Umwelt und Straßenverkehr
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infrastruktur betrifft, die Anpassung an ein sicheres Verkehrssystem<br />
unterstützen oder sogar damit Hand in Hand<br />
gehen. In einem integrierten Gesamtverkehrskonzept, wie<br />
es von der B<strong>und</strong>esregierung vorgesehen ist, sollte den<br />
Sicherheitsaspekten zusammen mit dem <strong>Umwelt</strong>schutz<br />
einen sehr hohen Stellenwert eingeräumt werden<br />
(BMVBW, 2001).<br />
6.6 Zusammenfassung <strong>und</strong><br />
Empfehlungen<br />
247. In der verkehrspolitischen Diskussion wird oft der<br />
instrumentelle Charakter verschiedener Strategien für die<br />
Erreichung bestimmter <strong>Umwelt</strong>ziele vernachlässigt: Eine<br />
Verlagerung auf umweltfre<strong>und</strong>liche Verkehrsträger wird<br />
häufig bereits als Ziel dargestellt. In vielen wissenschaftlichen<br />
Beiträgen spricht man hingegen im Zusammenhang<br />
von Vermeidung, Verlagerung <strong>und</strong> technischer Optimierung<br />
eher von „Wirkungsebenen von Verkehrsentstehung<br />
<strong>und</strong> Verkehrsabwicklung“, an denen eine umweltgerechte<br />
Verkehrspolitik ansetzen könnte. Diese Wirkungsebenen<br />
werden nicht normativ, sondern analytisch verwendet, um<br />
bestimmte Potenziale der <strong>Umwelt</strong>entlastung identifizieren<br />
zu können. In diesem analytischen Sinne verwendet auch<br />
der SRU die verschiedenen Strategien, um ihr jeweiliges<br />
Potenzial im Hinblick auf zentrale verkehrsbezogene <strong>Umwelt</strong>ziele<br />
zu ermitteln. Wichtige Kriterien sind dabei nicht<br />
nur der Grad der möglichen Zielerreichung, sondern auch<br />
eine Abschätzung von Kosten <strong>und</strong> politischer Durchsetzbarkeit.<br />
248. Eine auf Maßnahmen an der Quelle setzende Strategie<br />
ist hinsichtlich vieler, aber nicht aller wichtigen<br />
<strong>Umwelt</strong>aspekte sehr effektiv, sie ist relativ effizient <strong>und</strong><br />
kann letztlich auf eine breite Unterstützung rechnen.<br />
Technikbezogene Maßnahmen sind zudem für die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Automobilindustrie von Bedeutung.<br />
Sie greifen insbesondere bei den klassischen Luftschadstoffen<br />
<strong>und</strong> dem Klimaschutz. Sie sind damit ein unerlässliches,<br />
nicht aber hinreichendes Element einer<br />
umweltentlastenden Verkehrspolitik. Beim Flächenverbrauch<br />
<strong>und</strong> hinsichtlich der Sicherung der städtischen Lebensqualität<br />
in ungestörten urbanen Räumen greifen technische<br />
Maßnahmen am Fahrzeug jedoch nicht, beim<br />
Lärm- <strong>und</strong> Klimaschutz sind sie nicht ausreichend (vgl.<br />
Kap. 7).<br />
249. Das Leistungspotenzial von Verlagerungsstrategien<br />
unterscheidet sich je nach Verkehrsart: dem Nahverkehr,<br />
dem Personenfernverkehr <strong>und</strong> dem Güterverkehr.<br />
Die <strong>Umwelt</strong>vorteile von Bahn- <strong>und</strong> öffentlichem Personennahverkehr<br />
sind gegenüber dem <strong>Straßenverkehr</strong> in<br />
den meisten Fällen bedeutsam. Im Nahverkehr <strong>und</strong> auf<br />
einzelnen strategischen Korridoren sind gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
auch bedeutsame Verkehrsanteile der umweltfre<strong>und</strong>lichen<br />
Verkehrsträger erreichbar <strong>und</strong> erstrebenswert (vgl.<br />
Kap. 8.2, Kap. 9.1 <strong>und</strong> Kap. 10.3), jedoch sind die potenziellen<br />
zusätzlichen Verkehrsanteile im übrigen Fernverkehr<br />
wesentlich schwerer zu erschließen. Eine forcierte<br />
Wachstumsstrategie für die umweltfre<strong>und</strong>lichen Ver-<br />
140<br />
Verkehrspolitische Strategien<br />
kehrsträger setzt insofern erhebliche Investitionen <strong>und</strong> ein<br />
aktives regulatives Gegensteuern gegen die in die andere<br />
Richtung weisenden Markttrends voraus. Sie stößt damit<br />
auch an schwer überwindbare ökonomische <strong>und</strong> politische<br />
Grenzen. Auch deshalb dürfen Verlagerungsstrategien<br />
lediglich ein Element einer umfassender ausgerichteten<br />
umweltzielorientierten Verkehrspolitik bilden. Sie<br />
sind aber hinsichtlich der Entlastung ökologisch empfindlicher<br />
Korridore <strong>und</strong> Regionen unersetzlich.<br />
250. Eine „integrierte Verkehrspolitik“ ist letztlich immer<br />
noch Anpassung an <strong>und</strong> damit Ermöglichung von<br />
weiterem Verkehrswachstum. Auch wenn es hierdurch<br />
gelingt, relative <strong>Umwelt</strong>verbesserungen im Vergleich<br />
zum Trend zu erreichen, so sind anspruchsvolle <strong>Umwelt</strong>ziele<br />
im Rahmen einer „integrierten Verkehrspolitik“<br />
nicht oder nur zu sehr hohen kompensatorischen Kosten<br />
erreichbar. Sie ist hinsichtlich der <strong>Umwelt</strong>dimension<br />
nicht wirklich integriert. In ihrer distributiven, die verkehrspolitischen<br />
Anspruchsgruppen befriedigenden Logik<br />
hat sie lediglich ein hohes Akzeptanzpotenzial für diese<br />
Gruppen.<br />
251. Hinsichtlich des ökologischen <strong>Umwelt</strong>entlastungspotenzials,<br />
der Effektivität <strong>und</strong> der Akzeptanz einer<br />
auf die Senkung der Verkehrsintensität der Wirtschaft<br />
ausgerichteten Politik besteht noch erheblicher<br />
Forschungsbedarf. Qualitative Abschätzungen hierzu lassen<br />
eine so bewirkte Drosselung des Verkehrswachstums<br />
möglich erscheinen. Ansatzpunkte bieten insbesondere<br />
ein wirtschaftlicher Strukturwandel, der die<br />
Materialintensität der Wirtschaft vermindert, die verstärkte<br />
Nutzung regionalwirtschaftlicher Innovationspotenziale,<br />
eine verkehrssparende Siedlungspolitik <strong>und</strong><br />
die Mobilisierung von Verkehrssubstitutionspotenzialen<br />
durch den Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologieeinsatz,<br />
wenn er in eine umweltzielbezogene Verkehrspolitik<br />
integriert wird. Von einem isolierten Informations-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationstechnologieeinsatz sind<br />
hingegen verkehrserzeugende Effekte zu erwarten. Langfristig<br />
kann eine auf Drosselung des Verkehrswachstums<br />
setzende Politik den langfristigen, durch das Verkehrswachstum<br />
ausgelösten, strukturellen Problemdruck<br />
vermindern. Die Handlungspotenziale einer auf Entkoppelung<br />
von Wirtschafts- <strong>und</strong> Verkehrswachstum setzenden<br />
allgemeinen Wirtschafts-, Raumordnungs- <strong>und</strong> Fiskalpolitik<br />
sollten hierfür – auch im Rahmen der<br />
Lissabon-Strategie – genutzt werden.<br />
Ein wichtiger erster Handlungsansatz ist die Korrektur<br />
verkehrserzeugender Politiken. Diese wäre mit den Imperativen<br />
einer Haushaltskonsolidierung vereinbar <strong>und</strong><br />
könnte daher sehr kostenwirksam umgesetzt werden.<br />
Eine Korrektur verkehrserzeugender Politiken stieße jedoch,<br />
als Versuch, Aspekte der Verkehrsvermeidung über<br />
Sektorziele zu stellen, sehr schnell auf Akzeptanzprobleme<br />
<strong>und</strong> Vollzugsprobleme. Sie stellt auch hohe Ansprüche<br />
an die sektorübergreifende Koordination zu<br />
einem neuen Aspekt: dem der systematischen Berücksichtigung<br />
von Verkehrsauswirkungen bei der Entwicklung<br />
von Politiken, Plänen <strong>und</strong> Programmen. Hinsichtlich