Umwelt und Straßenverkehr
Umwelt und Straßenverkehr
Umwelt und Straßenverkehr
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
mehr müsse spezifisch gegenüber den mit der Alternative<br />
verb<strong>und</strong>enen Vorteilen für die FFH-Schutzgüter abgewogen<br />
werden, ob die zusätzlichen Kosten als verhältnismäßiger<br />
Aufwand gerechtfertigt sind. Die Erhaltungsziele<br />
könnten es dabei beispielsweise durchaus rechtfertigen,<br />
zu ihrem Schutz eine siedlungsnähere Trassenalternative<br />
zu wählen, auch wenn diese zusätzlich mit einem Lärmschutzwall<br />
ausgestattet werden muss (BVerwG, Urteil<br />
vom 14. November 2002 – 4 A 15.02, BVerwGE 117,<br />
S. 149, 162).<br />
Eingriffsregelung<br />
462. Hinsichtlich der Eingriffsregelung gelten in der<br />
Straßenplanung im Prinzip keine rechtlichen Besonderheiten.<br />
Parallel zur FFH-Ausnahmeregelung gilt allerdings<br />
auch für die Eingriffsregelung, dass die Vermeidung<br />
bzw. Verminderung von Beeinträchtigungen der<br />
Natur <strong>und</strong> Landschaft wesentlich bereits in der Verantwortung<br />
der Linienführung liegt <strong>und</strong> dort Beachtung<br />
finden sollte. Eine dem § 35 BNatSchG (FFH-Verträglichkeitsprüfung<br />
auch bei der Linienbestimmung) entsprechende<br />
Vorschrift sieht das geltende Recht im Zusammenhang<br />
mit der Eingriffsregelung jedoch nicht vor.<br />
Naturbestandteile, die nicht durch FFH-Gebiete geschützt<br />
sind, müssen zwar im Rahmen der UVP, die bei der<br />
Linienbestimmung gemäß § 15 Abs. 1 UVPG durchzuführen<br />
ist, berücksichtigt <strong>und</strong> in die Variantenprüfung<br />
nach § 6 Abs. 3 Nr. 5 UVPG einbezogen werden. Insoweit<br />
besteht also eine Pflicht zur Ermittlung, Berücksichtigung<br />
<strong>und</strong> Alternativenprüfung. Jedoch normiert das<br />
UVPG generell kein materielles Gebot zur Vermeidung<br />
von Beeinträchtigungen der Natur <strong>und</strong> Landschaft. Seit<br />
1987 gilt allerdings „offiziell“ aufgr<strong>und</strong> der vom seinerzeitigen<br />
B<strong>und</strong>esminister für Verkehr erlassenen „Hinweise<br />
zur Berücksichtigung des Naturschutzes <strong>und</strong> der Landschaftspflege<br />
beim B<strong>und</strong>esfernstraßenbau“ (HNL-StB 87,<br />
VkBl. S. 217, letzte überarbeitete Fassung: HNL-StB 99),<br />
dass bereits auf Ebene der Linienbestimmung die Eingriffsregelung<br />
zu berücksichtigen <strong>und</strong> in die für die Planungsstufe<br />
erforderliche Abwägung einzustellen ist (s. 1.<br />
<strong>und</strong> 1.2 der Hinweise). Dementsprechend fehlt es in der<br />
Praxis der Linienbestimmung nicht gr<strong>und</strong>sätzlich an einer<br />
„Berücksichtigung“ der Eingriffsregelung. Problematisch<br />
ist – wie bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung – eher<br />
die Gewichtung des Naturschutzes in der Abwägung.<br />
463. Um den Belangen des Naturschutzes in der Abwägung<br />
besser zur Geltung zu verhelfen, kommt es insbesondere<br />
darauf an, bewährte Möglichkeiten zur Vermeidung<br />
bzw. Verminderung von Beeinträchtigungen<br />
gewissermaßen als gute fachliche Praxis eines natur- <strong>und</strong><br />
landschaftsschonenden Straßenbaus herauszustellen. Der<br />
Leitfaden des BMVBW zur FFH-Verträglichkeitsprüfung<br />
<strong>und</strong> die Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes<br />
<strong>und</strong> der Landschaftspflege beim B<strong>und</strong>esfernstraßenbau<br />
bieten insoweit bereits beachtliche Gr<strong>und</strong>lagen,<br />
bedürfen allerdings partiell einer präzisierenden Fortschreibung,<br />
insbesondere im Hinblick auf die gravierenden<br />
Zerschneidungswirkungen der Fernstraßen. Weniger<br />
gravierend, aber gleichwohl erheblich, können sich auch<br />
die von Straßen ausgehenden Lärm <strong>und</strong> Lichtemissionen<br />
226<br />
Maßnahmen in der Verkehrswege- <strong>und</strong> Raumplanung<br />
auf Natur <strong>und</strong> Landschaft auswirken (s. Kap. 2,<br />
Tz. 47 ff.). Auch diese Auswirkungen bedürfen daher der<br />
Prüfung <strong>und</strong> ggf. Berücksichtigung in der fachplanerischen<br />
Abwägung <strong>und</strong> konkreten Gestaltung der Straße<br />
(zur Prüfschwelle für die Wirkungen von Lärm auf Tiere<br />
s. Tz. 449).<br />
464. Zur Verminderung der Zerschneidungswirkung<br />
können namentlich Querungshilfen <strong>und</strong> Auflagen zu<br />
Fahrbahnbreite <strong>und</strong> -belag beitragen (s. Tz. 427 ff.). Im<br />
Übrigen bleiben natürlich auch Maßnahmen zu Ausgleich<br />
<strong>und</strong> Ersatz an anderer Stelle, das heißt zur Entwicklung<br />
von äquivalenten Lebensräumen, möglich. Unter anderem<br />
können Ausgleichsmaßnahmen auch zur Errichtung<br />
von Grünbrücken oder Krötentunneln an anderen, bereits<br />
bestehenden Straßen genutzt werden.<br />
Bei der Bewertung der Zerschneidungswirkungen <strong>und</strong> der<br />
Erforderlichkeit von Querungshilfen sollte auf die betroffenen<br />
Arten <strong>und</strong> Artengruppen, die in Anspruchstypen<br />
zusammengefasst werden können, <strong>und</strong> auf die Bedeutung<br />
von Querungshilfen für diese Anspruchstypen abgestellt<br />
werden. Eine Einschätzung der naturschutzfachlichen<br />
Wirksamkeit einer Querungshilfe gibt Tabelle 8-6. Das<br />
Grobkonzept der Lebensraumkorridore für Mensch <strong>und</strong><br />
Natur (RECK et al., 2004) gibt erste Hinweise für die Integration<br />
von Querungshilfen in die Planung <strong>und</strong> Realisierung<br />
eines Straßenbauvorhabens bei der Zerschneidung<br />
eines in dem Grobkonzept dargestellten b<strong>und</strong>esweit<br />
bedeutsamen Lebensraumkorridors. In Zukunft wird jedoch<br />
eine detailliertere Darstellung der überregional bedeutenden<br />
Lebensraumkorridore zur Verfügung stehen<br />
(s. Abschn. 8.1.2.4, Tz. 427). Weiterhin sollte auch die<br />
Biotopverb<strong>und</strong>planung auf Länderebene berücksichtigt<br />
werden. Bei Errichtung einer Querungshilfe sind zusätzlich<br />
insbesondere unterstützende <strong>und</strong> ergänzende Maßnahmen<br />
zur Stärkung der Donatorpopulationen der Zielarten<br />
bzw. von schutzbedürftigen Donatorbiotopen, die<br />
Entwicklung von Lebensraumkorridoren mit entsprechenden<br />
Habitaten in Richtung von Querungshilfen <strong>und</strong><br />
die Gestaltung geeigneter Habitate auf <strong>und</strong> in der Umgebung<br />
von Grünbrücken erforderlich (RECK et al., 2004,<br />
S. 12). Insbesondere schwerwiegende Zerschneidungswirkungen<br />
sollten darüber hinaus schon auf der Ebene<br />
des B<strong>und</strong>esverkehrswegeplans (ggf. auch eines Landesverkehrswegeplans),<br />
spätestens aber bei der Linienbestimmung<br />
<strong>und</strong> dem Raumordnungsverfahren erwogen<br />
<strong>und</strong> möglichst vermieden werden (zur Integration des<br />
Grobkonzepts der Lebensraumkorridore für Mensch <strong>und</strong><br />
Natur in die vorgelagerten Planungsebenen<br />
s. Abschn. 8.1.2.4, Tz. 427).<br />
465. Im Rahmen der Eingriffsregelung sind über Vermeidungs-,<br />
Ausgleichs- <strong>und</strong> Ersatzmaßnahmen auch die<br />
vielfach vernachlässigten Beeinträchtigungen des Bodens<br />
zu ermitteln <strong>und</strong> zu kompensieren. Im Rahmen des Straßenbaus<br />
spielt hierbei die Bodenversiegelung eine bedeutende<br />
Rolle. Eine zusätzliche Versiegelung sollte so weit<br />
wie möglich vermieden werden, <strong>und</strong> sofern sie dennoch<br />
erforderlich ist, durch Entsiegelung an anderer Stelle ausgeglichen<br />
werden. Dieser Gr<strong>und</strong>satz sollte weiterhin<br />
– aber mit höherer Bedeutung als bisher – in der Abwä-