Umwelt und Straßenverkehr
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verschiedener Werte <strong>und</strong> Ziele auf der Basis von Analysen<br />
der Umsetzbarkeit dieser Entscheidungen in ein in<br />
sich schlüssiges Gesamtkonzept gebracht werden (genauer<br />
zur umweltpolitischen Zielfindung s. SRU, 1994,<br />
Tz. 129 ff.; vgl. auch SURBURG et al., 2002).<br />
Die konkretisierten Zielsetzungen haben bestimmten Anforderungen<br />
zu genügen, wenn sie politisch verwertbar<br />
sein sollen:<br />
– Die Ziele müssen auf bestimmte <strong>Umwelt</strong>probleme bezogen<br />
(vgl. Tz. 153) <strong>und</strong> hinreichend quantifiziert<br />
sein. Damit wird auch der Grad der Zielerreichung bestimmbar.<br />
– Die Ziele müssen hinsichtlich der Zeitdimension genauer<br />
bestimmt werden. Es erscheint sinnvoll, bereits<br />
jetzt Ziele für mehrere Zeitperioden festzulegen. Es ist<br />
jedenfalls erforderlich, neben einem mittelfristigen<br />
Ziel – etwa für die nächsten zwanzig Jahre – ein kürzerfristiges<br />
Ziel mit einem Zeithorizont von bspw.<br />
fünf Jahren zu setzen.<br />
– Die Ziele müssen erreichbar sein. Dies beinhaltet sowohl<br />
technische als auch wirtschaftliche Machbarkeit.<br />
Insbesondere sollte möglichst bereits ein Instrumentarium<br />
zur Erreichung des Ziels vorhanden sein.<br />
– Die Ziele sollten eine möglichst hohe Akzeptanz in<br />
der Bevölkerung besitzen. Eine hohe Akzeptanz der<br />
Ziele ist eine notwendige, wenngleich keine hinreichende<br />
Bedingung für die Akzeptanz der zu ergreifenden<br />
Maßnahmen. Dieser Anforderung kann insbesondere<br />
dadurch entsprochen werden, dass die Ziele in<br />
einem die Öffentlichkeit einbeziehenden, akzeptanzfördernden<br />
Zielfindungsprozess verhandelt werden.<br />
– Die Ziele müssen verbindlich sein. Dabei sind verschiedene<br />
Grade der Verbindlichkeit möglich. In<br />
Gesetzen <strong>und</strong> internationalen Übereinkommen festgeschriebene<br />
Ziele besitzen einen sehr hohen Verbindlichkeitsgrad,<br />
während politische Beschlüsse demgegenüber<br />
zwar weniger, aber dennoch hinreichend<br />
verbindlich sind. Behördliche oder wissenschaftliche<br />
Empfehlungen entsprechen dagegen nicht den Anforderungen<br />
an den Verbindlichkeitsgrad von politisch<br />
verwertbaren Zielen.<br />
– Soweit erforderlich sollte ein differenziertes Zielsystem<br />
erarbeitet werden, in dem die unterschiedlichen<br />
Ziel-Mittel-Relationen analysiert werden.<br />
– Die Ziele sollten sich konsistent in die in der Weiterentwicklung<br />
befindliche nationale Nachhaltigkeitsstrategie<br />
einfügen lassen.<br />
Für einige der identifizierten Problembereiche wurden<br />
bereits Ziele entwickelt, die diesen Anforderungen genügen.<br />
Allerdings muss festgestellt werden, dass es noch<br />
kein verbindliches <strong>und</strong> gleichzeitig konsistentes Zielsystem<br />
gibt, das alle Problembereiche berücksichtigt. Im<br />
Folgenden sollen deshalb bereits vorhandene Zielsetzungen<br />
dargestellt <strong>und</strong> hinsichtlich ihrer Vollständigkeit <strong>und</strong><br />
Verbindlichkeit geprüft werden. Außerdem soll untersucht<br />
werden, in welchen Bereichen noch dringlicher Bedarf<br />
nach der Festlegung konkreter <strong>und</strong> politisch verwertbarer<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele besteht.<br />
108<br />
Normative Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Ziele<br />
5.5.1 Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Lebensqualität<br />
5.5.1.1 Unfalltote <strong>und</strong> Unfallverletzte<br />
155. Gr<strong>und</strong>satz: „Die Zahl der <strong>Straßenverkehr</strong>sopfer<br />
soll möglichst niedrig sein.“<br />
In Bezug auf die Schädigung von Menschenleben <strong>und</strong><br />
menschlicher Ges<strong>und</strong>heit müssen die bestehenden Zielsetzungen<br />
insgesamt als unzureichend bezeichnet werden.<br />
Dies trifft besonders hinsichtlich der Sicherheit des<br />
<strong>Straßenverkehr</strong>s zu. Die Verkehrspolitik hat es trotz aller<br />
Bemühungen nicht vermocht, den diesbezüglichen<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen der <strong>Straßenverkehr</strong>sordnung (§ 1 StVO) in<br />
ausreichendem Maße Respekt zu verschaffen. Obwohl<br />
die Zahl der bei <strong>Straßenverkehr</strong>sunfällen Getöteten stark<br />
gesunken ist (vgl. Abschn. 2.1.1), werden nach wie vor<br />
insgesamt deutlich zu viele Menschen schwer verletzt<br />
oder getötet. Dies gilt insbesondere angesichts der vielfältigen<br />
Möglichkeiten, die Zahl der Unfallopfer zu senken<br />
(vgl. Kap. 6.5). Wenn man die objektiven Unfallrisiken<br />
im <strong>Straßenverkehr</strong> betrachtet, erweisen sie sich im<br />
Vergleich zu Ges<strong>und</strong>heitsrisiken in anderen Lebensbereichen<br />
– etwa bezüglich der Sicherheit von Industriearbeitsplätzen<br />
oder Flugzeugunglücken – als sehr hoch<br />
(vgl. HOLZAPFEL, 2003). Unfallrisiken des <strong>Straßenverkehr</strong>s<br />
scheinen allerdings generell anders wahrgenommen<br />
zu werden als Risiken in anderen Bereichen. Es dominiert<br />
die Tendenz, „Verkehrsopfer“ als Einzelschicksale zu betrachten.<br />
Diese Fehlwahrnehmung sollte kein Gr<strong>und</strong> sein,<br />
die hohen Unfallrisiken unhinterfragt hinzunehmen.<br />
Es existieren bisher keine verbindlichen nationalen Zielsetzungen<br />
für die Reduktion der Zahl der im <strong>Straßenverkehr</strong><br />
Getöteten <strong>und</strong> Verletzten (vgl. Tab. 5-1). In der<br />
Nachhaltigkeitsstrategie (B<strong>und</strong>esregierung, 2002, S. 190)<br />
wird lediglich angestrebt, „dass die Zahl der Unfälle mit<br />
Personenschaden <strong>und</strong> die Zahl der Getöteten im <strong>Straßenverkehr</strong><br />
ungeachtet des weiteren Verkehrswachstums (…)<br />
kontinuierlich weiter sinken“. Dies impliziert, dass die<br />
bisherige Größenordnung an Toten <strong>und</strong> Verletzten dann<br />
als akzeptabel gilt, wenn eine kontinuierliche Senkung zu<br />
konstatieren ist <strong>und</strong> zwar unabhängig davon, wie stark<br />
oder schwach diese ausfällt. Diese Zielsetzung ist unter<br />
den obigen Prinzipien <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätzen zu anspruchslos.<br />
156. Auf europäischer Ebene wurde von der EU-Kommission<br />
im Weißbuch zur europäischen Verkehrspolitik<br />
(EU-Kommission, 2001) das Ziel gesetzt, die Zahl der<br />
Verkehrstoten bis 2010 um die Hälfte zu verringern (bezogen<br />
auf das Jahr 2000). Für dieses Ziel hat sich auch<br />
das EU-Parlament ausgesprochen. Weiterhin wurde von<br />
der EU-Kommission (2003) das „Europäische Aktionsprogramm<br />
für die <strong>Straßenverkehr</strong>ssicherheit“ beschlossen,<br />
das bereits konkrete Maßnahmen zur Erreichung des<br />
genannten Ziels enthält.<br />
Ein interessantes Beispiel für anspruchsvolle Zielsetzungen<br />
ist das Konzept „Vision Zero“, wie es in Schweden<br />
<strong>und</strong> der Schweiz verfolgt wird. Die zentrale Vision dieses<br />
Konzeptes besteht darin, dass niemand mehr im <strong>Straßenverkehr</strong><br />
getötet oder schwer verletzt werden soll (vgl.<br />
HOLZAPFEL, 2003). Um diesem Idealzustand näher zu<br />
kommen, wurden anspruchsvolle Zwischenziele (etwa