existere dat<br />

materia formae, sed essendi actum dat forma materiae. Individuatio igitur in creaturis consurgit ex duplici<br />

principio”.<br />

267 II Sent., d. 3, p. 1, a. 1, q. 2, ad 3 (II, 98 a): “Nam materia in se considerata nec est spiritualis, nec<br />

corporalis; et ideo capacitas consequens essentiam materiae indifferenter se habet ad formam sive spiritualem,<br />

sive corporalem”. Vgl. J. A. Merino, Historia de la filosofía franciscana, op.cit., S. 46 ff.<br />

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