Umwelt und Straßenverkehr
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der Fahrzeugführer ab – vorbehaltlich absehbarer Akzeptanzprobleme.<br />
Aufbauend auf der Nutzung der GPS- <strong>und</strong><br />
Mobilfunktechnologie zur Standortbestimmung sowie Informationen<br />
über den Verkehrszustand können telematische<br />
Anwendungen bspw. ein situationsangepasstes<br />
Fahrverhalten (Abstands- <strong>und</strong> Geschwindigkeitsregelung)<br />
unterstützen oder eine automatische Steuerung der<br />
Fahrzeuge (Abstand, Höchstgeschwindigkeit) ermöglichen.<br />
Über einen Eingriff in das Gaspedal (vgl. auch<br />
KÄMPF et al., 2000) lässt sich entweder eine fahrzeugbezogene<br />
Höchstgeschwindigkeit vorgeben oder durch eine<br />
Fahrzeug-Straße-Kommunikation werden streckenbezogene<br />
Tempolimits auf telematischem Weg befolgt. Dadurch<br />
könnten insbesondere auf Autobahnen <strong>und</strong> Fernstraßen<br />
erheblich geringere Fahrzeugabstände realisiert<br />
werden, die die Leistungsfähigkeit des Systems Straße<br />
ohne den Ausbau der Infrastruktur erheblich vergrößern<br />
würden. Entsprechende technische Lösungsansätze für<br />
eine derartige automatische Steuerung von Fahrzeugen<br />
existieren bereits (vgl. TAN <strong>und</strong> BOUGLER, 2001).<br />
592. In den 1980er-Jahren wurden von VW die Systeme<br />
CONVOY <strong>und</strong> TRAIN zur automatischen Fahrzeugführung<br />
für den Autobahnverkehr entwickelt <strong>und</strong> deren technische<br />
Machbarkeit nachgewiesen (FIALA, 1994). Dabei<br />
übernehmen Automaten die Spurführung <strong>und</strong> Geschwindigkeitsanpassung.<br />
Die Fahrzeuge fahren in Kolonnen<br />
mit sehr kleinen Fahrzeugabständen mit konstanter Geschwindigkeit<br />
(Zugbildung durch elektronische Kopplung<br />
der Fahrzeuge). Die dazu notwendigen technischen<br />
Maßnahmen sind einerseits die Automaten in den Fahrzeugen,<br />
andererseits eigens dafür eingerichtete Spuren<br />
auf Autobahnen. Die Automaten messen Seitenabstand<br />
<strong>und</strong> Abstand zum Vorderfahrzeug <strong>und</strong> kommunizieren<br />
mit dem vorderen <strong>und</strong> hinteren Fahrzeug über Bremsoder<br />
Beschleunigungsvorgänge. So wird sichergestellt,<br />
dass alle Fahrzeuge der Kolonne ohne Zeitverzögerung<br />
auf Geschwindigkeitsänderungen reagieren, wodurch die<br />
kurzen Abstände erst möglich werden. Auf den Autobahnen<br />
müsste links außen die „CONVOY-Spur“ für PKW,<br />
rechts außen die „TRAIN-Spur“ für LKW eingerichtet<br />
werden. Diese Spuren müssten mit durchgängigen Leitplanken<br />
versehen sein, welche die Spurführung zur Kontrolle<br />
des Seitenabstands benötigt. Die notwendigen Fahrstreifenbreiten<br />
sind kleiner als die auf Autobahnen<br />
üblichen.<br />
Die Vorteile der elektronisch geführten Fahrzeugkolonnen<br />
sind vielfältig. Die gleichmäßige Geschwindigkeit<br />
<strong>und</strong> der in der engen Kolonne um 30 Prozent verringerte<br />
Luftwiderstand senken den Verbrauch <strong>und</strong> die Emissionen.<br />
Der Fahrer wird vom eintönigen Kolonnenfahren<br />
entlastet, die Gefahr von Fahrfehlern durch Unaufmerksamkeit<br />
wegen Unterforderung oder Übermüdung entfällt.<br />
Generell erhöht sich die Sicherheit gegenüber der<br />
individuellen Fahrzeuglenkung aufgr<strong>und</strong> der höheren Zuverlässigkeit<br />
<strong>und</strong> kürzerer Reaktionszeiten des Automaten<br />
bei dieser den Menschen unterfordernden Aufgabe<br />
der Kolonnenfahrt. Bei CONVOY kann die Spurkapazität<br />
aufgr<strong>und</strong> der verkürzten Fahrzeugabstände verfünffacht,<br />
bei TRAIN verdreifacht werden.<br />
Die Gründe, die den Durchbruch der automatischen Fahrzeugführung<br />
bisher verhindert haben, sind vielfältig. Es<br />
272<br />
Maßnahmen in der Verkehrslenkung<br />
ist vor allem das Unbehagen, die Kontrolle über das Fahrzeug<br />
an eine Maschine abzugeben. Außerdem verlangt<br />
die Einführung ein länderübergreifendes Vorgehen zur<br />
großflächigen Einrichtung eines einheitlichen Systems.<br />
An Verkehrsknotenpunkten müssten zudem die Straßen<br />
dermaßen umgestaltet werden, dass ein automatisches<br />
Verzweigen möglich wird. Andernfalls müssten die<br />
Kolonnen rechtzeitig vor dem Passieren der Knoten aufgelockert<br />
werden, was den Rückstau vor Knoten zur<br />
Folge hätte. Schließlich müssten Rechtsgr<strong>und</strong>lagen geschaffen<br />
werden, um Haftungsfragen bei Systemausfällen<br />
zu regeln.<br />
593. Weitere fahrzeugspezifische IuK-Technologien<br />
werden für so genannte Fahrerassistenzsysteme eingesetzt.<br />
Darunter fallen Systeme wie bspw. die automatische,<br />
kameragestützte Fahrspur- <strong>und</strong> Hinderniserkennung,<br />
die Nachtbilderstellung <strong>und</strong> Konturenerkennung,<br />
die in erster Linie der Unfallvorbeugung dienen. So werden<br />
in Deutschland bspw. mit der Forschungsinitiative<br />
„Intelligenter Verkehr <strong>und</strong> Nutzergerechte Technik“<br />
(INVENT) Assistenzsysteme zur Fahrumgebungserfassung<br />
<strong>und</strong> Interpretation sowie zur vorausschauenden aktiven<br />
Sicherheit <strong>und</strong> Stauassistenz weiterentwickelt.<br />
9.4.2 <strong>Umwelt</strong>entlastungspotenziale durch<br />
Verkehrstelematik<br />
594. Mögliche <strong>Umwelt</strong>auswirkungen oder <strong>Umwelt</strong>entlastungen<br />
spielten bisher bei der Entwicklung der Verkehrstelematik<br />
eher eine untergeordnete Rolle <strong>und</strong> wurden<br />
nur wenig untersucht. Eine „Verflüssigung“ des<br />
Verkehrs führt jedoch nicht automatisch zu <strong>Umwelt</strong>entlastungen.<br />
Effizienzsteigerungen können allerdings unter<br />
bestimmten Umständen dazu beitragen, den Neu- oder<br />
Ausbau von Straßen zu vermeiden.<br />
9.4.2.1 Minderung der Emissionen von CO 2,<br />
Luftschadstoffen <strong>und</strong> Lärm<br />
595. Emissionsminderungen können durch die Anwendung<br />
von Verkehrstelematiksystemen prinzipiell erzielt<br />
werden, wenn<br />
– die Geschwindigkeiten verringert werden oder der<br />
Verkehr verstetigt wird (intramodale Verlagerung),<br />
– Verkehr auf umweltfre<strong>und</strong>lichere öffentliche Verkehrsmittel<br />
verlagert wird (intermodale Verlagerung),<br />
oder<br />
– die Fahrtweiten verkürzt, Verkehrsmittel besser ausgelastet<br />
oder Fahrten vermieden werden (verkehrsträgerinterne<br />
Reduktion von Verkehrsleistungen).<br />
596. Die PROGNOS AG hat im Auftrag des <strong>Umwelt</strong>b<strong>und</strong>esamtes<br />
untersucht, wie sich verschiedene Telematiksysteme<br />
auf die für das Jahr 2010 erwartete Verkehrssituation<br />
auswirken <strong>und</strong> welche Emissionsminderungen zu<br />
erwarten sind. Die Betrachtungen bezogen sich auf zwei<br />
exemplarische, real existierende Untersuchungsräume<br />
<strong>und</strong> gelten somit für die dortigen Bedingungen. Eine tendenzielle<br />
Einschätzung der spezifischen <strong>Umwelt</strong>wirkungen<br />
der ausgewählten telematischen Systeme ist<br />
Tabelle 9-12 zu entnehmen.