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Umwelt und Straßenverkehr

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verkehr führen. Es gibt vereinzelt empirische Hinweise,<br />

dass dies der Fall ist (WAGNER et al., 2003, S. 14;<br />

OECD, 2002; MOKHTARIAN, 2000; Öko-Institut,<br />

1997).<br />

228. Ob das denkbare Potenzial der Telearbeit genutzt<br />

werden kann, hängt wesentlich von den Verkehrs- <strong>und</strong> gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen ab: Wenn sich die<br />

Beschleunigung der Verkehrssysteme weiter fortsetzt <strong>und</strong><br />

die Raumüberwindungskosten weiter sinken, dann begünstigt<br />

Telearbeit private Wohnortentscheidungen mit<br />

großer Distanz zum Arbeitsplatz. Der verkehrsinduzierende<br />

Effekt wird dann größer sein als der verkehrssubstituierende.<br />

Umgekehrt könnte dort, wo umwelt- oder infrastrukturbezogene<br />

Engpässe bestehen, Telearbeit mit<br />

zur Engpassbeseitigung beitragen, da die Verkehrsteilnehmer<br />

den Weg weniger häufig nutzen müssen.<br />

229. Große Wachstumspotenziale werden auch im Bereich<br />

des Teleshopping gesehen. Die Attraktivität des Teleshoppings<br />

liegt vor allem im Flexibilitätsgewinn, außerhalb<br />

der Geschäftszeiten Produkte auszusuchen <strong>und</strong><br />

einzukaufen. Der Anteil der Haushalte in Europa, die einen<br />

Internet-Anschluss haben <strong>und</strong> gelegentlich über das<br />

Internet einkaufen, ist in den letzten Jahren europaweit<br />

von 12,5 Prozent im Jahre 1998 auf 34,2 Prozent im Jahre<br />

2002 rasant angestiegen (WAGNER et al., 2003, S. 11).<br />

In einzelnen Marktsegmenten, insbesondere im Bereich<br />

der Medien, aber auch bei Lebensmitteln <strong>und</strong> Textilien ist<br />

der Marktanteil des Teleshoppings in den letzten Jahren<br />

exponentiell gewachsen. Der online-Markt im Einzelhandel<br />

wird für das Jahr 2006 auf 2,62 Prozent des Bruttosozialproduktes<br />

geschätzt (BMVBW, 2002, S. 6), davon<br />

fällt circa ein Viertel auf verkehrsrelevante Einkaufsaktivitäten<br />

(BMVBW, 2002, S. 29). Erheblich sind die<br />

Trends insbesondere beim Versandhaushandel. Große<br />

Potenziale bestehen auch beim so genannten E-Government<br />

– der elektronischen Erledigung von Behördengängen<br />

(BMVBW, 2002, S. 32). Das BMVBW (2002)<br />

kommt aber auf der Basis eines Expertenpanels zu vorsichtig<br />

skeptischen Einschätzungen des Verkehrsvermeidungspotenzials<br />

von Teleshopping. Der eingesparten Einkaufsfahrt<br />

stehen zusätzliche Zulieferverkehre gegenüber.<br />

Es besteht zwar ein gewisses Potenzial der Bündelung im<br />

Bereich der Zulieferung, dieses kann aber wegen der individualisierten<br />

<strong>und</strong> zeitgenauen Anlieferung nicht immer<br />

optimal ausgeschöpft werden. Oft muss die Auslieferung<br />

in kleinen Transportfahrzeugen erfolgen. Die Zulieferung<br />

konzentriert sich auf die Vorstädte, deren Verkehrsbelastung<br />

zunehmen kann. Insbesondere im Falle der Internet-<br />

Auktionierung (z. B. ebay) können auch zusätzliche Fernverkehre<br />

ausgelöst werden, um ein „Schnäppchen“ erhalten<br />

zu können. Eine solide repräsentative empirische Bilanzierung<br />

der Verkehrseffekte des Teleshopping fehlt<br />

jedoch bisher (WAGNER et al., 2003, S. 78).<br />

230. IT-Technologien spielen auch am Arbeitsplatz eine<br />

zentrale Rolle. Das elektronische Büro (Laptop, Internetanschluss<br />

über Funkkontakt) ermöglicht während der<br />

Reise zahlreiche Bürotätigkeiten. Damit können längere<br />

Reisezeiten über weitere Entfernungen sinnvoller genutzt<br />

134<br />

Verkehrspolitische Strategien<br />

<strong>und</strong> die Raumüberwindungskosten gesenkt werden. Die<br />

Bahn gewinnt damit an Attraktivität als mobiler Arbeitsplatz,<br />

dabei findet aber auch mehr Verkehr statt.<br />

Verkehr kann technisch auch durch Videokonferenzen ersetzt<br />

werden. Diese können für rein funktionale Kommunikation<br />

eingesetzt werden. Sie können aber die Bedeutung<br />

der direkten Begegnung nicht ersetzen. Daher wird<br />

das Substitutionspotenzial von Videokonferenzen eher<br />

vorsichtig eingeschätzt (vgl. WAGNER et al., 2003,<br />

S. 14).<br />

231. Einen hohen Marktanteil hat die Internetkommunikation<br />

inzwischen im so genannten B2B-Segment<br />

(Business to Business). Dieser wird bis 2006 auf 5,2 Prozent<br />

des Bruttosozialproduktes geschätzt (BMVBW,<br />

2002, S. 6). Der Einsatz von IuK-Technologien zwischen<br />

einzelnen Industrien dient vor allem der Umsetzung der<br />

neueren Produktionskonzepte, die auf Flexibilisierung<br />

<strong>und</strong> Spezialisierung, Senkung der Fertigungstiefe <strong>und</strong><br />

großräumige Beschaffung <strong>und</strong> Termingenauigkeit hinauslaufen.<br />

Im Einzelfall begünstigen solche Produktionssysteme<br />

nahräumlich verflochtene Unternehmenscluster –<br />

insgesamt ist aber eher davon auszugehen, dass der IT-<br />

Einsatz die fernräumlichen Kommunikations- <strong>und</strong> Transaktionskosten<br />

senkt <strong>und</strong> damit eine internationalisierte<br />

Netzwerkproduktion in vielstufigen Produktionsketten<br />

begünstigt (WAGNER et al., 2003, S. 16 ff.). Diesen<br />

durch IT-Einsatz erleichterten verkehrserzeugenden<br />

Trends stehen einzelne Beispiele der Verkehrsvermeidung<br />

gegenüber wie etwa das Herunterladen von Texten,<br />

Videos <strong>und</strong> CDs oder die Zentralisierung von Steuerungswissen<br />

bei dezentraler Produktion, so zum Beispiel bei<br />

der Herstellung identischer Zeitungsausgaben an mehreren<br />

Orten der Welt.<br />

232. Gewisse Rationalisierungseffekte lassen sich vom<br />

Telematikeinsatz im Verkehr selber erwarten (vgl.<br />

Kap. 9.4). In den letzten Jahrzehnten sind die Verkehrsleistungen<br />

im Straßengüterverkehr wesentlich schneller<br />

gewachsen als die Fahrleistungen (vgl. Abschn. 3.1.1).<br />

Ausschlaggebend hierfür waren größere Fahrzeuge <strong>und</strong><br />

die bessere Fahrzeugauslastung (BAUM et al., 1994,<br />

S. 103). Mit der Liberalisierung des Güterverkehrs Anfang<br />

der 1990er-Jahre wurde der Werkverkehr mit einem<br />

hohen Leerfahrtenanteil durch den besser ausgelasteten<br />

kommerziellen Verkehr zum Teil ersetzt.<br />

Weitere Steigerungen des Auslastungsgrades verspricht<br />

man sich durch informationsgestützte Transportbörsen,<br />

durch die die Kooperationskosten für verschiedene Nachfrager<br />

nach Transportdienstleistungen gesenkt werden<br />

können (vgl. BAUM et al., 1994; PROGNOS, 2001;<br />

WAGNER et al., 2003, S. 110). Im Güterverkehr wird<br />

– unter den Rahmenbedingungen einer aktiven Verkehrspolitik<br />

– mit einer Steigerung der durchschnittlichen Auslastung<br />

von bis zu 4 Prozent gerechnet (PROGNOS,<br />

2001, S. 4).<br />

Eine mögliche Forderung wäre zum Beispiel die Integration<br />

der Telematikinfrastruktur in die B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung<br />

bzw. Investitionsbeihilfen für betriebsüber-

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