Umwelt und Straßenverkehr
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6 Verkehrspolitische Strategien<br />
Im Hinblick auf die Erreichung verkehrsbezogener <strong>Umwelt</strong>ziele<br />
gibt es keine Hierarchie von Strategien. Die<br />
Trias der so genannten „Verkehrswende“, die Verkehrsvermeidung,<br />
die Verkehrsverlagerung <strong>und</strong> die technische<br />
Optimierung, sind jeweils wichtige Bausteine, um einigen<br />
<strong>Umwelt</strong>zielen näher zu kommen. Bei der Diskussion um<br />
diese Strategien sollten jedoch Ziel <strong>und</strong> Mittel nicht miteinander<br />
verwechselt werden. Handlungsorientierend<br />
sollten weniger die Strategien der Verkehrswende als<br />
vielmehr die dem Verkehr zu setzenden <strong>Umwelt</strong>qualitätsziele<br />
sein.<br />
Im Einzelnen weisen Maßnahmen an der Quelle im Hinblick<br />
auf den Klima- <strong>und</strong> den Immissionsschutz weiterhin<br />
große technische, ökonomische <strong>und</strong> auch politisch durchsetzbare<br />
Reduktionspotenziale auf. Im Hinblick auf den<br />
Lärm- <strong>und</strong> besonders auf den Naturschutz haben aber<br />
Maßnahmen an der Quelle deutliche Wirkungsgrenzen.<br />
Die Verlagerung des Verkehrs auf umweltverträglichere<br />
Verkehrsträger hat insgesamt vergleichsweise geringe<br />
<strong>Umwelt</strong>entlastungspotenziale. Diese Potenziale können<br />
allerdings auf bestimmten Korridoren <strong>und</strong> im Nahverkehr<br />
bedeutsam sein. Die Verlagerungs- <strong>und</strong> Entlastungspoten-<br />
177. Die umwelt- <strong>und</strong> verkehrspolitische Diskussion<br />
der letzen Jahre war durch die strategischen Ziele „Vermeiden,<br />
Verlagern, Verbessern“ als Säulen einer umweltorientierten<br />
Verkehrspolitik geprägt. In Analogie zur<br />
Energiewende sprach man dabei in der politischen <strong>und</strong><br />
wissenschaftlichen Diskussion oft von der „Verkehrswende“<br />
(vgl. HESSE, 1993). Das B<strong>und</strong>esministerium für<br />
<strong>Umwelt</strong>, Naturschutz <strong>und</strong> Reaktorsicherheit (BMU,<br />
2003, S. 6 f.) spricht in seinen „Leitlinien für eine nachhaltige<br />
Mobilität“ von dem Ziel der Verkehrsvermeidung<br />
<strong>und</strong> der „deutlichen Steigerung des Anteils des Fußgänger-<br />
<strong>und</strong> Radverkehrs“. Manchmal wird auch eine Hierarchie<br />
postuliert: Demnach sollte Verkehr so weit wie möglich<br />
vermieden werden. Notwendiger Verkehr sollte auf<br />
umweltverträglichere Verkehrsträger verlagert werden.<br />
Der verbleibende motorisierte Individualverkehr sollte<br />
durch Maßnahmen an der Quelle möglichst emissions<strong>und</strong><br />
verbrauchsarm ausgestaltet werden. Dieser Trias hat die<br />
B<strong>und</strong>esverkehrspolitik das Konzept einer „integrierten<br />
Verkehrspolitik“ gegenüber gestellt, das die Zusammenarbeit<br />
der Verkehrsträger in einem wachsenden Verkehrsmarkt<br />
gegenüber der strukturpolitischen Ausrichtung der<br />
Verkehrswende betont (BMVBW, 2002, vgl. Tz. 141,<br />
Kap. 5.3).<br />
Wesentliche Ergebnisse<br />
ziale hängen vom weiteren umwelttechnischen Fortschritt<br />
ab <strong>und</strong> müssen je nach Verkehrsträger <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong>dimension<br />
differenziert betrachtet werden.<br />
Die so genannte „integrierte Verkehrspolitik“ folgt der<br />
vorherrschenden Wachstumsorientierung <strong>und</strong> schöpft die<br />
vorhandenen Potenziale zur <strong>Umwelt</strong>entlastung nicht entschieden<br />
genug aus. Im Hinblick auf die <strong>Umwelt</strong>dimension<br />
kann sie nicht als „integriert“ gelten.<br />
Das Verkehrswachstum lässt sich gr<strong>und</strong>sätzlich vom<br />
Wirtschaftswachstum entkoppeln. Diesem Ansatz sollte<br />
in Zukunft mehr politische Aufmerksamkeit gewidmet<br />
werden.<br />
Verkehrssicherheitsstrategien können erfolgreich sein,<br />
wenn sie informatorische, planerische <strong>und</strong> verkehrslenkende<br />
Instrumente sowie technische Maßnahmen im Hinblick<br />
auf das mittelfristige Ziel einer Halbierung der<br />
Verkehrsopferzahlen miteinander kombinieren. Sie sollten<br />
auf jeden Fall mit den Maßnahmen <strong>und</strong> Programmen<br />
zur Schaffung eines umweltgerechteren Transportsystems<br />
verflochten werden. Das Thema Verkehrssicherheit eignet<br />
sich nicht zur Legitimation weiteren Autobahnbaus.<br />
In der verkehrspolitischen Diskussion wird dabei oft der<br />
instrumentelle Charakter verschiedener Strategien für die<br />
Erreichung bestimmter <strong>Umwelt</strong>ziele vernachlässigt. Eine<br />
Verlagerung auf umweltverträglichere Verkehrsträger<br />
wird bereits als Ziel dargestellt (vgl. auch SPD <strong>und</strong><br />
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 2002; UBA, 2002; B<strong>und</strong>esregierung,<br />
2002). In vielen wissenschaftlichen Beiträgen<br />
(vgl. Enquete-Kommission Schutz der Erdatmosphäre,<br />
1994, S. 123 f.; SRU, 1994, Tz. 760), spricht man<br />
hingegen im Zusammenhang von Vermeidung, Verlagerung<br />
<strong>und</strong> technischer Optimierung eher von Wirkungsebenen<br />
von Verkehrsentstehung <strong>und</strong> Verkehrsabwicklung.<br />
Eine umweltgerechte Verkehrspolitik könnte am<br />
Aktivitätsniveau, der Verkehrsmittelwahl oder den spezifischen<br />
Schadstofffrachten ansetzen. Diese Wirkungsebenen<br />
werden nicht normativ, sondern analytisch betrachtet,<br />
um bestimmte Potenziale der <strong>Umwelt</strong>entlastung identifizieren<br />
zu können. In diesem analytischen Sinne soll auch<br />
im Folgenden das jeweilige Potenzial verschiedener strategischer<br />
Ansätze im Hinblick auf die vom SRU identifizierten<br />
zentralen verkehrsbezogenen <strong>Umwelt</strong>ziele (vgl.<br />
Kap. 5.5) untersucht werden. Wichtige Kriterien sind dabei<br />
nicht nur der Grad der möglichen Zielerreichung, sondern<br />
auch eine Abschätzung von Kosten <strong>und</strong> politischer<br />
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