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1 Die Transzendentalien des Seins als onto-theologische ...

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Bonaventura findet darin eine erste Begründung für seine Behauptung, daß die Materie Gott nicht<br />

vergleichbar sei, und widerspricht damit dem Grundsatz, demzufolge jede Wirkung irgendwie ihrer<br />

Ursache assimilierbar ist. 268<br />

Der Urstoff bestehe zunächst in einer körperhaften Substanz, die zwar noch keine deutlich<br />

unterscheidbare, jedoch schon eine unvollkommene Form besitzt, die ihr sowohl eine Masse wie<br />

eine Ausdehnung durch einige Unterscheidungen von Teilen verleiht. <strong>Die</strong>se Verschiedenheit von<br />

Teilen der materia informis macht nun ihre Veranlagung für und ihre Neigung zu einer bestimmten<br />

Form aus. Solange dieses Fehlen einer umrissenen Form sie daran hindert, an sich selbst die<br />

Vollständigkeit ihres <strong>Seins</strong> zu besitzen, bleibt diese Materie ganz unbestimmt in ihrem Streben nach<br />

der Formverschiedenheit der körperhaften Dinge, bis Gott sie zur Existenz erhebt. Trotz eines<br />

Mangels an der vollkommenen Aktualität der Form <strong>als</strong> Form besitzt der Urstoff für Bonaventura<br />

doch ein vollkommenes Wesen <strong>als</strong> körperhafte Substanz. 269<br />

Wie zu beobachten, bringt Bonaventura hier die aristotelische Auffassung vom Urstoff und<br />

die augustinische Vorstellung von der Materie <strong>als</strong> Trägerin einer nur unvollkommenen Form<br />

zusammen. <strong>Die</strong>se implizite Assoziierung -denn Bonaventura gibt keinen Beleg dafür, daß er sie von<br />

beiden Autoren übernommen hat- ist gleich doppelt: Zunächst wird die (augustinische) Möglichkeit<br />

der Materie, nach der Form zu streben, mit der (aristotelischen) Dynamis der Materie zur Form hin<br />

assoziiert; und dann wird die (augustinische) Besonderung der Materie durch die Form mit der<br />

(aristotelischen) Aktualisierung der Materie dank der Form verbunden. Gerade der Umstand nun,<br />

daß für Bonaventura die Materie eine Grundlage <strong>des</strong> <strong>Seins</strong> (esse) ist, doch das allein durch<br />

Vermittlung der Form <strong>als</strong> ein ihr äußerliches Prinzip, liefert ihm eine weitere Begründung für die<br />

Annahme, daß es innerhalb Gottes keinen Stoff gibt, zumal Gott das Sein aus keinem ihm selbst<br />

äußerlichen Prinzip erhält. 270<br />

268 II sent., d. 1, p. 1, a. 1, q. 1 (II, 15 b): “Ad oppositum sunt rationes primo a parte efficientis. Prima haec est:<br />

omnis effectus aliquo modo assimilatur causae; sed principium primum est actus purus, nihil habens de<br />

possibili, materia autem rerum est possibile purum per sua essentiam, nihil habens de actu: ergo cum materia<br />

in nullo assimiletur opifici, non est ab ipso”.<br />

269 II Sent., d. 12, a. 2, q. 3, concl. (II, 306 a): “Dicendum quod cum materia illa esset moles, habens<br />

extensionem, et caelum empyreum haberet ambiens, quod ipsa in loco erat, et cum esset substantia corpulenta,<br />

locum replebat. Rursus, cum im partibus distinctionem quamdam haberet secundum subtilitatem et grossitiem,<br />

sed semiplenam, positiones secundum rursum et deorsum quodam modo sed imperfecte habebat”. Vgl. ebenso<br />

J.F.Quinn, The historical constitution of St. Bonaventure’s philosophy, op.cit., S. 104, der dort Bonaventuras<br />

unüblichen Gebrauch <strong>des</strong> Terminus corporeitas betont, mit dem er die durch ihre unvollkommene Form gegebene<br />

Entität der körperhaften Materie bezeichnet; dieser Terminus hätte sein Gegenstück wiederum in der spiritualitas <strong>als</strong><br />

Bezeichnung für die Entität, die eine körperlose Substanz durch ihre geistige Form bekommt.<br />

270 II Sent., d. 1, p. 1, a. 1, q. 1, concl. (II, 16 a-b): “Dicendum, quod haec veritas est: mundus in esse<br />

productus est, et non solum secundum se totum, sed etiam secundum sua extrinseca principia, quae non ex<br />

aliis, sed de nihilo sunt producta. Haec autem veritas, etsi nunc cuilibet fidei sit aperta et lucida, latuit tamen<br />

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