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Umwelt und Straßenverkehr

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ÖPNV getroffen werden (ERBGUTH <strong>und</strong> BEAUCAMP,<br />

2000, S. 770; ERBGUTH, 2000, S. 34).<br />

660. Im Rahmen der Bauleitplanung sind die Kommunen<br />

Adressaten der raumordnerischen Gr<strong>und</strong>sätze. Deren<br />

Aussagen zur umweltverträglichen Verkehrsgestaltung<br />

dürfen – in Parallele zur raumordnerischen Abwägung<br />

(s. Tz. 657 zu § 1 Abs. 2 ROG) – auch in der Bauleitplanung<br />

aufgr<strong>und</strong> der in § 1 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB)<br />

verankerten planerischen Leitvorstellung der „nachhaltigen<br />

städtebaulichen Entwicklung“ nicht (vollständig)<br />

weggewogen werden. Die Kommunen haben also bei der<br />

räumlichen Zuordnung von Nutzungen in ihrem Gemeindegebiet<br />

auch auf verkehrssparende Strukturen hinzuwirken.<br />

Das bedeutet bspw., dass Flächennutzungs- <strong>und</strong> Bebauungspläne<br />

an der Herstellung räumlicher Nähe zwischen<br />

Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten <strong>und</strong> Einzelhandel zu orientieren<br />

sind. Bei einer ausgewogenen Mischung von<br />

Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten arbeiten zwar nicht die meisten<br />

Erwerbstätigen automatisch in Wohnungsnähe. Denn bei<br />

einem Arbeitsplatzwechsel wird nicht stets auch zugleich<br />

der Wohnort gewechselt, Familienmitglieder arbeiten zudem<br />

häufig in verschiedenen Stadtteilen. Und erst ein<br />

räumlich relativ großer Arbeitsmarkt schafft Arbeitsplätze<br />

für zum Teil hochspezialisierte Berufsbilder.<br />

Gleichwohl kann eine ausgewogene Verteilung von<br />

Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten bedeutende verkehrsreduzierende<br />

Effekte ermöglichen (APEL et al., 1997, S. 409;<br />

Deutscher B<strong>und</strong>estag, 1996, S. 92; HOLZ-RAU <strong>und</strong><br />

KUTTER, 1995). Aus Pendlerdaten im Raum Stuttgart<br />

<strong>und</strong> Düsseldorf sowie aus Daten zu weiteren Fallstudienstädten<br />

geht hervor, dass bei etwa ausgewogenem Arbeitsplatzbesatz<br />

auf Stadtteilebene oder Gemeindeebene<br />

im Stadtumland immerhin r<strong>und</strong> 30 bis 50 Prozent der Beschäftigten<br />

im Wohnstadtteil arbeiten (APEL et al., 1997,<br />

S. 409 ff.; HOLZ-RAU <strong>und</strong> KUTTER, 1995).<br />

661. Als Instrumente für eine verkehrssparende Bauleitplanung<br />

stehen den Kommunen insbesondere Verdichtung<br />

<strong>und</strong> Nutzungsmischung zur Verfügung (RUNKEL,<br />

2004, Rn. 148). Tatsächlich werden indes die Obergrenzen<br />

der nach § 17 Abs. 1 der Verordnung über die bauliche<br />

Nutzung der Gr<strong>und</strong>stücke (BauNVO) zulässigen<br />

Verdichtung vor allem in Gewerbe- <strong>und</strong> Industriegebieten,<br />

aber auch in Wohnbereichen oftmals nicht erreicht<br />

(APEL et al., 1997, S. 401 ff.; beispielhaft für verdichteten,<br />

jedoch nicht realisierten Wohnungsbau<br />

s. HOPPE et al., 2004). Zumeist außer Betracht bleibt in<br />

der Praxis zudem, dass § 17 Abs. 2, 3 BauNVO der Gemeinde<br />

die Möglichkeit bieten, die Obergrenzen der Verdichtung<br />

in den meisten bebauten Gebieten unter besonderen<br />

Voraussetzungen zu überschreiten (BUNGE, 2000,<br />

S. 81). Die BauNVO lässt auch die Mischung unterschiedlicher<br />

Flächennutzungen ohne weiteres zu<br />

(BUNZEL, 1995, S. 495 ff.). Das ist offensichtlich für<br />

Dorf-, Misch- <strong>und</strong> Kerngebiete, gilt aber – wenn auch in<br />

eingeschränkter Form – ebenfalls für allgemeine Wohngebiete.<br />

In Bezug auf das Nebeneinander unterschiedlicher<br />

Gebietstypen existiert ein striktes Trennungsgebot<br />

heute im Prinzip nur noch für reine Wohngebiete einerseits<br />

<strong>und</strong> Industrie- <strong>und</strong> Gewerbegebiete andererseits.<br />

Mit dem Bedeutungsverlust <strong>Umwelt</strong> belastender Indus-<br />

Verkehrserzeugende Raumstrukturen <strong>und</strong> ihre Korrekturen<br />

trien <strong>und</strong> dem Bedeutungsgewinn des Dienstleistungssektors<br />

haben sich viele Argumente für eine strenge<br />

funktionsräumliche Trennung von Wohnen, Arbeiten <strong>und</strong><br />

Freizeit erübrigt. Attraktive Nahräume mit Funktionsmischung<br />

könnten damit wieder an Bedeutung gewinnen<br />

(KALKKUHL, 2003; HOLZ-RAU <strong>und</strong> KUTTER,<br />

1995).<br />

Im vorhandenen Bestand können Verdichtungen oder<br />

Nutzungsänderungen gezielt zum funktionalen Ausgleich<br />

eingesetzt werden. Bislang monofunktionale Gebiete<br />

können auf diese Weise geöffnet werden. Nutzungsmischungskonzepte<br />

sind rechtlich zwar zulässig. Sie werden<br />

jedoch häufig aufgr<strong>und</strong> anderer, der Planung nicht<br />

zugänglicher Antriebskräfte nicht realisiert. So werden<br />

bspw. planungsrechtlich ausgewiesene Mischgebiete<br />

durch die tatsächlich stattfindende Wohnbebauung letztendlich<br />

zu reinen Wohngebieten.<br />

Bei Neuplanungen sollte die Ausweisung allgemeiner<br />

Wohngebiete gegenüber reinen Wohngebieten bevorzugt<br />

werden (HOLZ-RAU <strong>und</strong> KUTTER, 1995). Eine Pflicht<br />

der Kommunen zur Ausweisung reiner Wohngebiete gibt<br />

es nicht. Allgemeine Wohngebiete schaffen die Voraussetzungen<br />

für wohnungsnahen Einzelhandel sowie für die<br />

Ansiedelung von nicht störenden Büronutzungen <strong>und</strong> anderen<br />

Gewerbebetrieben. Die BauNVO bietet zudem die<br />

Möglichkeit einer zielgerichteten Steuerung mischungsunverträglicher<br />

Unternehmen. Im Bebauungsplan können<br />

bspw. Festlegungen zu Betriebs- <strong>und</strong> Anlageformen sowie<br />

zur Zweckbestimmung von Teilflächen getroffen<br />

werden. Außerdem kann mit der Bestimmung von Grenzwerten,<br />

insbesondere in Form von flächenbezogenen<br />

Schallleistungspegeln, auf konkrete Störungssituationen<br />

reagiert werden.<br />

662. Fallstudien von Stadtregionen belegen, dass es in<br />

den deutschen Städten beachtliche Möglichkeiten für<br />

bauliche Nutzungen im Siedlungsbestand gibt (APEL,<br />

2000). Stellvertretend für typische Strukturen <strong>und</strong> Entwicklungstrends<br />

in den Stadtregionen West- <strong>und</strong> Ostdeutschland<br />

wurden die Regionen Hannover <strong>und</strong> Cottbus<br />

ausgewählt <strong>und</strong> untersucht. Danach könnten Wohnungsbaupotenziale<br />

im Innenbereich der Städte <strong>und</strong> Gemeinden<br />

durch Wiedernutzung vorhandener Flächen im Siedlungsbestand,<br />

durch Schließung von Baulücken, den Ausbau<br />

von Dachgeschossen <strong>und</strong> eine höhere Ausschöpfung des<br />

Maßes der baulichen Nutzung bei Neubauten rein rechnerisch<br />

zwei Drittel des Wohnungsbaubedarfs bis zum<br />

Jahre 2010 in der Region Hannover decken. In der Region<br />

Cottbus wären es bereits mehr als 100 Prozent.<br />

Durch Umnutzung <strong>und</strong> Verdichtung mindergenutzter<br />

Siedlungsflächen, Funktionsergänzungen bei lockerer<br />

Bauweise, Gebäudeaufstockungen, Aus- <strong>und</strong> Anbau sowie<br />

durch Straßenrandbebauungen könnten weitere Potenziale<br />

erschlossen werden, die auch in der Region Hannover<br />

eine vollständige Deckung des geschätzten Wohnungsbaubedarfs<br />

bis zum Jahre 2010 möglich machen<br />

würden, ohne dass neue Flächen für Siedlungszwecke in<br />

Anspruch genommen werden müssten. In der Tendenz<br />

gelten diese Aussagen auch für die Bereiche Gewerbe,<br />

Handel <strong>und</strong> öffentliche Einrichtungen. Die genannten<br />

Maßnahmen müssen allerdings begleitet werden von einer<br />

ökologischen <strong>und</strong> sozialen Aufwertung des Wohnum-<br />

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