Umwelt und Straßenverkehr
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lektive Verkehrsbeschränkungen. Erforderlich sind insbesondere<br />
anspruchsvolle Selektionskriterien, eine einheitliche<br />
Kennzeichnung lärmarmer Fahrzeuge <strong>und</strong> eine<br />
entsprechende Beschilderung (SOMMER, 2002, S. 26).<br />
Verkehrsbeschränkungen mit Ausnahmen für lärmarme<br />
LKW sind in Österreich bereits eingeführt worden. Die<br />
Ausnahmen vom Nachtfahrtverbot sind dort allerdings inzwischen<br />
an überholte Grenzwerte geknüpft. So werden<br />
von den in Österreich eingeführten Nachtfahrtverboten<br />
bereits 85 Prozent aller LKW nicht mehr erfasst (VCÖ,<br />
2003). Die Geräuschgrenzwerte der Richtlinie 92/79/EG<br />
<strong>und</strong> die Fahrgeräusch-Emissionswerte der Anlage XXI<br />
zur <strong>Straßenverkehr</strong>szulassungsordnung (StVZO) werden<br />
heute – auch in Deutschland – von der ganz überwiegenden<br />
Zahl der LKW bereits eingehalten <strong>und</strong> von einzelnen<br />
modernen Fahrzeugen deutlich unterschritten. Sie können<br />
daher heute keine anspruchsvolle Anforderungsgr<strong>und</strong>lage<br />
für effektive Verkehrsbeschränkungen mehr bieten. Weitere<br />
technische Minderungspotenziale am Fahrzeug<br />
haben bisher in den Kategorien des Anhangs XXI der<br />
StVZO keine Berücksichtigung gef<strong>und</strong>en. Die bestehenden<br />
technischen Minderungspotenziale werden mit kurzfristig<br />
etwa 2 dB(A), längerfristig bis zu 5 dB(A)<br />
angegeben (Tz. 259). Von diesem technischen Minderungspotenzial<br />
sollte mindestens durch eine entsprechend<br />
anspruchsvolle Klassifizierung des „lärmarmen“ LKW<br />
<strong>und</strong> eine daran anknüpfende Kennzeichnung <strong>und</strong> Beschilderung<br />
für selektive Verkehrsverbote Gebrauch gemacht<br />
werden. Die B<strong>und</strong>esregierung sollte sich in diesem Sinne<br />
auch auf europäischer Ebene für ein dem Stand der Technik<br />
entsprechendes Kennzeichnungskriterium einsetzen.<br />
9.1.3 Konkretisierung des einzuhaltenden<br />
bzw. anzustrebenden Schutzniveaus<br />
525. Bei der Anwendung von § 40 Abs. 2 BImSchG<br />
<strong>und</strong> § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO stellt sich entscheidend<br />
die Frage, welches Schutzniveau die zuständigen<br />
Behörden mindestens anzustreben haben (Handlungsschwelle)<br />
<strong>und</strong> inwieweit sie gegebenenfalls darüber hinaus<br />
gegenüber den Verkehrsteilnehmern Maßnahmen zu<br />
Vorsorgezwecken ergreifen dürfen (Eingriffsschwelle).<br />
Diese Frage ist zumindest für die verkehrsbedingte Lärmbelastung<br />
noch nicht befriedigend geregelt worden.<br />
Lärm<br />
526. Verkehrsbeschränkungen zum Schutz vor verkehrsbedingten<br />
Lärmimmissionen können nur auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage von § 45 Abs. 1 Satz 2 StVO erfolgen, denn<br />
§ 40 Abs. 2 BImSchG ist auf Maßnahmen gegen Luftverunreinigungen<br />
beschränkt. Nach der ganz vorherrschenden<br />
Ansicht ermöglicht § 45 Abs. 1 Satz 2 StVO lediglich<br />
Maßnahmen zum Schutz vor Lärm, nicht aber zur<br />
Vorsorge (s. HOFMANN, 1997, S. 120 ff.). Der Schutz<br />
vor Lärm soll aber zugleich im Sinne der immissionsschutzrechtlichen<br />
Terminologie zu verstehen sein, wonach<br />
„Schutz“ auch den Schutz vor „erheblichen Belästigungen“<br />
umfasst (BVerwG E 74, S. 234, 236). Damit<br />
dürfte den zuständigen Behörden zumindest ein gewisser<br />
Bewertungsspielraum darüber eingeräumt sein, inwieweit<br />
Steuerung durch ordnungsrechtliche Verkehrsbeschränkungen<br />
der verkehrsbedingte Lärm zuzumuten ist. Jedenfalls ist<br />
für Eingriffe in den Verkehrsfluss nicht vorauszusetzen,<br />
dass der Verkehrslärm bereits Ges<strong>und</strong>heitsgefahren hervorruft.<br />
Die Frage nach den Eingriffsbefugnissen der Behörden ist<br />
allerdings von eher theoretischer Bedeutung. Praktisch<br />
viel bedeutsamer ist die Frage, ab welcher Lärmbelastung<br />
die zuständigen Stellen zwingend verkehrslenkend eingreifen<br />
müssen. Diese Frage führt zu schwierigen Grenzwertfragen<br />
(BEAUCAMP, 1997, S. 80 ff.; ERBGUTH<br />
<strong>und</strong> BEAUCAMP, 2000, S. 771). Namentlich ist zu entscheiden,<br />
welche Schallpegel als (rechtlich) unzumutbare<br />
Belästigungen zu gelten haben.<br />
Zur Beantwortung könnte auf verschiedene Regelwerke<br />
zurückgegriffen werden, wie etwa die DIN 18005<br />
(Schallschutz im Städtebau) oder aber – vielleicht problemnäher<br />
– die 16. BImSchV. Tatsächlich werden jedoch<br />
die Grenzwerte dieser Regelwerke an vielen Verkehrsknoten<br />
<strong>und</strong> vielbefahrenen Straßenschluchten der Städte<br />
deutlich überschritten. Eine flächendeckende Umsetzung<br />
wird daher von den Kommunen jedenfalls kurz <strong>und</strong> mittelfristig<br />
als nicht realistisch erachtet. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e<br />
formieren sich immer wieder große Widerstände gegen<br />
die gesetzliche Normierung genereller, verbindlicher<br />
Grenzwerte für verkehrsbedingte Lärmbeeinträchtigungen.<br />
Soweit daher im Schutzniveau Zugeständnisse gemacht<br />
werden müssen, darf dies jedoch nicht dazu führen,<br />
dass auf Schutzziele <strong>und</strong> -gebote vollkommen verzichtet<br />
wird <strong>und</strong> überhaupt keine geeigneten – auch keine langfristigen<br />
strukturellen – Maßnahmen ergriffen werden.<br />
Als eine Kompromisslösung, die den besonderen örtlichen<br />
Engpässen <strong>und</strong> dem langfristigen Steuerungsbedarf<br />
hinreichend Rechnung trägt, zugleich aber nicht auf<br />
Schutzziele gänzlich verzichtet, empfiehlt der SRU daher<br />
folgendes: Im Rahmen der Umsetzung der EG-Umgebungslärmrichtlinie<br />
sollten die Gemeinden verpflichtet<br />
werden, in den nach der Richtlinie vorgeschriebenen Aktionsplänen<br />
selbst ortsbezogene Lärmgrenzwerte <strong>und</strong><br />
Umsetzungshorizonte als Sanierungsziele festzulegen.<br />
Dabei sollten die Werte der 16. BImSchV zumindest eine<br />
maßgebliche Orientierung geben. Vorzugswürdig wäre<br />
schließlich die Einbeziehung einer solchen Selbstbindungspflicht<br />
in das oben empfohlene Gemeindeverkehrsplanungsrecht<br />
(Tz. 479 ff.). Längerfristig sollten aber<br />
auch allgemeingültige gesetzliche Lärmgrenzwerte als<br />
Sanierungswerte angestrebt <strong>und</strong> in Aussicht gestellt werden,<br />
um klare Handlungsanreize zu setzen.<br />
Luftschadstoffe<br />
527. Hinsichtlich der Luftschadstoffe wirft die Frage<br />
nach dem Schutzniveau weniger Probleme auf, nachdem<br />
mit dem geänderten § 40 BImSchG ausdrücklich auf die<br />
konkreten Grenzwerte der 22. BImSchV respektive der<br />
EG-Luftqualitätsrichtlinien Bezug genommen worden ist.<br />
Diese Handlungsschwellen sind sicherlich auch (wie früher<br />
bereits die Prüfwerte der 23. BImSchV) im Rahmen<br />
von § 45 Abs. 1 Satz 2 StVO zu beachten. Während die<br />
Bindung an anspruchsvolle Immissionsgrenzwerte zu den<br />
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