Umwelt und Straßenverkehr
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(Tz. 532 ff.). Nachfolgend werden zunächst die b<strong>und</strong>esrechtlichen<br />
Möglichkeiten <strong>und</strong> Erfordernisse einer verträglichen<br />
Lenkung des innerörtlichen <strong>Straßenverkehr</strong>s<br />
aufgezeigt.<br />
518. Zur umwelt- <strong>und</strong> sozialverträglichen Verkehrsführung<br />
gehört insbesondere die flächenhafte Verkehrsberuhigung<br />
in Wohnvierteln <strong>und</strong> die Bündelung des Verkehrs<br />
auf Hauptverkehrsachsen, an denen empfindliche Nutzungen<br />
möglichst zu vermeiden, jedenfalls aber durch<br />
bautechnische Vorkehrungen besonders zu schützen sind.<br />
Ansatzpunkte der ordnungsrechtlichen Verkehrslenkung<br />
sind im Wesentlichen:<br />
– Verkehrsverbote, Straßenschließungen (z. B. Fußgängerzonen),<br />
– Verkehrsbeschränkungen auf bestimmte Tages- oder<br />
Nachtzeiten, insbesondere<br />
– Verkehrsbeschränkungen für „schmutzige“ oder<br />
„laute“ Fahrzeugarten bzw.<br />
– Benutzervorteile für besonders verträgliche Verkehre<br />
(Busspuren),<br />
– Ampelphasen,<br />
– Einbahnstraßen <strong>und</strong> Sackgassensysteme,<br />
– flächenhafte Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />
(Tempo-30/Schritttempo),<br />
– Straßenraumorganisation (Bündelung des Kfz-Verkehrs<br />
auf der Straßenmitte),<br />
– Parkraummanagement (Parkverbote, Parkbeschränkungen).<br />
Diese Maßnahmen müssen im Verkehrsnetz möglichst so<br />
abgestimmt <strong>und</strong> mit einem Angebot an alternativen Verkehrsmitteln<br />
so koordiniert werden, dass sie eine optimale<br />
Entlastungswirkung erreichen, sowohl in Bezug auf<br />
das gesamte Verkehrsnetz als auch an den besonders sensiblen<br />
<strong>und</strong> belasteten Punkten (umfassend BSV, 2004). In<br />
Kapitel 8.2 wurde bereits dargelegt, dass dies regelmäßig<br />
eine anspruchsvolle Gestaltungsaufgabe der Gemeinden<br />
ist <strong>und</strong> dass die Gemeinden diese Aufgabe nicht ohne<br />
eine formalisierte integrierte Gemeindeverkehrsplanung<br />
<strong>und</strong> nicht ohne Abstimmung der Verkehrsplanung mit<br />
dem Bebauungsplan erfüllen können. Durch eine das Verkehrsnetz<br />
in den Blick nehmende Bebauungsplanung<br />
müssen die Gemeinden insbesondere dafür sorgen, dass<br />
empfindliche Wohnnutzungen möglichst von Hauptverkehrsachsen<br />
getrennt <strong>und</strong> in Gebieten angesiedelt werden,<br />
die durch verkehrsberuhigende Maßnahmen konsequent<br />
zu schützen sind.<br />
Entscheidend für den Erfolg der kommunalen Verkehrsplanung<br />
ist allerdings auch, dass den Kommunen durch<br />
das B<strong>und</strong>esrecht alle erforderlichen Instrumente <strong>und</strong><br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lagen an die Hand gegeben werden, die sie<br />
zu einer verträglichen Verkehrslenkung benötigen. Dafür<br />
liegt – wie für die Einführung einer formalisierten Gemeindeverkehrsplanung<br />
– die Verantwortung bei der<br />
B<strong>und</strong>espolitik.<br />
242<br />
Maßnahmen in der Verkehrslenkung<br />
519. Für die genannten Maßnahmen der ordnungsrechtlichen<br />
Verkehrslenkung bietet das einschlägige Verkehrsordnungsrecht<br />
der <strong>Straßenverkehr</strong>sordnung <strong>und</strong> des<br />
B<strong>und</strong>es-Immissionsschutzgesetzes zentrale Rechtsgr<strong>und</strong>lagen,<br />
die den Einsatz der Verkehrsverbote <strong>und</strong> -beschränkungen<br />
explizit auch zum Schutz vor verkehrsbedingten<br />
Schadstoff- <strong>und</strong> Lärmimmissionen erlauben<br />
(s. Überblick Abschn. 9.1.1). Aus mehreren Gründen<br />
stellen diese Vorschriften jedoch noch kein schlagkräftiges,<br />
den komplexen Ursachenzusammenhängen angemessenes<br />
Instrumentarium zur Bekämpfung verkehrsbedingter<br />
Lärm- <strong>und</strong> Schadstoffbelastungen dar:<br />
– Erstens fehlen praktikable Rechtsgr<strong>und</strong>lagen für selektive<br />
Verkehrsbeschränkungen, mit denen die Zufahrt<br />
zu sensiblen Straßen, Straßenzügen <strong>und</strong> Gebieten<br />
auf emissionsarme Fahrzeuge (Schadstoffe <strong>und</strong>/oder<br />
Lärm) beschränkt werden kann (Abschn. 9.1.2).<br />
– Zweitens fehlt immer noch eine ausreichende Konkretisierung<br />
<strong>und</strong> Operationalisierung des anzustrebenden<br />
Schutzniveaus durch einzuhaltende Grenzwerte insbesondere<br />
für die Lärmbelastung. Hinsichtlich der<br />
Schadstoffimmissionen haben die Grenzwerte der<br />
EG-Luftqualitätsrichtlinien, an die der neugefasste<br />
§ 40 BImSchG nunmehr anknüpft, eine wichtige Präzisierung<br />
des einzuhaltenden Schutzniveaus gebracht.<br />
Weiterhin fehlen aber entsprechende Grenzwerte für<br />
die verkehrsbedingte Lärmbelastung (Abschn. 9.1.3).<br />
– Drittens fehlt es an einer wirklichkeitsgetreuen integrierten<br />
Bewertung aller kumulativen Belastungen,<br />
die der Verkehr an einem bestimmten Ort hervorruft.<br />
Das geltende Recht legt bei der Bestimmung der<br />
Handlungsschwellen überwiegend keine solche integrierte<br />
Betrachtung der Verkehrsauswirkungen zugr<strong>und</strong>e.<br />
Es fragt nicht danach, ob Verkehrsbeschränkungen<br />
in Anbetracht der Summe der Belastungen<br />
durch Schadstoffe, Lärm, Unfallrisiko usw. geboten<br />
erscheinen, sondern nimmt nur jeweils einzelne Belastungsfaktoren<br />
in den Blick. In einer derart segmentierten<br />
Betrachtung können die Belange von Verkehr<br />
<strong>und</strong> Mobilität natürlich wesentlich eher überwiegen,<br />
als in einer vollständigen „Nutzen-Kosten-Bilanz“<br />
(Abschn. 9.1.4).<br />
– Es fehlt eine planungsrechtliche Gr<strong>und</strong>lage, die gewährleistet,<br />
dass die ordnungsrechtlichen Verkehrsbeschränkungen<br />
<strong>und</strong> -verbote im Verkehrsnetz untereinander<br />
<strong>und</strong> mit der Bauleitplanung <strong>und</strong> städtebaulichen<br />
Entwicklungen so abgestimmt werden, dass es nicht<br />
zu kontraproduktiven Verlagerungseffekten oder Engpasssituationen<br />
kommt (Abschn. 9.1.5).<br />
– Das geltende Ordnungsrecht stellt sich einem den<br />
Sachzusammenhängen angemessenen, planerisch koordinierten<br />
Instrumenteneinsatz sogar eher noch entgegen,<br />
weil es die Regelung des Verkehrsflusses <strong>und</strong><br />
des ruhenden Verkehrs nicht bei den für die Stadtplanung<br />
zuständigen Kommunen bündelt, sondern regelmäßig<br />
in die Zuständigkeit der (Landes-)<strong>Straßenverkehr</strong>sbehörden<br />
legt (Abschn. 9.1.6).