Umwelt und Straßenverkehr
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Abrollgeräusche<br />
256. Mit zunehmender Geschwindigkeit eines Kraftfahrzeugs<br />
dominieren die Rollgeräusche der Reifen gegenüber<br />
den Antriebsgeräuschen: bei neueren PKW<br />
schon ab 15 bis 25 km/h bei konstanter Fahrt <strong>und</strong> ab<br />
30 bis 45 km/h bei Beschleunigung, bei neueren LKW ab<br />
etwa 30 bis 35 km/h bzw. 45 bis 50 km/h (ÖAL, 2004).<br />
Sie variieren erheblich je nach Reifentechnik <strong>und</strong> Fahrbahnbelag.<br />
Bei den Abrollgeräuschen gab es bislang<br />
keine generellen Verbesserungen der Emissionssituation.<br />
257. Die Richtlinie 2001/43/EG über Kfz-Reifen legt<br />
erstmals europaweit für die Genehmigung von neuen Reifentypen<br />
Grenzwerte zu Lärmemissionen, Rollwiderstand<br />
<strong>und</strong> Abrieb fest. Die von den Mitgliedstaaten bis 2003<br />
umzusetzenden Grenzwerte betragen 72 bis 76 dB(A) bei<br />
PKW <strong>und</strong> 75 bis 79 dB(A) für Nutzfahrzeuge (je nach<br />
Reifenklasse <strong>und</strong> Verwendungsart, Bezugsgeschwindigkeit<br />
70 bzw. 80 km/h). Von 2007 bis 2009 werden die<br />
Grenzwerte für PKW-Reifen jeweils um 1 dB(A) gesenkt.<br />
Diese Grenzwerte werden aber die Belastung durch Abrollgeräusche<br />
höchstens marginal vermindern, da fast alle<br />
auf dem Markt befindlichen Reifen die Werte ohnehin<br />
einhalten.<br />
258. Neben den Reifen haben die Zusammensetzung<br />
<strong>und</strong> die bauliche Ausführung der Fahrbahndecken einen<br />
wesentlichen Einfluss auf die Lärmemissionen des <strong>Straßenverkehr</strong>s.<br />
Daher werden seit Ende der 1980er-Jahre so<br />
genannte lärmarme Fahrbahndecken, die die Rollgeräusche<br />
der Reifen vermindern (bspw. Dünnschichtbeläge,<br />
offenporige Oberflächen <strong>und</strong> doppellagige offenporige<br />
Oberflächen), erprobt <strong>und</strong> in begrenztem Umfang eingesetzt<br />
(MORGAN et al., 2003). Bisher werden in Deutschland<br />
lärmarme, offenporige Fahrbahndecken jedoch nur<br />
für Straßen mit Geschwindigkeiten über circa 60 km/h<br />
verwendet, da ihre lärmmindernde Wirkung durch Verschmutzung<br />
schnell nachlässt, wenn sie nicht mit hohen<br />
Geschwindigkeiten befahren werden. Doch auch an B<strong>und</strong>esfernstraßen<br />
wurden bisher nur r<strong>und</strong> 250 km solcher<br />
Beläge eingebaut (Deutscher B<strong>und</strong>estag, 2004). Seit 1998<br />
werden in Deutschland technisch weiterentwickelte offenporige<br />
Beläge der so genannten III. <strong>und</strong> IV. Generation<br />
verwendet (ULLRICH, 2002). Breitere Erfahrungen<br />
mit lärmarmen Straßenbelägen sowohl innerorts als auch<br />
außerorts gibt es insbesondere in den Niederlanden <strong>und</strong><br />
der Schweiz (vgl. Tz. 263).<br />
7.1.2 Technische Reduktionspotenziale<br />
Antriebsgeräusche<br />
259. Nach einer Untersuchung der RWTÜV AG im<br />
Auftrag des <strong>Umwelt</strong>b<strong>und</strong>esamtes (STEVEN, 2003) unterschritten<br />
im Jahre 2001 zwischen 25 <strong>und</strong> 70 Prozent<br />
aller neuen PKW die gültigen Grenzwerte um 2 dB(A),<br />
15 bis 35 Prozent sogar um 3 dB(A). Die höheren Anteile<br />
gelten dabei für Kleinwagen (< 45 kW), die niedrigeren<br />
für leistungsstarke Diesel-PKW. Ähnliches trifft auch auf<br />
leichte Nutzfahrzeuge zu, während die Geräuschemissionen<br />
schwerer Nutzfahrzeuge kaum vom Grenzwert abweichen.<br />
Nennenswerte Minderungen der PKW-Antriebsge-<br />
Reduzierung der Lärmemissionen<br />
räusche lassen sich durch motorseitige Primärmaßnahmen,<br />
Hybridisierung, Motorraumkapseln sowie verbesserte<br />
Ansaug- <strong>und</strong> Abgasschalldämpfer realisieren. Insgesamt<br />
erscheint – auch nach Angaben der Hersteller – bei<br />
PKW eine Absenkung der Geräuschgrenzwerte auf 70 bis<br />
71 dB(A) mittelfristig wirtschaftlich vertretbar <strong>und</strong> realisierbar<br />
zu sein. Für leichte Nutzfahrzeuge stehen prinzipiell<br />
die gleichen Minderungsmaßnahmen wie für PKW<br />
zur Verfügung, sodass diese Fahrzeuge schrittweise an<br />
den Geräuschstandard für PKW herangeführt werden<br />
können (STEVEN, 2003).<br />
Bei schweren LKW ist eine weitere Geräuschminderung<br />
aufwändiger. Kurzfristig erscheint für schwere Nutzfahrzeuge<br />
mit einer Nennleistung unter 320 kW ein Minderungspotenzial<br />
von 2 dB(A) realistisch. Längerfristig<br />
können die Emissionen schwerer LKW durch eine aufwändigere<br />
Vollkapselung der Motoren weiter reduziert<br />
werden, die allerdings Anpassungen der Kühlanlage erfordern<br />
<strong>und</strong> Kosten von etwa 2 500 bis 5 000 Euro verursachen<br />
(STEVEN, 2003). Das Fahrzeuggewicht erhöht<br />
sich dadurch relativ zum Gesamtgewicht nur unwesentlich<br />
um etwa 150 kg. Zieht man auch eine Neukonstruktion<br />
von Motoren in Betracht, erscheint dagegen selbst<br />
für diese LKW-Motoren ein Reduktionspotenzial von<br />
3 bis 5 dB(A) technisch machbar (SPESSERT, 2001), allerdings<br />
könnten dabei Zielkonflikte mit anderen Anforderungen<br />
wie Minderung des Kraftstoffverbrauchs oder<br />
Schadstoffemissionsminderung auftreten.<br />
Fahrzeuge mit einem elektrogetriebenen Antriebsstrang<br />
oder kombinierten Antrieben (Hybrid) sind hinsichtlich<br />
der Lärmemissionen bei niedrigen Geschwindigkeiten um<br />
2 bis 7 dB(A) leiser als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor<br />
(KOLKE, 1999). Bei Elektrofahrzeugen entfällt<br />
das Schalten <strong>und</strong> bei niedrigen Geschwindigkeiten werden<br />
die Lärmemissionen von den Antriebsgeräuschen dominiert.<br />
Elektro- <strong>und</strong> Hybridfahrzeuge könnten daher vor<br />
allem im innerörtlichen Verkehr, an Ampeln <strong>und</strong> Kreuzungen<br />
starke Entlastungen bringen.<br />
Neben der Senkung der Grenzwerte ist auch eine Anpassung<br />
der Geräuschmessverfahren für die Typprüfung erforderlich,<br />
da die derzeitigen Messverfahren die relevanten<br />
Betriebszustände nicht angemessen berücksichtigen.<br />
Die derzeit auf Ebene der United Nations Economic<br />
Commission for Europe (UNECE) diskutierten Vorschläge<br />
erscheinen für Nutzfahrzeuge angemessen zu<br />
sein. Für PKW sind jedoch weitere Modifikationen erforderlich,<br />
um die tatsächlich auftretenden Geräuschemissionen<br />
besser abzubilden als das derzeitige Messverfahren<br />
(STEVEN, 2003). Bei den neuen Messverfahren werden<br />
nicht alle Betriebszustände berücksichtigt. Um die realen<br />
Lärmemissionen wirksam zu begrenzen, sollte daher<br />
gleichzeitig vorgegeben werden, dass Betriebszustände,<br />
die von den Messverfahren nicht erfasst werden (Off-<br />
Cycle-Emissionen), nicht überproportional laut sein dürfen.<br />
Daneben gibt das Typprüfmessverfahren die realen<br />
Lärmemissionen nur ungenügend wieder, solange während<br />
der Messung nicht die gleichen oder lärmtechnisch<br />
gleichwertige Reifen verwendet werden müssen wie beim<br />
Verkauf der Fahrzeuge, da die Rollgeräuschemissionen<br />
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