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Umwelt und Straßenverkehr

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(NOLAND <strong>und</strong> LEM, 2001, S. 21). Zudem ist mit erhöhten<br />

<strong>Umwelt</strong>belastungen zu rechnen, die den Nutzen der<br />

Infrastrukturprojekte weiter reduzieren. Eine adäquate<br />

Berücksichtigung des induzierten Verkehrs kann daher<br />

die ökonomische <strong>und</strong> ökologische Bewertung von Straßenbauprojekten<br />

erheblich beeinflussen.<br />

In der Praxis reicht das Spektrum der dem induzierten<br />

Verkehr beigemessenen Bedeutung von einer nahezu vernachlässigbaren<br />

Größenordnung bis hin zu spürbaren<br />

Wirkungen <strong>und</strong> erheblichen Implikationen für die Infrastrukturplanung<br />

(hierzu ausführlich CERWENKA <strong>und</strong><br />

HAUGHER, 1998; GOODWIN, 1998). In der Vergangenheit<br />

verwendete Bewertungsverfahren, die den Zusammenhang<br />

zwischen Infrastrukturangebot <strong>und</strong> Transportnachfrage<br />

nicht explizit berücksichtigten, vernachlässigten<br />

den induzierten Verkehr häufig durch eine feste Vorgabe<br />

von Start <strong>und</strong> Zielpunkten einer unveränderten Anzahl<br />

von Fahrten oder berücksichtigen ihn, wie etwa das alte<br />

Verfahren des B<strong>und</strong>esverkehrswegeplans (BVWP) aus<br />

dem Jahr 1992, nur sehr lückenhaft für einen Teil der Verkehrsträger<br />

unter Verwendung pauschaler Faustformeln<br />

(Planco Consulting GmbH, 1999, S. 206 ff.). Das modifizierte<br />

Verfahren der Projektbewertung des BVWP 2003<br />

erfasst den induzierten Verkehr im Bereich des Personenverkehrs<br />

durch die pauschalisierte Anwendung von nach<br />

Siedlungsstruktur <strong>und</strong> Netzfunktionalität differenzierten<br />

Zuschlagsfaktoren <strong>und</strong> schätzt, dass infolge des primär<br />

induzierten Verkehrs im Durchschnitt 10 Prozent Nutzenminderungen<br />

der Maßnahmen im <strong>Straßenverkehr</strong> gegenüber<br />

dem Verkehrsträger Schiene zu erwarten sind<br />

(STASA et al., 1999, S. 4). Jedoch basieren diese<br />

Schätzungen auf der wenig plausiblen Annahme, dass<br />

Verkehrskostensenkungen nur bei einem Anteil von<br />

7,7 Prozent des PKW-Verkehrsaufkommens (so genannter<br />

Verkehrsanteile mit freier Zielwahl aus dem Bereich<br />

des Freizeit- <strong>und</strong> Einkaufverkehrs) zusätzlichen Verkehr<br />

induzieren <strong>und</strong> daher nur dieser Anteil zur Abschätzung<br />

des induzierten Verkehrs herangezogen werden kann<br />

(ENGLMANN et al., 2001, S. 5). Zudem vernachlässigen<br />

die Schätzungen den mittel- bis langfristig bedeutsamen,<br />

durch strukturelle Effekte sek<strong>und</strong>är induzierten Verkehr<br />

(ENGLMANN et al., 2001, S. 4). Für den LKW-Verkehr<br />

fand keinerlei Berücksichtigung des induzierten Verkehrs<br />

statt (ENGLMANN et al., 2001, S. 13). Eine Überschätzung<br />

der Nutzeffekte der Infrastrukturprojekte ist die<br />

zwangsläufige Folge dieser Verfahrensweise.<br />

3.2 Verkehrsprognosen <strong>und</strong> zukünftige<br />

Verkehrsentwicklung<br />

3.2.1 Vergleich der Verkehrsprognosen für<br />

den B<strong>und</strong>esverkehrswegeplan 1992<br />

mit der tatsächlichen Entwicklung<br />

84. Im Folgenden werden die Prognosen für die B<strong>und</strong>esverkehrswegepläne<br />

1992 <strong>und</strong> 2003 dargestellt <strong>und</strong> mit<br />

der tatsächlichen Verkehrsentwicklung verglichen. Dabei<br />

wird sowohl auf einige Ursachen von Prognosefehlern als<br />

auch auf methodische Schwachstellen des Prognoseinstrumentariums<br />

eingegangen. Die in diesem Zusammenhang<br />

zentrale Fragestellung nach der Normativität des<br />

Verkehrsprognosen <strong>und</strong> zukünftige Verkehrsentwicklung<br />

Einsatzes von Verkehrsprognosen in der B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung<br />

wird in Kapitel 5.3 aufgegriffen <strong>und</strong> ausführlich<br />

diskutiert.<br />

Langfristige Verkehrsprognosen bilden die Basis für die<br />

B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung <strong>und</strong> sind damit eine wichtige<br />

Plandeterminante des Infrastrukturangebots. Sie liefern<br />

darüber hinaus wichtige Anhaltspunkte über die<br />

zukünftige Entwicklung der vom Verkehrssektor induzierten<br />

<strong>Umwelt</strong>belastungen <strong>und</strong> eignen sich zur Simulation<br />

von verkehrs- <strong>und</strong> umweltpolitischen Maßnahmen.<br />

85. Bereits für den BVWP 1992 wurden von der B<strong>und</strong>esregierung<br />

jeweils getrennte Prognosen für die zukünftige<br />

Entwicklung des Personenverkehrs (MANN et al.,<br />

1991) <strong>und</strong> des Güterverkehrs (Kessel & Partner, 1991) in<br />

Auftrag gegeben. Dabei wurde die Verkehrsentwicklung<br />

<strong>und</strong> der Modal Split jeweils für drei unterschiedliche Szenarien<br />

prognostiziert. Neben dem Szenario F, das den verkehrspolitischen<br />

Status quo fortschreibt, wurden zwei<br />

weitere Szenarien entwickelt, wobei Szenario G ordnungspolitische<br />

Maßnahmen zur gezielten Dämpfung der<br />

Expansion im Straßen- <strong>und</strong> Luftverkehr unterstellte <strong>und</strong><br />

Szenario H von Änderungen der verkehrspolitischen<br />

Rahmenbedingungen ohne explizite Einflussnahme der<br />

B<strong>und</strong>esregierung ausging. Szenario H bildete schließlich<br />

die Prognosebasis für den BVWP 1992. Ein Vergleich der<br />

tatsächlichen Verkehrsentwicklung mit den unterschiedlichen<br />

Szenarien dieser Prognosen kann mangels geeigneter<br />

Daten zur Pfadentwicklung der Prognose nur näherungsweise<br />

durch eine lineare Interpolation zwischen den<br />

Start- <strong>und</strong> Zielwerten der Schätzung auf das Jahr 2002<br />

vorgenommen werden (vgl. Tab. 3-6).<br />

Personenverkehr<br />

86. Hinsichtlich des Personenverkehrs wurde die Verkehrsleistung<br />

im Aggregat für die ersten Prognosejahre<br />

leicht unterschätzt (Tab. 3-6). Dies ist im Wesentlichen<br />

auf das unerwartet hohe Bevölkerungswachstum zwischen<br />

1988 <strong>und</strong> 1993 zurückzuführen, in dessen Folge die<br />

von der Prognose für das Jahr 2000 erwartete Bevölkerungszahl<br />

von knapp 80 Millionen Einwohnern bereits<br />

1990 erreicht wurde (RATZENBERGER, 2004, S. 45). In<br />

den folgenden Jahren bis 2002 blieb das Wachstum der<br />

Personenverkehrsleistung jedoch hinter den Prognosewerten<br />

zurück. Auffällig ist hierbei, dass die Prognose<br />

zwischen 1991 <strong>und</strong> 2002 entgegen der realen Entwicklung<br />

von einem erheblichen Wachstum der Mobilitätsrate<br />

(Wegelänge pro Person <strong>und</strong> Tag) (je nach Szenario zwischen<br />

12 <strong>und</strong> 14 Prozent) ausging. Tatsächlich ist die Mobilitätsrate<br />

jedoch seit 1991 nur geringfügig um 0,8 Prozent<br />

gestiegen. Hierfür dürfte auch das gegenüber der<br />

Prognoseannahme geringere Realeinkommenswachstum<br />

verantwortlich sein. Das unerwartet hohe Bevölkerungswachstum<br />

hat dazu geführt, dass trotz der überschätzten<br />

Mobilitätsrate die reale Personenverkehrsleistung dennoch<br />

vergleichsweise wenig von den Prognosewerten<br />

abweicht. So haben sich die Wirkungen der falschen Prämissensetzung<br />

der Mobilitätsrate <strong>und</strong> des Bevölkerungswachstums<br />

eher zufällig nahezu ausgeglichen. Die relativ<br />

geringe Abweichung der Szenarien von der realen Ent-<br />

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