Umwelt und Straßenverkehr
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Verteilung der Luftschadstoffe<br />
57. Je steiler <strong>und</strong> enger die Bergtäler geformt sind, desto<br />
weniger Durchlüftung ist dort möglich. Luftemissionen,<br />
die hier entstehen, ziehen oft tagelang nicht ab <strong>und</strong> werden<br />
durch leichte Talaus-Talein-Winde ständig hin- <strong>und</strong><br />
herbewegt. Durch die Wärme tagsüber dehnt sich die Luft<br />
aus <strong>und</strong> zieht talauswärts. Bei der abendlichen Abkühlung<br />
zieht sich die Luft zusammen, der Taleinwärts-Wind<br />
bringt die Emissionen zurück. In großen U-Tälern bildet<br />
sich oft eine Inversionsschicht, die zu einer zusätzlichen<br />
Konzentration <strong>und</strong> intensiven Einwirkung der Schadstoffe<br />
führt. Im Talraum der Gebirge werden in Abhängigkeit<br />
von der Topografie <strong>und</strong> Meteorologie sehr hohe<br />
Werte für verschiedene Schadstoffe gemessen (DNR,<br />
2003, S. 16).<br />
Lärmbelastung<br />
58. Die Lärmbelastung an weiter entfernten Hanglagen<br />
kann mehr als 10 dB(A) höher sein als im näher gelegenen<br />
ebenen Gelände (PACK, 1997). Es ist bei gleichen<br />
Emissionen von mehrfach höheren Immissionen im Alpental<br />
als im Flachland auszugehen. Ein Wegrücken von<br />
der Lärmquelle oder das Abschirmen in engen Alpentälern<br />
ist nicht möglich. SCHEIRING (1988) dokumentiert<br />
diesen Sachverhalt anhand eines Vergleichs zwischen einer<br />
Autobahn im Flachland (Autobahn Hamburg–Flensburg)<br />
<strong>und</strong> einer im Bergland (Inntalautobahn in Tirol).<br />
Trotz des im Durchschnitt höheren Verkehrsaufkommens<br />
auf der Autobahn Hamburg-Flensburg ist hier die Lärmbelastung<br />
schon nach einem Abstand von 416 m auf<br />
40 dB reduziert. In den Hanglagen des Inntals ist bei geringerem<br />
Verkehrsaufkommen für dieselbe Lärmreduktion<br />
ein Abstand von mehr als zwei Kilometer notwendig.<br />
Für viele Orte der Alpen können diese Abstände aufgr<strong>und</strong><br />
der topographischen Situation nicht eingehalten werden,<br />
sodass der Lärm den gesamten Lebensraum beherrscht.<br />
Perspektiven<br />
59. Der Personen- <strong>und</strong> Straßengüterverkehr in <strong>und</strong><br />
durch die Alpen wird aller Voraussicht nach auch in den<br />
kommenden Jahren unvermindert ansteigen. Es wird geschätzt,<br />
dass bis zum Jahr 2010 im Verhältnis zum<br />
Vergleichsjahr 1992 zwischen Ventimiglia <strong>und</strong> Brenner<br />
der Personenverkehr um 36 Prozent <strong>und</strong> der Straßengüterverkehr<br />
um 75 Prozent zunehmen werden, sofern nicht<br />
signifikante Änderungen des Modal Split eintreten. Allein<br />
am Brenner werden circa 2 Millionen LKW-Transitfahrten<br />
für das Jahr 2010 erwartet, während es 1991 r<strong>und</strong><br />
850 000 waren. In einzelnen Regionen stellt sich die<br />
Situation noch gravierender dar: Auf dem Ostkorridor mit<br />
den Verkehrsströmen zwischen Italien <strong>und</strong> Zentral- <strong>und</strong><br />
Osteuropa wird eine Zunahme von 320 Prozent für den<br />
Personenverkehr <strong>und</strong> von 160 Prozent für den Straßengüterverkehr<br />
vorausgesagt (Arbeitsgruppe „Bergspezifische<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele“, 2003; Prognos AG et al., 1998).<br />
Unter der Annahme, dass die Verkehrsbedürfnisse oder<br />
-erfordernisse der europäischen Bevölkerung in Zukunft<br />
eher zu- als abnehmen <strong>und</strong> der innereuropäische Straßengüterverkehr<br />
durch das Zusammenwachsen der Mitglied-<br />
62<br />
Auswirkungen des <strong>Straßenverkehr</strong>s auf Mensch <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong><br />
staaten der EU eher ansteigt, wird sich eine Entlastung<br />
des Alpenraums nur durch zielgerichtete ökonomische<br />
<strong>und</strong> rechtliche Instrumente sowie organisatorische Maßnahmen<br />
erreichen lassen. Hierzu gehören unter anderem<br />
(MEURER <strong>und</strong> MÜLLER, 1996, S. 143):<br />
– Maßnahmen zur Minderung der Luftschadstoff- <strong>und</strong><br />
Lärmemissionen,<br />
– Verkehrsberuhigung <strong>und</strong> – wo möglich – zum Beispiel<br />
Autofreiheit in Tourismusorten,<br />
– Sperrung von Güter- <strong>und</strong> Forstwegen für den motorisierten<br />
Tourismus,<br />
– Entwicklung von Verkehrsentlastungskonzepten für<br />
besonders belastete Regionen, insbesondere dann,<br />
wenn diese auch touristisch erschlossen sind,<br />
– konsequente Durchführung von <strong>Umwelt</strong>verträglichkeitsprüfungen<br />
für alle Vorhaben im Bereich der Verkehrserschließung,<br />
– Schaffung attraktiver Alternativangebote im Bereich<br />
des ÖPNV <strong>und</strong> der Bahn oder Maßnahmen zur Beeinflussung<br />
des Mobilitätsverhaltens (FRÖSCH, 1995,<br />
S. 105).<br />
Das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention<br />
60. Von außerordentlicher Bedeutung für die Umsetzung<br />
der Alpenkonvention ist das im Oktober 2000 unterzeichnete<br />
Verkehrsprotokoll (Protokoll zur Durchführung<br />
der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Verkehr vom<br />
31. Oktober 2000). Die Alpenkonvention erhält damit<br />
eine klare Zielvorgabe für nachhaltig umweltverträglichen<br />
Verkehr in der sensiblen Alpenregion.<br />
Das UBA (2002c) urteilt daher zu Recht: „Das Verkehrsprotokoll<br />
kann als Durchbruch in der Alpenverkehrspolitik<br />
bezeichnet werden. Es deckt alle Anforderungen ab,<br />
die in Deutschland von <strong>Umwelt</strong>fachleuten im Rahmen<br />
der Kritik an der B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung seit einigen<br />
Jahren eingefordert werden, denn<br />
– es handelt sich um ein umweltorientiertes verkehrspolitisches<br />
Konzept,<br />
– es beinhaltet die Verpflichtung zu einer nachhaltigen<br />
Verkehrspolitik, einer abgestimmten <strong>Umwelt</strong>- <strong>und</strong><br />
Verkehrspolitik unter Wahrung des Vorsorge-, Vermeidungs-<br />
<strong>und</strong> Verursacherprinzips,<br />
– es beinhaltet die Verpflichtung zur Entwicklung <strong>und</strong><br />
Umsetzung von Zielvorgaben zur Begrenzung der verkehrsbedingten<br />
<strong>Umwelt</strong>belastungen durch eine Kombination<br />
von ökonomischen Instrumenten, Raumordnungs-<br />
<strong>und</strong> Verkehrsplanungsmaßnahmen,<br />
– es beinhaltet den Verzicht auf den Bau neuer hochrangiger<br />
alpenquerender Straßen,<br />
– es erlaubt den Neubau inneralpiner Straßen nur, wenn<br />
die Ziele nachweislich eingehalten werden können<br />
(UVP) <strong>und</strong> Alternativen (bessere Auslastung bestehender<br />
Kapazitäten, Ausbau Bahninfrastruktur) ernsthaft<br />
geprüft wurden.“