Umwelt und Straßenverkehr
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Defizite der Einbindung des URE-Verfahrens <strong>und</strong><br />
der FFH-Verträglichkeitseinschätzung in der<br />
B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung<br />
415. Die dem BVWP 2003 zugr<strong>und</strong>e liegende modifizierte<br />
<strong>Umwelt</strong>risikoeinschätzung (URE) hat im Vergleich<br />
zu früheren B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanungen erhebliche<br />
Fortschritte bei der Berücksichtigung von <strong>Umwelt</strong>schutzerfordernissen<br />
gebracht. Dennoch bleibt der BVWP 2003<br />
unverkennbar von dem Bestreben geprägt, auch ökologisch<br />
problematischen Projekten Realisierungschancen<br />
zu erhalten.<br />
Die im Rahmen des BVWP 2003 durchgeführte URE<br />
diente primär dem Erkennen von gravierenden <strong>Umwelt</strong>konflikten<br />
(BMVBW, 2002, S. 48); darin war die URE<br />
des BVWP 2003 deutlich gründlicher als die Prüfungen<br />
vorheriger B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanungen; die Konsequenzen<br />
eines ungünstigen Ergebnisses der <strong>Umwelt</strong>prüfung<br />
sind gleichwohl begrenzt geblieben: Lediglich solche<br />
Projekte, die aufgr<strong>und</strong> der Risikoprüfung in die<br />
höchste <strong>Umwelt</strong>risikostufe (URE Stufe 5 oder FFH-VE<br />
Stufe 3) einzuordnen waren, sind unabhängig von der Bedarfslage<br />
zunächst als „Projekt mit Bedarf <strong>und</strong> besonderem<br />
naturschutzfachlichem Planungsauftrag“ zurückgestellt<br />
<strong>und</strong> mit der Bedingung versehen worden, dass durch<br />
Projektänderungen ein Mindestmaß an <strong>Umwelt</strong>verträglichkeit<br />
gewährleistet wird (BMVBW, 2003b, Abb. 3,<br />
S. 20). Bei Projekten der Kategorie URE 4 <strong>und</strong> FFH-<br />
VE 2 lässt dagegen der BVWP mit einer Kann-Regelung<br />
offen, ob weitere Planungen bzw. Maßnahmen zur Vermeidung<br />
oder Verminderung der jeweiligen <strong>Umwelt</strong>beeinträchtigungen<br />
zu prüfen sind. Zwar bedeutet im Verhältnis<br />
zum BVWP 1992 bereits die Zurückstellung der<br />
besonders kritischen Projekte eine deutliche Aufwertung<br />
der <strong>Umwelt</strong>belange. Gleichwohl erscheint es nicht angemessen,<br />
dass Nachbesserungsforderungen nur für Projekte<br />
mit allerhöchstem <strong>Umwelt</strong>risiko gestellt werden.<br />
Dies steht insbesondere in einem problematischen Spannungsverhältnis<br />
zu dem Ziel, die Integrität des europäischen<br />
Netzes NATURA 2000 uneingeschränkt zu sichern.<br />
Wenig überzeugend erscheint auch, dass die URE des<br />
BVWP 2003 nicht das gesamte Spektrum der <strong>Umwelt</strong>auswirkungen<br />
abdeckt <strong>und</strong> bedeutende <strong>Umwelt</strong>belastungen<br />
(z. B. Lärm innerorts <strong>und</strong> außerorts, innerörtliche<br />
Emissionen, globale Emissionen von CO 2) im Wesentlichen<br />
nur in der NKA erfasst wurden.<br />
Das zentrale Anliegen, die Verkehrswegeplanung des<br />
B<strong>und</strong>es möglichst umweltverträglich auszugestalten, leidet<br />
schließlich auch bei der URE des BVWP 2003 gr<strong>und</strong>legend<br />
unter dem bereits oben im Zusammenhang mit der<br />
SUP dargelegten Fehlen einer strategischen <strong>und</strong> ergebnisoffenen<br />
B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung. Allein durch<br />
nachträgliche Korrekturen einer bereits durch Bedarfsanmeldungen<br />
weit gehend verfestigten Ausbauperspektive<br />
lassen sich die Möglichkeiten eines effektiven <strong>und</strong> effizienten<br />
<strong>Umwelt</strong>schutzes für das B<strong>und</strong>esverkehrswegenetz<br />
nicht erschließen.<br />
210<br />
Maßnahmen in der Verkehrswege- <strong>und</strong> Raumplanung<br />
8.1.2 Strategien für eine konzeptionelle<br />
Neuordnung der B<strong>und</strong>esverkehrsnetzplanung<br />
416. Die vorstehende Analyse zeigt, dass zwar der<br />
BVWP 2003 deutliche methodische Fortschritte in der<br />
Berücksichtigung ökologischer Zusammenhänge gebracht<br />
hat, dass die Planung aber nach wie vor erhebliche<br />
systematische <strong>und</strong> methodische Defizite aufweist: Die erforderliche<br />
Integration in die Raumplanung ist durch die<br />
aufgesattelte Raumwirksamkeitsanalyse nicht sachgerecht<br />
zu leisten. Auch die <strong>Umwelt</strong>risikoeinschätzung<br />
kann den Ansprüchen der SUP hinsichtlich der Betrachtung<br />
verkehrsträgerübergreifender Alternativen, der<br />
Transparenz, der Beteiligung <strong>und</strong> der Integration in den<br />
Planungsprozess nicht gerecht werden. Schließlich gewährleistet<br />
die Nutzen-Kosten-Analyse trotz verfeinerter<br />
Methoden keine effektive Begrenzung des Verkehrswegebaus<br />
auf Ausbauprojekte, für die tatsächlich ein hinreichender<br />
Bedarf besteht. Dass die Planung auf Bedarfsanmeldungen<br />
der Länder aufbaut, führt zudem zu einer<br />
überzeichneten Nachfrage nach weiterem Streckenausbau,<br />
weiteren Verbindungen <strong>und</strong> Umfahrungen.<br />
Der SRU hält aufgr<strong>und</strong> dieser strukturellen Defizite eine<br />
gr<strong>und</strong>legende konzeptionelle Neuorientierung der B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung<br />
hin zu einer in die B<strong>und</strong>esraumordnung<br />
integrierten B<strong>und</strong>esverkehrsnetzplanung für erforderlich.<br />
Die sachlich gebotene enge Verknüpfung der<br />
B<strong>und</strong>esverkehrsnetzplanung mit der Raumplanung sollte<br />
durch die Einbettung der Verkehrsplanung in die – insoweit<br />
weiterzuentwickelnde – B<strong>und</strong>esraumordnung erfolgen<br />
(Abschn. 8.1.2.1). Zu diesem Zweck sollte die B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung<br />
stärker auf den Fernverkehr<br />
konzentriert, gegen die Landesstraßenplanung enger abgegrenzt<br />
<strong>und</strong> nicht mehr auf Bedarfsanmeldungen der<br />
Länder gestützt werden (Abschn. 8.1.2.2). Die <strong>Umwelt</strong>belange<br />
sollten bereits in die Verkehrsnetzplanung EGrechtskonform<br />
<strong>und</strong> systematisch konsequent durch die<br />
SUP integriert werden (Abschn. 8.1.2.3). Statt der fehleranfälligen<br />
<strong>und</strong> wertungsgeprägten Nutzen-Kosten-<br />
Analyse könnten schließlich marktbezogene Finanzierungsmodelle<br />
einen bedarfsangepassten Ausbau des Fernstraßennetzes<br />
gewährleisten (Abschn. 8.1.2.4).<br />
8.1.2.1 Die Integration der Verkehrsplanung<br />
in die Raumordnung<br />
Erforderlichkeit der engen Verknüpfung von<br />
Raumplanung <strong>und</strong> Verkehrsplanung<br />
417. Raumplanung <strong>und</strong> Verkehrsplanung stehen sachlich<br />
in engem Zusammenhang <strong>und</strong> sollten daher insbesondere<br />
im Hinblick auf das Ziel einer umweltverträglichen<br />
<strong>und</strong> verkehrssparenden Mobilität eng miteinander<br />
vernetzt werden, wobei der Raumplanung die leitende<br />
Rolle in einem iterativen Prozess zukommen muss. Einerseits<br />
werden räumliche Strukturen <strong>und</strong> Funktionen in erheblichem<br />
Ausmaß durch den Verkehr geprägt; andererseits<br />
resultiert die Verkehrsnachfrage maßgeblich aus den<br />
räumlichen Nutzungsstrukturen bzw. aus den Entfernungen<br />
zwischen korrespondierenden Nutzungen. Aufgabe<br />
der Raumplanung ist es deshalb, auf die Entwicklung