Umwelt und Straßenverkehr
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strukturleistungen heraus. Beispiele hierfür sind die zunehmend<br />
diskutierte mittel- bis langfristige Umstellung<br />
der Antriebstechnologien für Kraftfahrzeuge auf die Nutzung<br />
von Biomasse oder Wasserstoff (Kap. 7.4) oder die<br />
Einführung von telematischen Verkehrssystemen<br />
(Kap. 9.4). Eine alleine von der privaten Nachfrage getragene<br />
Entwicklung der notwendigen Infrastrukturen in<br />
diesen Bereichen ist aufgr<strong>und</strong> des hohen Investitionsbedarfs<br />
in keinem der genannten Fälle zu erwarten. Staatliche<br />
Akteure müssen daher frühzeitig entscheiden, ob die<br />
Umstellung auf neue Antriebstechnologien bzw. die verstärkte<br />
Anwendung von Telematik im Verkehrsbereich<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich erwünscht sind. Ist dies der Fall, müssen<br />
langfristige Strategien zur Markteinführung entwickelt<br />
werden, die neben der finanziellen Förderung der notwendigen<br />
Infrastrukturentwicklung auch flankierende<br />
ökonomische <strong>und</strong> ordnungsrechtliche Maßnahmen enthalten.<br />
4.1.3 Verkehrspolitische Zuständigkeiten<br />
4.1.3.1 Verkehrspolitische Kompetenzverteilung<br />
in Deutschland<br />
99. Die verkehrspolitischen Zuständigkeiten sind in<br />
Deutschland auf die B<strong>und</strong>es-, Landes- <strong>und</strong> kommunale<br />
Ebene verteilt. Zu unterscheiden sind insbesondere die<br />
Zuständigkeiten für die Gesetzgebung, die Finanzierung<br />
von Infrastrukturmaßnahmen, die Bedarfsplanung sowie<br />
für die Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen, die<br />
Verwaltung der Verkehrswege <strong>und</strong> den Vollzug des <strong>Straßenverkehr</strong>srechts.<br />
Gesetzgebung<br />
100. Die Gesetzgebungskompetenz ist im Verkehrsbereich<br />
vorrangig auf der B<strong>und</strong>esebene angesiedelt. Die<br />
ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des B<strong>und</strong>es<br />
gilt in den Bereichen Luftverkehr <strong>und</strong> Eisenbahnen, sofern<br />
letztere ganz oder mehrheitlich im Eigentum des<br />
B<strong>und</strong>es stehen (Art. 73, Nr. 6 <strong>und</strong> 6a GG). In den Bereichen<br />
<strong>Straßenverkehr</strong> <strong>und</strong> Binnenschifffahrt gilt die konkurrierende<br />
Gesetzgebung, von der der B<strong>und</strong> bisher<br />
umfassend Gebrauch gemacht hat. Gegenstand der Gesetzgebung<br />
im Verkehrsbereich sind sowohl regulative<br />
Anforderungen an die Teilnahme am Verkehrsgeschehen<br />
(<strong>Straßenverkehr</strong>srecht, verkehrsbezogenes <strong>Umwelt</strong>recht)<br />
wie auch planerische Maßnahmen zum Neu- <strong>und</strong> Ausbau<br />
der Verkehrsinfrastruktur.<br />
Finanzierung<br />
101. Als Eigentümer der B<strong>und</strong>esfernstraßen <strong>und</strong> B<strong>und</strong>eswasserstraßen<br />
trägt der B<strong>und</strong> in diesen Bereichen die<br />
Finanzierungslast für Neu- <strong>und</strong> Ausbaumaßnahmen sowie<br />
für Ersatz- <strong>und</strong> Erhaltungsinvestitionen. Länder <strong>und</strong><br />
Gemeinden sind im Gegenzug für die Finanzierung der<br />
Landes- <strong>und</strong> Kommunalstraßen zuständig, wobei der<br />
B<strong>und</strong> den Ländern Finanzierungshilfen für Investitionen<br />
zur Verbesserung der kommunalen Verkehrsverhältnisse<br />
– einschließlich des ÖPNV – gewährleistet. Die Voraussetzungen<br />
für diese Finanzhilfen des B<strong>und</strong>es sowie deren<br />
Verkehrspolitische Zuständigkeiten<br />
Höhe <strong>und</strong> Umfang regelt das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz.<br />
Im Falle der Schienenwege <strong>und</strong> der für den<br />
Bahnbetrieb erforderlichen Anlagen ist der Eigentümer<br />
zwar die Deutsche Bahn AG; auch hier übernimmt der<br />
B<strong>und</strong> jedoch die Finanzierung des Neu- <strong>und</strong> Ausbaus. Lediglich<br />
für die Unterhaltung <strong>und</strong> Instandsetzung der<br />
Eisenbahninfrastruktur ist die Deutsche Bahn AG zuständig.<br />
Bedarfsplanung<br />
102. Die Planung <strong>und</strong> Koordination der B<strong>und</strong>esinvestitionen<br />
in den Neu- <strong>und</strong> Ausbau der B<strong>und</strong>esverkehrswege<br />
erfolgt mithilfe der B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung. Der<br />
B<strong>und</strong>esverkehrswegeplan (BVWP), der in ungefähr zehnjährigem<br />
Abstand vom B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr,<br />
Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen (BMVBW) aufgestellt <strong>und</strong><br />
vom Kabinett beschlossen wird, ist der übergeordnete Investitionsrahmenplan<br />
für alle B<strong>und</strong>esverkehrswege. Er<br />
legt die für den Neubau <strong>und</strong> den Erhalt der B<strong>und</strong>esverkehrswege<br />
verfügbaren Investitionsmittel fest, bestimmt<br />
die Dringlichkeit von Neu- <strong>und</strong> Ausbauprojekten nach ihren<br />
wirtschaftlichen, ökologischen <strong>und</strong> raumordnerischen<br />
Auswirkungen <strong>und</strong> setzt Prioritäten für Investitionsentscheidungen<br />
der öffentlichen Hand. Die in den BVWP<br />
aufzunehmenden Verkehrsprojekte werden aus der Gesamtheit<br />
der von den B<strong>und</strong>esländern, der B<strong>und</strong>eswasserstraßenverwaltung<br />
<strong>und</strong> der Deutschen Bahn AG angemeldeten<br />
Projekten ausgewählt.<br />
Während der BVWP verkehrsträgerübergreifend angelegt<br />
ist, ist die weitere Umsetzung dieser Planung nach Verkehrsträgern<br />
getrennt organisiert (vgl. Abschn. 4.1.4).<br />
Aufbauend auf dem B<strong>und</strong>esverkehrswegeplan erstellt die<br />
B<strong>und</strong>esregierung getrennte Bedarfspläne für die Bereiche<br />
„B<strong>und</strong>esschienenwege“ <strong>und</strong> „B<strong>und</strong>esfernstraßen“, die als<br />
Anlagen des B<strong>und</strong>esschienenausbaugesetzes <strong>und</strong> des<br />
Fernstraßenausbaugesetzes in das Gesetzgebungsverfahren<br />
eingespeist <strong>und</strong> von B<strong>und</strong>estag <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esrat beschlossen<br />
werden. Die Bedarfspläne für Schiene <strong>und</strong><br />
Straße haben somit Gesetzesrang. Die weitere Konkretisierung<br />
des B<strong>und</strong>esfernstraßenbedarfsplans erfolgt über<br />
einen vom BMVBW aufgestellten Fünfjahresplan, der<br />
wiederum den Rahmen für die jährliche Straßenbauplanung<br />
bildet. Der Straßenbauplan, der als Anlage zum<br />
B<strong>und</strong>eshaushaltsgesetz von B<strong>und</strong>estag <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esrat beschlossen<br />
wird <strong>und</strong> Gesetzesrang hat, benennt die auszuführenden<br />
Einzelmaßnahmen <strong>und</strong> veranschlagt die dafür<br />
notwendigen Mittel in Kapitel 1210 des B<strong>und</strong>eshaushalts.<br />
Erst der jährliche Straßenbauplan stellt somit eine haushaltsrechtliche<br />
Ermächtigung zur Leistung der geplanten<br />
Infrastrukturausgaben dar.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist die B<strong>und</strong>esverkehrswegeplanung von<br />
einer problematischen Inkongruenz von Bedarfsfeststellung<br />
<strong>und</strong> Finanzierung geprägt: die Länder melden einen<br />
Bedarf an Fernstraßen an, dessen Finanzierung dann in<br />
großen Teilen vom B<strong>und</strong> getragen wird. Für die Länder<br />
ergibt sich hieraus ein struktureller Anreiz zu einer überhöhten<br />
Bedarfsanmeldung. Dabei melden die Länder neben<br />
Strecken mit Fernstraßenfunktion zunehmend auch<br />
solche von überwiegend regionaler oder örtlicher Bedeutung<br />
an. Neben funktionalen Erfordernissen treten zuneh-<br />
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