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Umwelt und Straßenverkehr

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versucht worden, das Konzept der empfindlichen Korridore<br />

auch auf Agglomerationsräume auszuweiten. Die<br />

weitere rechtliche Aufwertung des Konzeptes der empfindlichen<br />

Korridore könnte damit eine f<strong>und</strong>amentale Bedeutung<br />

für eine verkehrsbezogene <strong>Umwelt</strong>politik erhalten.<br />

173. Bereits seit den 1970er-Jahren sind in deutschen<br />

Städten Fußgängerzonen, verkehrsberuhigte Zonen oder<br />

Spielstraßen ausgewiesen worden, in denen andere Nutzergruppen<br />

Vorrangrechte gegenüber dem <strong>Straßenverkehr</strong><br />

erhalten. Diese Politik hat viel zur Steigerung der städtischen<br />

Lebensqualität beigetragen <strong>und</strong> ist auf breite Akzeptanz<br />

gestoßen. In den letzten Jahren wird dieser<br />

Politikansatz durch die Ausweisung autofreier Quartiere<br />

<strong>und</strong> verkehrsarmer Stadtteile weiter fortgeführt, in denen<br />

Räume, die früher für den <strong>Straßenverkehr</strong> genutzt wurden,<br />

auf vielfältige Weise kreativ für andere Nutzungen<br />

gestaltet werden können <strong>und</strong> damit ein Gegenmodell für<br />

das bisherige Leitbild eines Wohnens in den Vorstädten<br />

bieten (vgl. CHRIST <strong>und</strong> LOOSE, 2000).<br />

In diesem Sinne haben sich bereits wichtige Konturen eines<br />

neuen Steuerungsansatzes über Qualitätsziele herausgebildet,<br />

die in Zukunft konsequent weiterverfolgt, vervollständigt<br />

<strong>und</strong> rechtsverbindlich ausgestaltet werden<br />

sollten.<br />

5.7 Zusammenfassung <strong>und</strong> Empfehlungen<br />

174. Es gilt, zwischen den Begriffen „Verkehr“ <strong>und</strong><br />

„Mobilität“ zu unterscheiden, wobei letzterer sich auf die<br />

Möglichkeiten bezieht, durch Ortsveränderungen Interessen<br />

realisieren zu können. Nicht der Verkehr, sondern die<br />

Mobilität der Bürger sollte die zentrale Zielgröße der Verkehrspolitik<br />

(oder besser „Mobilitätspolitik“) sein. Ein<br />

zufrieden stellendes Mobilitätsniveau kann gewährleistet<br />

werden <strong>und</strong> gleichzeitig lässt sich das Verkehrsgeschehen<br />

mitsamt den dafür benötigten Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturen<br />

umweltverträglich gestalten. Mobilität ist allerdings<br />

nur ein Wert unter vielen anderen. Es gibt keine guten<br />

Gründe, diesem Wert einen gr<strong>und</strong>sätzlichen Vorrang vor<br />

anderen Werten zuzumessen.<br />

Die Strategie der umweltverträglichen Gestaltung des<br />

vorhandenen Verkehrs, wonach es vorrangige Aufgabe<br />

ist, die mit dem motorisierten Individualverkehr verb<strong>und</strong>enen<br />

unerwünschten Nebenwirkungen zu minimieren,<br />

hat zwar in der Vergangenheit wesentliche Erfolge gezeigt.<br />

Sie sollte in etlichen Handlungsbereichen fortgeführt<br />

werden. In Zukunft müssen aber auch stärker als<br />

bisher die Grenzen dieser Strategie in den Blick genommen<br />

werden. Verstärkte politische Aufmerksamkeit verdienen<br />

die persistenten Probleme, die nicht mit technischen<br />

Mitteln, sondern vor allem auch durch veränderte<br />

Strukturen <strong>und</strong> durch einen Wandel der Einstellungen <strong>und</strong><br />

Lebensstile zu lösen sind.<br />

Der SRU sieht die mit Verkehrsprognosen scheinbar verb<strong>und</strong>ene<br />

normative Kraft, die einen stetigen Ausbau der<br />

Verkehrsinfrastruktur nach sich zieht, äußerst kritisch. An<br />

ihre Stelle sollte eine gesellschaftliche Diskussion über<br />

verkehrspolitische Ziele treten.<br />

118<br />

Normative Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Ziele<br />

Die im bisherigen Verkehrssystem strukturell angelegte<br />

ständige Erhöhung der Reisegeschwindigkeiten des <strong>Straßenverkehr</strong>s<br />

konfligiert zunehmend stärker mit anderen<br />

gesellschaftlichen Werten <strong>und</strong> Zielen. Angesichts der bereits<br />

erreichten Geschwindigkeitsstandards sollten alle<br />

Versuche, diese Beschleunigung noch weiter voranzutreiben,<br />

eingestellt werden. Ein anzustrebendes Ziel der Mobilitätspolitik<br />

sollte es stattdessen sein, risikoärmere <strong>und</strong><br />

umweltgerechtere Mobilität für alle Bevölkerungsgruppen<br />

durch eine moderate Entschleunigung zu befördern<br />

<strong>und</strong> zu gewährleisten. Dieses Oberziel muss durch konkrete<br />

verkehrspolitische Ziele unterlegt werden.<br />

Die vielfältigen Ambivalenzerfahrungen hinsichtlich des<br />

<strong>Straßenverkehr</strong>s sollten als Anknüpfungspunkte für eine<br />

Neuausrichtung hin zu einer humanen <strong>und</strong> naturverträglichen<br />

Mobilitätskultur genutzt werden. Elemente einer<br />

solchen strategischen Neuorientierung, die sich auf<br />

normative Prinzipien, Naturschutzziele <strong>und</strong> Nachhaltigkeitsgr<strong>und</strong>sätze<br />

stützt, könnten unter anderem die Weiterentwicklung<br />

eines qualitätszielorientierten Steuerungsansatzes,<br />

die Betonung von Lebensqualität, die Schaffung<br />

verkehrsarmer Räume, die Steigerung des Anteils von<br />

Fußgänger- <strong>und</strong> Radverkehr <strong>und</strong> eine „Entschleunigung“<br />

sein.<br />

175. Der Prozess der Setzung umweltpolitischer Ziele<br />

für den Bereich des <strong>Straßenverkehr</strong>s verdient verstärkt<br />

Beachtung. Erst auf der Gr<strong>und</strong>lage verbindlicher, konkreter<br />

<strong>und</strong> problembezogener Zielsetzungen lassen sich<br />

wirksame Strategien <strong>und</strong> Maßnahmen zur Reduzierung<br />

der vom <strong>Straßenverkehr</strong> ausgehenden negativen Auswirkungen<br />

entwickeln.<br />

Als besonders dringlich erachtet der SRU die Setzung<br />

von anspruchsvollen Oberzielen für die Verringerung der<br />

Zahl der Unfalltoten <strong>und</strong> -verletzten sowie für den Beitrag<br />

des <strong>Straßenverkehr</strong>s zur Reduzierung der deutschen<br />

CO2-Emissionen. Bezüglich der Reduktion der Zahl der<br />

Unfallopfer empfiehlt der SRU der B<strong>und</strong>esregierung, umgehend<br />

einen – die Öffentlichkeit einbeziehenden – Zielsetzungsdiskurs<br />

zu initiieren. Das Plädoyer, als Ideal eine<br />

Senkung der Zahl der Verkehrstoten <strong>und</strong> Schwerverletzten<br />

auf Null zu definieren <strong>und</strong> als Zwischenziel für den<br />

Bereich der Unfallopfer eine Halbierung dieser Zahl bis<br />

2015 gegenüber 2005 anzustreben, ist als Beitrag zu diesem<br />

Diskurs zu verstehen. Konkrete Reduktionsziele für<br />

die CO2-Emissionen des <strong>Straßenverkehr</strong>s sollten im Rahmen<br />

der Fortschreibung des Nationalen Klimaschutzprogrammes<br />

auf der Basis des Nationalen Allokationsplanes<br />

festgelegt werden. Dabei muss den längerfristigen Klimaschutzzielen<br />

Rechnung getragen werden, denen zufolge<br />

die gesamten deutschen Treibhausgasemissionen bis zum<br />

Jahr 2020 um 40 Prozent verringert werden sollten, bis<br />

zum Jahr 2050 sogar um 80 Prozent (jeweils bezogen auf<br />

das Jahr 1990).<br />

Um die Bevölkerung wirkungsvoll vor Lärm schützen zu<br />

können, sollte die segmentierte Betrachtung verschiedener<br />

Lärmquellen zugunsten der Berücksichtigung des Gesamtlärms<br />

aufgegeben werden. Weiterhin sollten bestehende<br />

Immissionsgrenzwerte nicht nur mit Blick auf<br />

gerade in Planung befindliche, sondern auch für beste-

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