Umwelt und Straßenverkehr
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Verlust von nutzbaren Habitatflächen durch Verlärmung,<br />
Erlöschen einer Art in der verlärmten Region.<br />
Die Ermittlung von Lärmwirkungen auf Tiere ist zwar<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich schwierig. Die Tatsache, dass Lärm zu einer<br />
Verarmung vieler Lebensgemeinschaften führt, ist<br />
aber unbestritten <strong>und</strong> ausreichend belegt (RECK et al.,<br />
2001b). Während Lurche <strong>und</strong> Kriechtiere vermutlich<br />
kaum beeinträchtigt werden, reagieren zum Beispiel Vogelarten<br />
empfindlich. Aufgr<strong>und</strong> von Laborergebnissen<br />
zur Wahrnehmung von Signalen in Störschall kann davon<br />
ausgegangen werden, dass bereits bei Störschallpegeln<br />
von 47 dB(A) bei vielen Vogelarten Kommunikationssignale<br />
überdeckt werden können (KLUMP, 2001). Ab<br />
85 bis 90 dB(A) werden höhere Tierarten physisch geschädigt.<br />
Unterhalb dieser Schallintensität beeinflusst<br />
Lärm die Raumnutzung, das Sozialverhalten, die Reproduktion<br />
<strong>und</strong> den Stoffwechsel. Im Umfeld von verlärmten<br />
Straßen kann die Brutvogeldichte noch in bis zu 1 km<br />
Entfernung vermindert sein.<br />
48. Gegenwärtig unterliegt der Schutz der freien Landschaft<br />
vor Lärmwirkungen einem wenig wirksamen<br />
Schutzregime, das auf dem B<strong>und</strong>es-Immissionsschutzgesetz<br />
(BImSchG) <strong>und</strong> dem BNatSchG gründet. Vor schädlichen<br />
<strong>Umwelt</strong>einwirkungen sind nach §§ 1 <strong>und</strong><br />
3 BImSchG Menschen, Tiere, Pflanzen, der Boden, das<br />
Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- <strong>und</strong> sonstige Sachgüter<br />
zu schützen. Bei raumbedeutsamen Planungen <strong>und</strong><br />
Maßnahmen sind laut § 50 BImSchG „die für eine bestimmte<br />
Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen,<br />
dass schädliche <strong>Umwelt</strong>einwirkungen (…) auf<br />
sonstige schutzbedürftige Gebiete soweit wie möglich<br />
vermieden werden“. Neben den allgemeinen Schutzzielen<br />
in § 1 BNatSchG führt § 2 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG aus,<br />
dass schädliche <strong>Umwelt</strong>einwirkungen auch durch Maßnahmen<br />
des Naturschutzes <strong>und</strong> der Landschaftspflege gering<br />
zu halten sind <strong>und</strong> „empfindliche Bestandteile des<br />
Naturhaushaltes nicht nachhaltig geschädigt werden dürfen“.<br />
Lärmimmissionen wirken auf den Naturhaushalt<br />
ein, indem sie Teile des Funktionsgefüges (nämlich<br />
Tabelle 2-12<br />
Immissionsgebiet<br />
Dauerlärm, Mittelungspegel der Tageswerte<br />
Auswirkungen des <strong>Straßenverkehr</strong>s auf Mensch <strong>und</strong> <strong>Umwelt</strong><br />
Erheblichkeitsschwellen für Lärmwirkungen auf Vögel<br />
Arten) schädigen können. Lärmimmissionen beeinträchtigen<br />
neben der Lebensqualität des Menschen<br />
(s. Abschn. 2.1.3) unmittelbar empfindliche Tierarten <strong>und</strong><br />
können damit zur Gefährdung der (lokalen) Biodiversität<br />
beitragen bzw. besonders schutzbedürftige Arten gefährden<br />
(RECK et al., 2001b).<br />
49. In der Verkehrsplanung können zur Beurteilung der<br />
Wirkung von Dauerlärm auf Vögel (als empfindliche Indikatorarten)<br />
empirisch abgeleitete Erheblichkeitsschwellen<br />
herangezogen werden (RECK et al., 2001b)<br />
(s. Tab. 2-12).<br />
Sofern naturschutzrelevante Vorkommen betroffen sind,<br />
können die dargestellten Eckwerte zur Beurteilung der<br />
Eingriffsschwere, zur Bilanzierung betroffener Flächen<br />
<strong>und</strong> Habitate sowie zur Ableitung von Kompensationsmaßnahmen<br />
dienen.<br />
2.2.3 Stoffliche Belastungen von Natur <strong>und</strong><br />
Landschaft durch Luftverunreinigungen<br />
50. Nachdem Schwefeleinträge <strong>und</strong> zum Teil auch andere<br />
säurebildende Substanzen in der jüngeren Vergangenheit<br />
erheblich zurückgegangen sind, kommt nun den<br />
Belastungen der Ökosysteme durch Stickstoff <strong>und</strong> Ozon<br />
eine hervorgehobene Bedeutung zu. Stickstoffoxide<br />
(NOx), die zu 42 Prozent vom <strong>Straßenverkehr</strong> emittiert<br />
werden (Tab. 2-4), haben versauernde <strong>und</strong> eutrophierende<br />
Wirkung auf Vegetation <strong>und</strong> Boden (z. B. PLACHTER<br />
et al., 2000). Durch das bodennahe Ozon werden direkte<br />
phytotoxische Wirkungen hervorgerufen. Das b<strong>und</strong>esweite<br />
forstliche <strong>Umwelt</strong>monitoring belegt, dass insbesondere<br />
die Immissionen dieser beiden Substanzen erheblich<br />
sind (BMVEL, 2004; LORENZ et al., 2000). Die Wälder<br />
in Deutschland gehören zu den am höchsten mit Stickstoff<br />
belasteten in Europa (BMVEL, 2001).<br />
Die hohen Bleiemissionen durch den <strong>Straßenverkehr</strong> in<br />
den 1970er-Jahren fielen infolge der Begrenzung des<br />
Bleigehaltes im Benzin (Benzin-Blei-Gesetz von 1971).<br />
Seit 1997, also nach Einstellung des Verkaufs von<br />
Eckwert<br />
Minderung der Lebensraumeignung *<br />
>90dB(A) 100 % = Lebensraumverlust<br />
90 bis 70 dB(A) 85 % (ca. 70 bis 100 %)<br />
70 bis 59 dB(A) 55 % (ca. 40 bis 70 %)<br />
59 bis 54 dB(A) 40 % (ca. 30 bis 50 %)<br />
54 bis 47 dB(A) 25 % (ca. 10 bis 40 %)<br />
* Die in Klammern genannten weiten Spannen reflektieren die zur Lärmquelle hin zunehmenden Lebensraumbeeinträchtigungen. Der Zusatz<br />
„(A)“ bedeutet, dass der damit bezeichnete Schall mit einer dem menschlichen Ohr angepassten Frequenzbewertung ermittelt wurde.<br />
Quelle: RECK et al., 2001b