Umwelt und Straßenverkehr
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24. BImSchV, falls aktiver Lärmschutz wegen unverhältnismäßiger<br />
Kosten nicht oder nur partiell durchzuführen<br />
ist (§ 41 Abs. 2, § 43 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG),<br />
sowie<br />
– einer angemessenen Entschädigung in Geld, soweit<br />
schädliche <strong>Umwelt</strong>einwirkungen im Außenwohnbereich<br />
nicht vermieden werden können (§ 42 Abs. 2<br />
Satz2BImSchG, §74Abs.2 Satz3VwVfG),<br />
garantieren als „harter Kern“ des Lärmschutzes ungefähr<br />
die Einhaltung eines äquivalenten Dauerschallpegels innen<br />
von 40 dB(A) in Wohn- <strong>und</strong> 30 dB(A) in Schlafräumen,<br />
allerdings nur mit Blick auf den in der Planung stehenden<br />
Verkehrsweg. Das Wertepaar 30/40 dB(A) innen<br />
entspricht der langjährigen Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esverwaltungsgerichts<br />
(BVerwG, Beschluss vom 17. Mai<br />
1995, Az: 4 NB 30/94 = Neue Juristische Wochenschrift,<br />
NJW 1995, S. 2573) <strong>und</strong> gewährleistet ohne hinzutretende<br />
Beiträge anderer Lärmquellen ungestörte Kommunikation<br />
<strong>und</strong> ungestörten Schlaf.<br />
448. Die Wirksamkeit des vierstufigen Lärmschutzmodells<br />
der §§ 41 ff. BImSchG wird erheblich dadurch infrage<br />
gezogen, dass die 16. BImSchV <strong>und</strong> die Rechtsprechung<br />
eine segmentierte Betrachtung des singulären,<br />
jeweils in der Planung stehenden Verkehrsweges jedenfalls<br />
bis an die Schwelle der Ges<strong>und</strong>heitsgefährdung für<br />
rechtlich zulässig erachten (BVerwG E 101, 1 ff.; dazu<br />
kritisch KOCH, 1999; KOCH, 2003, S. 323). Dies widerspricht<br />
dem Vorsorgeprinzip <strong>und</strong> kann in Anbetracht der<br />
großen Unsicherheiten, die über ges<strong>und</strong>heitliche Lärmwirkungen<br />
bestehen, nicht die Gr<strong>und</strong>lage eines Mindestschutzkonzeptes<br />
sein. Auch einem solchen Konzept muss<br />
eine wirklichkeitsgetreue Betrachtung der Immissionen<br />
<strong>und</strong> ihrer (möglichen) Wirkungen zugr<strong>und</strong>e gelegt werden.<br />
Auf der Basis einer Fiktion, wie sie die segmentierte<br />
Betrachtung darstellt, kann keine rationale Lärmschutz-<br />
Planung stattfinden.<br />
449. Die isolierte Betrachtung von gewerblichen<br />
Anlagen (TA Lärm), <strong>Straßenverkehr</strong> (16. BImSchV),<br />
Schienenverkehr (16. BImSchV), Fluglärm (FluglärmschutzG),<br />
Sportanlagen (18. BImSchV) <strong>und</strong> Freizeitanlagen<br />
(Ländererlasse) verstößt auch gegen den allgemeinen,<br />
akzeptorbezogenen Schutzansatz des deutschen<br />
Immissionsschutzrechts. Ob schädliche <strong>Umwelt</strong>einwirkungen<br />
vorliegen, hängt allein davon ab, wie hoch die<br />
Lärmbelastung an einem bestimmten Einwirkungsort ist,<br />
<strong>und</strong> nicht auch davon, ob diese Lärmbelastung von einer<br />
einzelnen oder von mehreren, auch verschiedenen Quellen<br />
verursacht wird. Die segmentierte Bewertung der<br />
Lärmquellen ist daher nicht nur sachwidrig, sondern auch<br />
rechtlich fragwürdig. Nur eine summative Betrachtungsweise<br />
ist geeignet, den Schutzauftrag des BImSchG zu erfüllen.<br />
Dem akzeptorbezogenen Schutzkonzept entspricht<br />
es natürlich auch nicht, den Fluglärm als bedeutende Belastungsquelle<br />
gänzlich zu separieren.<br />
Zur vollständigen Erfassung <strong>und</strong> Berücksichtigung der<br />
Lärmwirkungen ist schließlich immissionsschutz- (s. § 41<br />
Abs. 1, § 3 Abs. 2 BImSchG) <strong>und</strong> naturschutzrechtlich<br />
(zum Naturschutz 8.1.4.3) auch die Einbeziehung der ne-<br />
Maßnahmen in der Verkehrswege- <strong>und</strong> Raumplanung<br />
gativen Auswirkungen des Lärms auf Tiere geboten. Empirische<br />
Studien zur Wirkung von Dauerlärm auf Vögel<br />
(als empfindliche Indikatorarten) haben gezeigt, dass Belastungen<br />
oberhalb von 47 dB(A) in den entsprechenden<br />
Habitaten mit großer Wahrscheinlichkeit zu erheblichen<br />
Beeinträchtigungen, das heißt zu Lebensraumverlusten<br />
führen (RECK et al., 2001; LAMBRECHT et al., 2004,<br />
Kap. 3.8.8, S. 178–179, 184; Kieler Institut für Landschaftsökologie<br />
et al., 2004; s. a. Tab. 2-12). Diese<br />
Schwelle sollte im Rahmen der anzuwendenden immissionsschutz-<br />
<strong>und</strong> naturschutzrechtlichen Schutzbestimmungen<br />
sowie im Rahmen der planerischen Abwägung<br />
als Prüfschwelle zu berücksichtigt werden.<br />
8.1.4.2 Luftverunreinigungen<br />
450. Luftverunreinigungen aus dem Kfz-Verkehr kann<br />
in Anbetracht ihrer Reichweite weniger wirksam durch<br />
Maßnahmen der Verkehrswegeplanung begegnet werden<br />
als dem Kraftfahrzeuglärm. Allerdings bringt der <strong>Straßenverkehr</strong><br />
relevante Luftverunreinigungen gerade auch<br />
im Emittentennahbereich mit sich, insbesondere durch<br />
NOx- <strong>und</strong> Partikelemissionen (Dieselruß- <strong>und</strong> Reifenabrieb).<br />
Frühzeitig hat daher JARASS zur Problembewältigung<br />
eine analoge Anwendung der nur auf Verkehrslärm<br />
bezogenen §§ 41 ff. BImSchG vorgeschlagen (JARASS,<br />
1999, § 41 Rn. 8 ff.; die Gegenauffassung vertritt<br />
SCHULZE-FIELITZ, 1999, Rn. 106). Eine entsprechende<br />
planerische Prävention erscheint nicht nur umweltpolitisch<br />
vernünftig, sondern de facto auch durch die<br />
Grenzwerte der europäischen Luftqualitäts-Rahmenrichtlinie<br />
<strong>und</strong> der dazugehörigen Tochterrichtlinien geboten<br />
(insb. RL 1999/30/EG vom 22. April 1999 über Grenzwerte<br />
für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid <strong>und</strong> Stickstoffoxide,<br />
Partikel <strong>und</strong> Blei sowie RL 2002/3/EG vom<br />
12. Februar 2002 über den Ozongehalt der Luft).<br />
Die bisherigen Umsetzungsschritte insbesondere des<br />
7. Gesetzes zur Änderung des B<strong>und</strong>es-Immissionsschutzgesetzes<br />
begnügen sich im Verkehrsbereich demgegenüber<br />
mit einem Instrument der Verkehrsregelung im<br />
neuen § 40 Abs. 3 BImSchG <strong>und</strong> der Berücksichtigung<br />
des <strong>Straßenverkehr</strong>s in der Luftreinhalteplanung<br />
(§ 47 Abs. 4 BImSchG). Die Luftreinhalteplanung soll<br />
das zentrale Instrument zur Einhaltung der europäischen<br />
Schadstoffgrenzwerte bilden. Das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht<br />
sieht deshalb in den Grenzwerten der Luftqualitätsrichtlinien<br />
bzw. der 22. BImSchV keine direkten Planungs-<br />
<strong>und</strong> Zulassungsschranken für den Straßenbau. In<br />
seinem Urteil vom 26. Mai 2004 (Az.: 9 A 6/03) zum<br />
Ausbau der B170/Dresden entschied das Gericht leitsätzlich:<br />
„Dem Gr<strong>und</strong>satz der Problembewältigung wird im<br />
Hinblick auf die Einhaltung der Grenzwerte der<br />
22. BImSchV in einem Planfeststellungsverfahren für ein<br />
Straßenbauvorhaben in der Regel hinreichend Rechnung<br />
getragen, wenn nicht absehbar ist, dass das Vorhaben die<br />
Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung dieser Grenzwerte<br />
mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung zu sichern.“<br />
Dieser rein nachsorgende Ansatz wird den Ansprüchen<br />
<strong>und</strong> Standards des europäischen Luftqualitätsrechts nicht