Umwelt und Straßenverkehr
Umwelt und Straßenverkehr
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5 Normative Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Ziele<br />
Mobilität, verstanden als Inbegriff der Möglichkeiten,<br />
durch Ortsveränderungen Interessen zu realisieren, ist<br />
von Verkehr zu unterscheiden. Eine nachhaltige Mobilitätspolitik<br />
muss einerseits ein zufrieden stellendes Mobilitätsniveau<br />
gewährleisten <strong>und</strong> andererseits das Verkehrsgeschehen<br />
mitsamt den dafür benötigten Siedlungs- <strong>und</strong><br />
Infrastrukturen umweltverträglich gestalten.<br />
Zukünftige Verkehrspolitik sollte nicht mehr dem so genannten<br />
Predict-and-provide-Paradigma folgen, wonach<br />
eine prognostizierte zunehmende Verkehrsnachfrage<br />
durch das Bereitstellen einer entsprechenden Verkehrsinfrastruktur<br />
zu befriedigen ist. Vielmehr sollte sich die<br />
Verkehrsplanung außer an wirtschaftlichen verstärkt auch<br />
an sozial- <strong>und</strong> umweltpolitischen Zielsetzungen orientieren.<br />
Statt den Automobilverkehr weiter zu beschleunigen,<br />
sollte die Mobilitätspolitik versuchen, risikoärmere <strong>und</strong><br />
umweltgerechtere Mobilität für alle Bevölkerungsgruppen<br />
zu befördern. Die Fokussierung auf die Verringerung<br />
der unerwünschten Nebenwirkungen des vorhandenen<br />
<strong>Straßenverkehr</strong>s wird alleine nicht ausreichen, anspruchsvolle<br />
<strong>Umwelt</strong>ziele zu erreichen.<br />
Die Festlegung von verbindlichen, konkreten <strong>und</strong> problembezogenen<br />
<strong>Umwelt</strong>zielen für den <strong>Straßenverkehr</strong> ist<br />
für eine umweltgerechte Verkehrspolitik unumgänglich.<br />
Auf der Basis solcher <strong>Umwelt</strong>ziele sollte ein qualitätsbezogener<br />
Steuerungsansatz zur Entfaltung kommen. Klare<br />
<strong>und</strong> rechtsverbindliche Qualitätsziele geben der Verkehrsdynamik<br />
einen Rahmen vor <strong>und</strong> sind Orientierungsmarken<br />
für jeweils erforderliche Maßnahmen an der<br />
Quelle, in der Planung oder Verkehrslenkung.<br />
5.1 Voraussetzungen <strong>und</strong> Begrifflichkeit<br />
127. Die Sicherung <strong>und</strong> Verbesserung von Mobilität<br />
wird in vielen verkehrspolitischen Verlautbarungen als<br />
eine notwendige Voraussetzung für ökonomische Ziele<br />
begriffen (Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze, Standortsicherung<br />
etc.). Dauerhafte Sicherung von Mobilität wird<br />
als oberstes verkehrspolitisches Ziel der B<strong>und</strong>esregierung<br />
bezeichnet (BMVBW, 2003, S. 1). Gleichzeitig soll nach<br />
allgemeinem Dafürhalten das reale Verkehrsgeschehen<br />
umweltverträglich gestaltet werden. Diese Forderung erlegt<br />
dem Wachstum sowohl der verkehrlichen Infrastruktur<br />
als auch des Verkehrsaufkommens Beschränkungen<br />
auf <strong>und</strong> stellt Anforderungen an das verbleibende Verkehrsgeschehen.<br />
Art <strong>und</strong> Ausmaß dieser Beschränkungen<br />
<strong>und</strong> Anforderungen gilt es diskursiv zu ermitteln <strong>und</strong> in<br />
Wesentliche Ergebnisse<br />
Um zu politisch <strong>und</strong> von der Bevölkerung akzeptierten<br />
Zielsetzungen zu gelangen, sollte in der Öffentlichkeit<br />
<strong>und</strong> in den geeigneten Institutionen ein pluralistischer<br />
Diskurs geführt werden. Für die einzelnen Problembereiche<br />
sind folgende Aspekte vordringlich:<br />
– Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Lebensqualität: Ein wichtiges Ziel<br />
künftiger Verkehrspolitik sollte die deutliche Verringerung<br />
der Zahl der im <strong>Straßenverkehr</strong> Getöteten <strong>und</strong><br />
Verletzten sein. Der SRU schlägt als Ziel vor, diese<br />
Zahl bis zum Jahr 2015 gegenüber 2005 zu halbieren.<br />
Daneben müssen bestehende Zielsetzungen zum<br />
Schutz vor Lärm <strong>und</strong> Luftverschmutzung stärker als<br />
bisher auf den <strong>Straßenverkehr</strong> bezogen werden.<br />
– Natur <strong>und</strong> Landschaft: Das existierende detaillierte<br />
Zielsystem des Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutzes ist bei<br />
verkehrspolitischen Entscheidungen zu respektieren.<br />
Das nationale <strong>und</strong> europäische Schutzgebietsnetz darf<br />
nicht beeinträchtigt werden, die anhaltende Zerschneidung<br />
der Landschaft muss gestoppt <strong>und</strong> deren Schutz<br />
vor Schadstoffeinträgen gesichert werden.<br />
– Klima: Auf der Basis des Nationalen Allokationsplans<br />
sollten eine längerfristige Perspektive für die Verteilung<br />
der CO 2-Emissionsminderung auf verschiedene<br />
Sektoren entwickelt <strong>und</strong> konkrete Reduktionsziele für<br />
die einzelnen Verkehrsbereiche festgelegt werden. Um<br />
in den nächsten Jahrzehnten anspruchsvolle Klimaschutzziele<br />
erreichen zu können, wird auch der <strong>Straßenverkehr</strong><br />
seine Emissionen substanziell verringern<br />
müssen.<br />
der Form von Zielsetzungen politisch festzulegen. Hierzu<br />
ist es unerlässlich, gr<strong>und</strong>legende Fragen zum Problemfeld<br />
„Mobilität“ aufzuwerfen <strong>und</strong> zu erörtern, die die verkehrspolitischen<br />
Tagesdiskussionen hintergründig prägen.<br />
128. Der in vielen Publikationen <strong>und</strong> politischen Verlautbarungen<br />
zugr<strong>und</strong>e gelegte Mobilitätsbegriff ist zweideutig,<br />
da er sich einmal auf die Möglichkeiten <strong>und</strong> zum<br />
anderen auf den realen Vollzug von Ortsveränderungen<br />
beziehen lässt. Als Dispositionsbegriff meint „Mobilität“<br />
die vorhandenen Möglichkeiten, durch Ortswechsel bestimmte<br />
Interessen zu realisieren bzw. Zwecke zu verfolgen.<br />
Wird der Terminus „Mobilität“ in diesem Sinn verstanden,<br />
dann kann es durchaus hochmobile Personen<br />
geben, die eher wenig am Verkehrsgeschehen teilnehmen.<br />
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