Umwelt und Straßenverkehr
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675. Eine Bewertung der verkehrsinduzierenden Wirkungen<br />
des Kohäsionsfonds kann hingegen eindeutiger<br />
ausfallen. Dieser stellt ein wichtiges Finanzierungsinstrument<br />
für die Realisierung der Transeuropäischen Netze<br />
(TEN) dar. In den 1990er-Jahren lag der Schwerpunkt der<br />
Verkehrsinvestitionen mit einem Volumen von 8,3 Mrd.<br />
Euro bei Straßenprojekten, die Teil der TEN bildeten.<br />
Hiermit erzeugen die Kohäsionsfondinterventionen diejenigen<br />
Probleme, die im Zusammenhang mit den TEN bereits<br />
diskutiert wurden (vgl. Abschn. 8.1.3).<br />
676. Ungeachtet der methodischen Unsicherheiten, die<br />
sich hinsichtlich der Ex-post-Evaluation der verkehrsinduzierenden<br />
Effekte der Strukturfonds ergeben, eröffnet<br />
die Anfang des Jahres 2004 begonnene neue Konzipierungsphase<br />
der europäischen Regionalpolitik für die<br />
Jahre 2007 bis 2013 ein wichtiges Zeitfenster, verkehrsinduzierende<br />
Auswirkungen der Strukturförderung systematischer<br />
zu berücksichtigen <strong>und</strong> entsprechend zu minimieren.<br />
677. Im Rahmen ihrer Finanziellen Vorausschau für die<br />
Jahre 2007 bis 2013 (EU-Kommission, 2004b) schlägt<br />
die EU-Kommission vor, die jährlich verfügbaren Finanzmittel<br />
für Strukturaktionen im Hinblick auf die Erweiterung<br />
der EU von 37 auf 48 Mrd. Euro jährlich zu erhöhen.<br />
Auch wenn die neuen B<strong>und</strong>esländer statistisch aus<br />
der Förderberechtigung herausfallen würden, sieht der<br />
Vorschlag der EU-Kommission eine Übergangsregelung<br />
für diejenigen Regionen vor, deren Einkommen allein<br />
wegen des statistischen Erweiterungseffektes nunmehr<br />
auf über 75 Prozent des EU-Durchschnittseinkommens<br />
steigen würde. Die neuen B<strong>und</strong>esländer werden damit bis<br />
zum Jahre 2013 von der europäischen Strukturförderung<br />
profitieren können. Dies gilt in Zukunft auch für den Kohäsionsfond<br />
(vgl. EU-Kommission, 2004c, S. XXViiif).<br />
Die EU-Kommission hat im Juli 2004 Verordnungsvorschläge<br />
für die Reform der Struktur- <strong>und</strong> Kohäsionsfonds<br />
unterbreitet (EU-Kommission, 2004d, 2004c, 2004e), die<br />
zum einen neue Förderziele festlegen, zum anderen auch<br />
die Programmierungsverfahren der Fördermittel reformieren<br />
sollen. Hinsichtlich der Ziele bezieht sich die EU-<br />
Kommission explizit sowohl auf die Lissabon-Strategie<br />
zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit als auch auf die<br />
Göteborg-Strategie für eine nachhaltige Entwicklung<br />
(SRU, 2002, Tz. 246 f. <strong>und</strong> 261 f.).<br />
Im Rahmen des Oberzieles der Konvergenz soll in Zukunft<br />
eine „integrierte <strong>und</strong> nachhaltige Regionalentwicklung“<br />
gefördert werden (vgl. EU-Kommission, 2004c).<br />
Hierzu gehören nach Artikel 4 des Kommissionsvorschlags<br />
für eine Verordnung über den Europäischen Fond<br />
für regionale Entwicklung (EFRE) unter anderem:<br />
– Entwicklung von Unternehmensnetzwerken <strong>und</strong> -clustern,<br />
– Einsatz von Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien<br />
für KMU,<br />
– Investitionen in <strong>Umwelt</strong>schutz,<br />
– nachhaltiger Fremdenverkehr,<br />
– Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz<br />
<strong>und</strong> der Entwicklung von erneuerbaren Energien,<br />
Europäische Strukturpolitik <strong>und</strong> Regionalförderung<br />
– Investitionen in die Steigerung der Lebensqualität in<br />
den Regionen,<br />
– integrierte Strategien zur Förderung eines sauberen<br />
städtischen Verkehrs,<br />
– aber auch Investitionen in Verkehrsnetze, einschließlich<br />
der Transeuropäischen Netze.<br />
Im Rahmen des Oberzieles „Regionale Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Beschäftigung“ (EU-Kommission, 2004c)<br />
sind unter anderem Investitionen in<br />
– die Sanierung verschmutzter Gelände <strong>und</strong> Flächen,<br />
– Infrastrukturen, die im Zusammenhang mit der Artenvielfalt<br />
<strong>und</strong> NATURA 2000 zu einer nachhaltigen<br />
Wirtschaftsentwicklung <strong>und</strong> zur Diversifizierung der<br />
ländlichen Gebiete beitragen,<br />
– die Förderung eines sauberen städtischen Verkehrs<br />
oder<br />
– die Verstärkung der sek<strong>und</strong>ären Verkehrsnetze<br />
besonders förderungsfähig.<br />
678. Solche Förderziele schaffen ein reichhaltiges Gestaltungspotenzial<br />
für öffentliche Investitionen in verkehrssparende<br />
Wirtschafts- <strong>und</strong> Raumstrukturen <strong>und</strong> zur<br />
Vermeidung unnötig verkehrserzeugender Strukturen.<br />
Der SRU empfiehlt dieses Gestaltungspotenzial dadurch<br />
frühzeitig zu nutzen, dass sich die <strong>Umwelt</strong>- <strong>und</strong> Verkehrspolitik<br />
aktiv konzeptionell an der vorgesehenen neuen<br />
vereinfachten <strong>und</strong> dezentralisierten Programmplanung<br />
beteiligt. Eine zielgerichtete konzeptionelle Beteiligung<br />
setzt die Identifikation wichtiger Partizipationsmomente<br />
im Programmierungsverfahren voraus.<br />
679. In der Geschichte der europäischen Regionalförderung<br />
ging es immer wieder um die Frage der Kompetenzverteilung<br />
zwischen der EU-Kommission, den Mitgliedstaaten<br />
<strong>und</strong> den Regionen (vgl. TÖMMEL, 1997). In<br />
dieser Frage gab die formale Kompetenzverteilung den<br />
Mitgliedstaaten eine starke Rolle. Dies gilt sowohl für die<br />
Frühphase der Projektförderung als auch für den seit 1989<br />
eingeführten Programmierungsansatz. Diesem Ansatz zufolge<br />
bewilligt die EU-Kommission von den Mitgliedstaaten<br />
in Zusammenarbeit mit den Regionen <strong>und</strong> Sozialpartnern<br />
vorgeschlagene komplexe Programme, die<br />
zahlreiche Einzelfördermaßnahmen enthalten. Die Programminhalte<br />
<strong>und</strong> Förderschwerpunkte werden maßgeblich<br />
in den Mitgliedstaaten festgelegt (vgl. TETSCH,<br />
2002). Die Steuerungsversuche der EU-Kommission<br />
mussten sich auf Kontextsteuerung durch Verfahrensvorgaben<br />
<strong>und</strong> Netzwerkbildung beschränken. Hierdurch gelang<br />
es der EU-Kommission zwar, regionale Interessen<br />
gegenüber den zentralstaatlichen zu stärken <strong>und</strong> die Regionalförderung<br />
in vielen Mitgliedstaaten zu modernisieren<br />
(TÖMMEL, 1997), dennoch war der Einfluss der EU-<br />
Kommission auf die Förderinhalte der Programme begrenzt<br />
<strong>und</strong> der Vollzug der Verfahrensvorschriften defizitär<br />
(vgl. Europäischer Rechnungshof, 2003; EU-Kommission,<br />
2001). In den 1990er-Jahren wurden wiederholt<br />
schwerwiegende Verstöße des gemeinschaftlichen <strong>Umwelt</strong>rechtes<br />
durch Projekte im Rahmen der Strukturfonds<br />
festgestellt (SCOTT, 1996). Die Qualitätskontrolle der<br />
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